Die Tentakel der Seewespe sind mit Tausenden von Nesselzellen besetzt, die bei der kleinsten Berührung explodieren und tief in die Haut eindringen. Foto: Imago/Pond5 Images

Am Strand planschen, in der Sonne aalen, ins Meer abtauchen: Das ist Sommerurlaub pur. Wer denkt in der schönsten Zeit des Jahres schon an tödliche Gefahren – wie tödliche Quallen, die unter Wasser lauern können.

Die Haut von Zoe Cahill ist über und über mit roten Narben bedeckt. Das die junge Australierin noch lebt, grenzt an ein Wunder. Denn die Striemen, die sich wie blutige Adern über ihren Körper ziehen, stammen von den Tentakeln einer Seewespe – einem der giftigsten Tiere der Welt.

Zoe Cahill war im Oktober 2023 im Urlaub auf der thailändischen Insel Koh Phangan, als sie auf die Unterwasserkreatur traf.

Seewespe vor der japanischen Insel Okinawa. Foto: Imago/Cavan Images

Ein Stich der Seewespe ist meist tödlich

Die Tentakel der Seewespe sind mit Tausenden von Nesselzellen besetzt, die bei der kleinsten Berührung explodieren und tief in die Haut eindringen. Dabei wird ein sehr starkes Gift freigesetzt, welches das Nervensystem angreift und binnen Minuten zu Muskel- und Atemlähmung sowie zum Herzstillstand führt.

„Ein Stich dieser Quallenart kann dich in weniger als fünf Minuten umbringen, und wir schätzen, dass ein einziges Tier über genug Gift verfügt, um Hunderte Menschen zu töten“, sagt der Molekularbiologe Greg Neely, der an der Universität von Sydney die Toxine von Nesseltieren erforscht.

„Das Gift der Seewespe sticht quasi Löcher in die Haut und führt dann zum Zelltod. Dies erzeugt heftige Schmerzen und führt später zu solcher Narbenbildung.“ Innerhalb von wenigen Minuten kann das Gift zu Herz-Kreislauf-Versagen führen.

Australische Würfelqualle oder Seewespe (Chironex fleckeri) - auf Englisch Box Jellyfish: die giftigste Qualle der Welt. Foto: Picture alliance/dpa/Wildlife

Box Jellyfish ist im Indopazifik heimisch

Box Jellyfish werden die gefährlichen Würfelquallen in ihrer australischen Heimat genannt. Die Tiere sind vor allem an der Nord- und Ostküste Australiens heimisch, vorwiegend in flachen Gewässern. Jedoch kommen sie im gesamten Indopazifik vor.

Gerade in Thailand gab es in den vergangenen Jahren mehrmals tödliche Zusammentreffen. 2015 starb dort auch eine junge Deutsche durch den Stich einer Seewespe.

Irukandji: sehr klein und sehr gefährlich. Foto: Picture alliance/dpa

Irukandji: winzig und extrem giftig

Aber Chironex fleckeri, wie ihr wissenschaftlicher Name lautet, sind nicht die einzigen Quallen, die Menschen in Lebensgefahr bringen können. Erst kürzlich sorgte eine andere Quallenart rund um die Urlaubsinsel K’gari (früher Fraser Island, die größte Sandinsel der Welt vor Queensland an der australischen Ostküste) für Alarm: Irukandji. Innerhalb weniger Tage wurden gleich mehrere Touristen gestochen, darunter Kinder.

Die fast durchsichtigen Würfelquallen (Carukia barnesi) haben nur einen Durchmesser von nur ein bis zwei Zentimetern, aber vier bis zu einem Meter lange Tentakel. Zum Vergleich: Die wesentlich größere Seewespe verfügt über 15 Tentakel an jeder Ecke ihrer bläulichen Schwimmglocke, die jeweils bis zu drei Meter Länge erreichen. Anders als beim Box Jellyfish treten die Symptome meist mit etwa 30 Minuten Verzögerung auf.

Schwimmerin vor der australischen Küste mit einer Seewespe. Foto: Imago/Agefotostock

Irukandji-Syndrom

Die Nesselgifte der Quallen können dann das sogenannte Irukandji-Syndrom auslösen – eine Vergiftung, die schwere Bauch-, Brust- und Rückenschmerzen sowie Lungenödeme verursachen kann. Ohne medizinische Betreuung droht Lebensgefahr.

„Die Irukandji-Qualle stellt wahrscheinlich die größere Bedrohung für die menschliche Sicherheit dar, da sie so klein ist, dass man sie nicht sehen kann, und sie oft an weniger abgelegenen Orten zu finden ist als die Würfelqualle“, erkkärt Geg Neely.

Erforschung von Gegengiften ist kostspielig

Neely war es 2019 mit einem Team gelungen, ein Mittel herzustellen, das die Wirkung des Toxins blockieren kann. Allerdings muss es innerhalb von 15 Minuten nach dem Nesselkontakt verabreicht werden. Mittels einer bestimmten Art der Genforschung fanden die Forscher heraus, welche Zellen von dem Gift befallen wurden und welche.

Laut Neely zeigten sich die zuständigen Behörden angesichts der hohen Kosten für eine solche Studie bisher zurückhaltend. „In Australien werden jedes Jahr nur sehr wenige Menschen von Box Jellyfishes gestochen“, sagt er.

Den Wissenschaftlern wurde stattdessen geraten, Antidote für Gifte zu finden, die mehr Menschen betreffen - etwa das der Quallenart Portugiesische Galeere (Physalia physalis) oder der Speikobra. Für beide Toxine habe das Team mittlerweile Gegenmittel entwickelt, so Neely.

Portugiesische Galeere (Physalia physalis) vor der Küste der Azoren. Foto: Imago/OceanFoto

Portugiesische Galeeren in europäischen Gewässern

Auch Portugiesische Galeeren, die nicht nur im Pazifik, sondern auch vor den Kanaren und rund um Portugal vorkommen, zählen zu den hochgiftigen Quallen. Sogar vor Mallorca wurden sie schon gesichtet. Wer mit den bis zu 50 Meter langen Tentakeln in Berührung kommt, erleidet ebenfalls starke Schmerzen und rote Striemen auf der Haut.

Für den Menschen verläuft eine Begegnung mit dem Nesseltier - außer im Falle eines allergischen Schocks, aber nur selten tödlich.