Die Kinder aus Nyanyano freuen sich, wenn sie fotografiert werden. Foto: Kiunke

Im Kasapa Centre übernachten Gäste in traditionellen Lehmhütten und erkunden mit einem einheimischen Prinzen die Schönheiten des Landes.  

Nyanyano - Wenn Susanne neue Gäste begrüßt, fackelt sie nicht lange: „Ich bin Susanne, wir duzen uns hier alle.“ Familiär und freundschaftlich ist die Atmosphäre im Kasapa Centre. Unter dem strohgedeckten Dach des Pavillons essen die Gäste gemeinsam an einem großen Tisch, zusammen mit Susanne und ihrem ghanaischen Mann Kofi. An den langen tropischen Abenden sitzt man dann noch bei einem Glas Wein zusammen und plaudert. Lisa, Lehrerin und afrikabegeistert, kommt aus Hamburg, Henryk und Ulrike, Physiotherapeuten aus Bochum, genießen die Fernreise ohne Kinder. Schon nach einem Tag unterhalten sich die drei so vertraut, dass ein Neuankömmling glaubt, auf eine Gruppe guter Freunde gestoßen zu sein.

 

Aber genau so soll es sein - schließlich bedeutet Kasapa auf Ghanaisch „ein gutes Gespräch“. Am Rande von Nyanyano, einem Dorf mit rund 4000 Einwohnern, knapp eine Autostunde von der Hauptstadt Accra entfernt, befindet sich das Kasapa Centre, direkt oberhalb der Atlantikküste. Die Anlage ist wie ein traditionelles afrikanisches Dorf gestaltet. Auf einer Wiese stehen sechs runde Lehmhütten mit je zwei Zimmern, schlicht ausgestattet mit Bett, Moskitonetz, Regal. Auf dem Nachtisch eine Solarlampe, deren Akku drei Stunden lang die Glühbirne füttert. Duschen und Toiletten befinden sich ein paar Schritte entfernt an einem zentralen Platz - es ist ein bisschen wie auf einem Campingplatz, wenn man sich am Morgen im Schlafanzug begegnet. Doch wer sich wie bei Freunden fühlt, den stört das nicht. In der Hütte schläft es sich wunderbar: Die strohgedeckten Dächer halten die Hitze fern, durch die Fenster weht eine laue Brise, und das ferne Tosen der Brandung wiegt einen sanft in den Schlaf. Ursprünglich war das Ferienzentrum für europäische Hobbymusiker gedacht, die in Ghana afrikanisches Trommeln lernen wollten.

Tourismus statt Therapie

In den 80er Jahren waren solche Aufenthalte sehr beliebt. Auch Susanne Stemann (70) kam damals aus Göttingen nach Westafrika. Bei einem Trommelworkshop lernte sie ihren künftigen Mann Kofi Acheampong kennen. Aus der schwarz-weißen Ferienaffäre mit dem 13 Jahre jüngeren und über einen Kopf größeren Afrikaner wurde die große Liebe. Seit bald 30 Jahren sind die beiden nun verheiratet. Mit dem Kasapa Centre, 1996 eröffnet, bot sich für die studierte Psychologin auch eine berufliche Perspektive in der Heimat ihres Mannes. Tourismus statt Therapie. Ganz bewusst verzichteten die Acheampongs beim Bau auf energie- und wasserfressende Errungenschaften, wie sie in westlichen Hotels Standard sind. Sie entschieden sich für die traditionelle afrikanische Bauweise mit Lehm und Stroh. Sechs Rundhütten bieten Platz für insgesamt 24 Gäste, drei weitere sind für sie selbst und die Mitarbeiter.

Dazu der große Pavillon als Herzstück der Ferienanlage. Die Fußböden sind aus Lehm, Sand und Kuhdung gestampft. Statt Wassertoiletten gibt es geruchsfreie Kompostklosetts - das hat nicht nur ökologische, sondern auch praktische Gründe. „Sickergruben müssen geleert werden, und in Ghana wird das aus kulturellen Gründen nicht auf die Felder gekippt“, erklärt Susanne. Die Entsorgung wäre also teuer und aufwendig geworden. Den Strom für Kühlschränke, Computer und Licht liefert die hauseigene Solaranlage. Dass dieses umweltverträgliche Konzept bereits seit über 20 Jahren erfolgreich besteht, überzeugte die Jury des Sonntag Aktuell Touristikpreises. Was aus westlicher Sicht vorbildlich ist, wirkt auf Ghanaer jedoch rückständig. „Sieht ja aus wie bei Oma und Opa“, finden viele Einheimische. Selbst Kofi, erinnert sich Susanne, sei am Anfang skeptisch gewesen. Im Süden von Ghana wohnt heute kaum noch jemand in den traditionellen Rundhütten. Als zeitgemäß und fortschrittlich gelten Häuser aus Zementziegeln und Wellblech, auch wenn es darin mörderisch heiß wird. Dass jemand Geld dafür bezahlt, ohne Klimaanlage und Fernseher Urlaub zu machen, löst bei vielen Einheimischen Kopfschütteln aus. Susanne hofft jedoch, dass es Vorbildcharakter hat, wenn westliche Urlauber neue Techniken wie Solarenergie schätzen.

Kreuz und quer stehen die Häuser und Hütten

Im Dorf ist das Ehepaar mit seiner ungewöhnlichen Herberge bestens integriert. Kofis Wort hat Gewicht, wenn es um Dorfangelegenheiten geht. Die Einheimischen schätzen Susannes Einsatz für bedürftige Dorfkinder. Sie gründete vor vielen Jahren einen Verein, der Patenschaften vermittelt. 94 Kinder können dank dieser Unterstützung eine gute schulische und berufliche Ausbildung erhalten. „Kasapa? Kasapa?“, rufen die Dorfbewohner freundlich, wenn weiße Touristen durch die Gassen schlendern. Kinder springen herbei, posieren für ein Foto und freuen sich, erkennen sie sich danach auf dem kleinen Display der Kamera wieder. Es herrscht quirliges Leben. In offenen Bretterbuden verkaufen Frauen Obst, Drogerieartikel oder kleine Speisen, andere waschen vor ihrem Haus die Wäsche oder fegen den Hof. Am Hafen sitzen Männer auf den langen, schmalen Schiffen und flicken Netze, während ihre Frauen Fische zum Trocknen auslegen. Kreuz und quer stehen die Häuser und Hütten, manche sind in erbärmlichem Zustand.

Obwohl die Armut an manchen Stellen offensichtlich ist, bettelt niemand. Ghana hat sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt, auch dank stabiler politischer Verhältnisse. Die Wirtschaft wächst, die Kriminalitätsrate ist niedrig. Auch touristisch hat das Land einiges zu bieten. Entlang der Westküste beeindruckt Elmina mit einer mächtigen Festung, die für Millionen Afrikaner Ausgangspunkt eines qualvollen Weges in die Sklaverei wurde. Im Kakum-Nationalpark spaziert man auf schwindelerregend hoch gelegenen Hängebrücken über das grüne Dickicht des Urwaldes. Oder lieber nach Kumasi? In der zweitgrößten Stadt Ghanas lockt einer der größten afrikanischen Märkte mit einer unglaublichen Vielfalt an Waren und Ständen.

Das Kasapa Centre bietet unterschiedliche Rundreisen an. Unterwegs ist man in besten, nein, sogar königlichen Händen. Geleitet werden die Touren von Prinz Abdallah, einem schlanken jungen Mann, auf dessen edle Herkunft sein goldener Armreif und drei markante Narben an der Wange hinweisen. Die Gespräche mit ihm sind mindestens so spannend wie die Sehenswürdigkeiten. Abdallah ist das 57. Kind von 158 Kindern seines verstorbenen Vater, die dieser mit 30 Frauen hatte. Bei seiner Geburt wurde er zum Kronprinz auserwählt. Schon im nächsten Jahr wird er das Zepter übernehmen und dann einer von mehreren Stammesfürsten Ghanas sein. Noch genießt er die Freiheiten, die er als Reiseführer hat.

„Diese Arbeit ist fast wie Ferien für mich.“ In seinem Dorf im Norden hat er keine ruhige Minute. „Schon morgens warten die ersten Dorfbewohner auf ein Gespräch mit mir“, stöhnt er. Als Kronprinz ist er auch Lebensberater und Streitschlichter. Und Gastgeber. Für Touristen hat er ein Gästehaus mit sechs Zimmern gebaut, klar, mit Solaranlage und Komposttoilette. Beste Voraussetzungen für schwarz-weiße Begegnungen, vielleicht ja mit Lisa, Henryk und Ulrike.

So wird das Wetter für die Weltreise

Infos zu Ghana

Anreise
Lufthansa ( www.lufthansa.com ) fliegt von Frankfurt direkt nach Accra, mit Zwischenstopps z. B. TAP Portugal ( www.flytap.com) oder KLM ( www.klm.com ).

Visum und Impfungen
Ghana gehört zu den Hochrisikoländern für Malaria, deshalb ist eine Prophylaxe ratsam. Außerdem sollte man zum Schutz vor Moskitostichen, sobald es dunkel ist, lange, helle Kleidung anziehen und sich mit einem Insektenmittel einreiben. Für die Einreise ist ein Visum Pflicht, dafür muss eine Impfung gegen Gelbfieber nachgewiesen werden. Den Visumantrag kann man unter www.ghanaemberlin.de/en/consular-section/visa/information-of-ghanaian-visas herunterladen. Einfacher geht es mit einem Visa-Service wie Auslandsvisum (Kosten etwa 80 Euro, www.auslandsvisum.de ).

Kasapa Centre Dias Tourismusprojekt
Kasapa Centre bietet verschiedene Aufenthalts- und Rundreisemöglichkeiten an. Ohne Programm kostet eine Übernachtung im DZ (inkl. Halbpension) pro Person 32 Euro. Ein Tanz- und Trommelworkshop kostet je nach Dauer 1170 bis 1730 Euro pro Person.

Zweiwöchige Reiseferien mit Aufenthalt im Kasapa Centre umfassen eine viertägige Tour nach Kumasi sowie eine fünftägige Exkursion entlang der Westküste zur Sklavenhochburg Elmina und in den Kakum-Nationalpark, Kosten: 1440 Euro/Person (ohne Flug). Auch eine 14-tägige Rundreise am Stück wird angeboten, Kosten ab 1550 Euro. Neu im Programm ist eine Frauenreise zum Thema „Ghanas starke Frauen“ (1620 Euro pro Person).

Möglich sind auch individuelle Arrangements außerhalb der angegebenen Termine. Auch Gäste mit Behinderung sind willkommen. Infos unter www.kasapa.eu

Reisezeit und Währung
Ideale Reisemonate für Ghana sind Dezember bis März und Juli bis Oktober. Die Währung heißt Cedi, ein Euro entspricht derzeit etwa 2,7 Cedi.

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