Einzelhändler sehen es mit Sorge, dass immer mehr Menschen mit einem Mauklick einkaufen, statt einen Laden aufzusuchen. Die Wirtschaftsförderung rät ihnen, das Internet selbst stärker zu nutzen. Foto: dpa

Die Handels- und Gewerbevereine blicken auf den Fildern vorsichtig optimistisch in das Jahr 2018. Der Onlinehandel gilt als Konkurrent, bietet aber auch Chancen für den eigenen Gewinn.

Filder - Folker Baur ist froh, dass er dabei ist, seine Tochter umzustimmen. Eigentlich gehöre sie zu der Generation, die gerne den Gang in ein Geschäft durch einen Mausklick bei einem Onlinehändler ersetzt, erzählt der stellvertretende Vorsitzende der Plieninger Leistungsgemeinschaft (PLG). Jetzt engagiere sie sich aber für einen Verein und spreche Geschäftsinhaber als Sponsoren an, berichtet er. „Ich habe ihr gesagt, dass die Geschäfte sich das immer weniger leisten können, wenn immer mehr Leute im Internet einkaufen. Das hat sie zum Nachdenken gebracht“, sagt Baur.

Der Inhaber eines Sportwarengeschäfts an der Filderhauptstraße ist auch der Vorsitzende des TV Plieningen. Er erinnert daran, was ein Ladensterben für lokale Vereine bedeuten würde. „Da würde finanzielle Unterstützung wegbrechen“, sagt Baur. Plieningen sei von einem solchen Szenario weit entfernt, beruhigt Baur. Der Einzelhandel gedeihe ordentlich, betont er. Die Plieninger Geschäfte machen aus Sicht Baurs aus der Not eine Tugend, in dem sie zum einen verstärkt auf Service und Beratung setzen. Baur selbst bietet in seinem Sportgeschäft Leistungen an, die über das Kerngeschäft hinausgehen. Er nennt das Warten von Skiern als Beispiel. Zum anderen bemühe sich der Plieninger Einzelhandel darum, auf Veranstaltungen wie etwa dem Markttag zum Advent auf sich aufmerksam zu machen. „Solche Veranstaltungen kommen bei den Verbrauchern gut an“, sagt Baur.

Zum Jammern gebe es keinen Anlass

Ähnlich sieht das auch Sabine Gooß von Birkach Aktiv. Die Inhaberin eines Schuhgeschäfts an der Birkheckenstraße wünscht sich eine noch stärkere Kooperation unter den Birkacher Einzelhändlern bei der Vermarktung des Bezirks. Zum Jammern gibt es aus Sicht von Gooß keinen Anlass. Vielmehr gelte es, Nischen zu finden und Kunden zu binden. Das funktioniere nicht nur bei ihr leidlich. „In Birkach kann jeder im Einzelhandel erfolgreich sein. Natürlich muss man die Pobacken zusammenkneifen“, sagt sie.

Dass die Randlage auf den Fildern gegenüber der Innenstadt kein Nachteil sein muss, bestätigt auch Salvatore Ciminisi, Vorsitzender der Sillenbucher Meile. Der Sillenbucher Gewerbeverein habe noch keine Bilanz aus dem vergangenen Geschäftsjahr gezogen, meint er. „Aber ich habe auch keine Klagen gehört“, sagt er. Auch die Meile bemühe sich darum, mit Veranstaltungen auf das Angebot des örtlichen Einzelhandels aufmerksam zu machen, betont er. Die Veranstaltung „Weiße Meile“ gab es im vergangenen Jahr aber nicht. Kosten für zertifiziertes Fachpersonal waren dem Verein zu hoch. Es muss die für die öffentliche Sicherheit nötigen Absperrungen errichten. Die Veranstaltung bleibe für die Zukunft ein Projekt, betont Ciminisi. „Wir würden uns dafür Unterstützung wünschen“, sagt er

In Sillenbuch und Degerloch gibt es viel Kaufkraft

Auch in Degerloch präsentiert sich der Einzelhandel zuversichtlich. Die Nähe zur Innenstadt hat aus Sicht von Sandra Reuter von der Werbegemeinschaft Degerloch wenig Einfluss auf den Einzelhandel im Bezirk. Wer in Degerloch einkaufe, tue das aus bestimmten Motiven, meint Reuter. „Bei uns sind die gute Beratung und die persönliche Bindung an die Kunden wichtig“, sagt sie. Der Gewerbe- und Handelsverein (GHV) habe noch keine Zahlen aus dem Geschäftsjahr 2017, sagt Reuter. Ihrem Eindruck nach sei es durchschnittlich verlaufen, meint sie. Die Debatte um einen Discounter in der Bezirksmitte sei ihrem Eindruck nach in den Hintergrund getreten. Die Einzelhändler hatten sich in der Vergangenheit dafür ausgesprochen. „Ich habe den Eindruck, dass die Haltung derzeit abwartend ist“, sagt sie.

Die städtische Wirtschaftsförderung bestätigt, dass viele Filderbezirke ein gutes Klima für den Einzelhandel bieten. „Gerade in Sillenbuch und Degerloch gibt es viel Kaufkraft, sagt Ines Aufrecht, Leiterin der Wirtschaftsförderung. Sie rät den Einzelhändlern dazu, den Onlinehandel weniger als Gefahr, sondern als Chance zu sehen. Als Beispiel nennt sie eine Möhringer Metzgerei, die einen Maultaschenkonfigurator ins Netz gestellt hat. Kunden können sich die Füllungen ihrer Maultaschen individuell zusammenstellen und diese bestellen. Was für manche nach Spielerei klingen mag, ist aus Sicht Aufrechts ein Vorbild für andere Betriebe.

Wer die Konkurrenz aus dem Netz fürchte, solle sich bei der Wirtschaftsförderung der Stadt beraten lassen, fordert Aufrecht. „Das Internet ist nicht mehr wegzudenken und die Händler sind aufgefordert, sich Gedanken zu machen“, sagt sie. Anders ausgedrückt glaubt Aufrecht nicht daran, dass Warnungen vor einem Ladensterben Verbraucherverhalten ändern können. Vor allem nicht, wenn das nächste Schnäppchen nur ein Mausklick entfernt scheint.