Die Strommasten laufen mitten durch das künftige Gewerbegebiet. Statt sie zu verlegen, wurden sie ins laufende Konzept integriert. Foto: Simon Granville

Das grobe Konzept für das Gewerbegebiet Laiblinger Weg steht. Bis es konkreter wird, bleiben noch viele Fragen offen zu Interessenten wie Bosch und Porsche – und zur Stadtbahn Lucie.

Stadtbahn Lucie, Bosch, Porsche – es gibt noch so manches Fragezeichen, das über den Planungen zum neuen Gewerbegebiet Laiblinger Weg bei Schwieberdingen schwebt. So oder so sieht der Schwieberdinger Bürgermeister Stefan Benker das Projekt, für das mittlerweile ein grobes Konzept erstellt wurde, auf sicheren Füßen. Die Initiative Lebenswertes Strohgäu beobachtet das Projekt weiter kritisch – und befürchtet ein schwindendes Interesse von Bosch an den Gewerbeflächen.

 

Worum geht es?

Bei Schwieberdingen, am Laiblinger Weg zwischen dem großen Bosch-Standort und der Bahntrasse, soll ein interkommunales Gewerbe- und Industriegebiet mit einer Größe von 45 Hektar entstehen. Beteiligt sind neben Schwieberdingen noch die Gemeinden Markgröningen, Hemmingen und Ditzingen.

Das Ziel ist klar: „Wir möchten Schwieberdingen für die nächsten Jahrzehnte wirtschaftssicher aufstellen“, formuliert es Stefan Benker. Angestrebt ist die Ansiedlung von Unternehmen vor allem aus dem Bereich Forschung und Entwicklung sowie Produktion – also mit möglichst vielen Arbeitsplätzen vor Ort.

Inwieweit sich das in der Realität umsetzen lässt, steht auf einem anderen Blatt. Die wirtschaftliche Lage in der Region sah schon deutlich besser aus. „Trotzdem machen wir uns aufgrund der Lage keine Sorge, von hier sind es zwei Minuten zur B10 und vier Minuten bis zur Autobahn, das spricht für sich“, so Benker.

Auch die geplante Stadtbahn Lucie, die das Gewerbegebiet über Möglingen und Markgröningen mit Ludwigsburg verbinden soll, würde den Standort weiter aufwerten. „Diese Anbindung wäre für uns daher natürlich ein großer Vorteil und wünschenswert“, so Benker. Trotzdem ist man auf alle Eventualitäten vorbereitet, schließlich erhält das derzeitige Konzept von der Ludwigsburger Stadtspitze und von einigen Stadträten gerade viel Gegenwind. „Unsere Planung funktioniert mit und ohne Lucie“, betont er.

Was ist neu?

In Grundzügen ist die Planung inzwischen fertig. Die Stadtplaner vom Büro Baldauf haben ein städtebauliches Konzept erstellt, das das bislang rein theoretische Gebilde „Laiblinger Weg“ etwas greifbarer macht. Da ist zum Beispiel die überirdische Stromtrasse, die das Gebiet zwischen dem Boschstandort und der Bahntrasse komplett durchschneidet.

Laut dem neuen Konzept soll sie da bleiben, wo sie jetzt ist. „Es gab Überlegungen, sie zu verlegen“, erklärt Stefan Benker. Schließlich gehen den Beteiligten damit wichtige Flächen verloren. Allerdings würde das Zeit und Geld kosten. Inzwischen sei man zu einer guten Lösung gekommen: Die Flächen unter den Stromleitungen sollen als Parkplätze genutzt werden.

Eine große Neuerung sticht sofort ins Auge: Die Dreiteilung des Geländes – 23 Hektar als interkommunales Gewerbegebiet, fünf exklusiv für Schwieberdinger Unternehmen, 17 Hektar als mögliche Erweiterungsfläche für Bosch – bleibt zwar erhalten, allerdings nur auf dem Papier, nicht in Form von festgelegten Abschnitten. Das soll die Lage und Aufteilung der Flächen später im Sinne der Interessenten flexibel halten, so das Argument.

Was ist mit Bosch und Porsche?

Die Initiative Lebenswertes Strohgäu, die dem Projekt seit jeher kritisch gegenübersteht, sieht in der Auflösung dieser vormals festen Dreiteilung ein schlechtes Vorzeichen für das Gewerbegebiet. Denn statt einer einzigen zusammenhängenden Fläche angrenzend an das Bosch-Areal sind in dem Konzept jetzt viele kleine Teilflächen abgebildet. Für Karl Bendel ein Hinweis darauf, „dass Bosch endgültig kein Interesse mehr an einer Erweiterung in Schwieberdingen hätte und sogar mehrere Hundert Parkplätze aufgeben würde“.

Wie groß das Interesse von Bosch tatsächlich ist, ob und wie viele Flächen das Unternehmen potenziell belegen würde, dazu kann sich der Bürgermeister zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern. Von einem Absprung ist aber nirgends die Rede, weder vonseiten der Stadt noch von Bosch. Konkretes gibt es gleichwohl nicht: „Mehrere Optionen werden gerade geprüft“, heißt es auf unsere Anfrage hin in einer Stellungnahme von Bosch.

Bei Porsche, das ebenfalls als großer Interessent gehandelt wird, will man sich ebenfalls nicht festlegen, äußert sich aber zunächst positiv: „Der Austausch mit den regionalen Stakeholdern ist uns wichtig“, erklärt eine Sprecherin von Porsche. „Wir verfolgen die Entwicklungen rund um den regionalen Gewerbeschwerpunkt in Schwieberdingen aufmerksam und sind weiterhin mit den Vertretern der Gemeinde im Dialog.“

So viel kann Stefan Benker zumindest verraten: Inzwischen gebe es bereits ein paar konkrete Anfragen für das Gewerbegebiet. Um wen es dabei geht, sagt er nicht. Nur, dass es um Flächen von durchschnittlich vier bis sechs Hektar geht.

Wie nachhaltig wird das Gewerbegebiet?

Anders als bei dem einst geplanten Ökopark für Korntal-Münchingen, dessen Pläne inzwischen ad acta gelegt wurden, ist von Nachhaltigkeit in dem Konzept für Schwieberdingen nichts zu lesen, bemängelt Karl Bendel. „Gewerbegebiete werden in Zukunft auch in Bezug auf den ökologischen Fußabdruck bewertet werden“, sagt er.

Stefan Benker verweist auf die Detailplanung, in der genau solche Themen berücksichtigt werden könnten. Die beteiligten Kommunen hätten hier freie Hand, welche Vorgaben sie den Unternehmen machen möchten. Beispielsweise Dachbegrünung und Photovoltaikanlagen seien inzwischen Standard. Zu wenig aus Sicht von Karl Bendel, der sich in diesem Punkt ein klareres Zeichen gewünscht hätte. Zumal allein die zwei von Bosch geplanten Windräder auf einem Acker zwischen Schwieberdingen und Münchingen aus seiner Sicht mehr Strom erzeugen könnten als alle potenziellen Photovoltaikanlagen am Laiblinger Weg zusammen.

Wie geht es jetzt weiter?

Auch wenn das grobe Konzept inzwischen steht, ist es noch ein sehr weiter Weg bis zur Realisierung. Als Nächstes wird in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten ein konkreter Bebauungsplan entwickelt, der auf dem Grobkonzept aufbaut. Es folgen artenschutzrechtliche Untersuchungen, archäologische Grabungen, Kampfmittelräumungen und mehr.

Auf die Dauer vieler dieser Aspekte haben die Planer keinen Einfluss, zum Teil können sie sich lange hinziehen. „Da sprechen wir also auf jeden Fall noch von Jahren“, so Benker.

Fast doppelt so viel Gewerbe wie der Durchschnitt

Industrieflächen im Kreis
Fast vier Prozent der gesamten Fläche im Kreis Ludwigsburg sind mit Industrie und Gewerbe belegt. Das geht aus einer Erhebung des Statistischen Landesamts aus dem Jahr 2023 hervor. Der Landesdurchschnitt liegt bei gerade mal 2,1. Auch in Sachen Landwirtschaft gehört Ludwigsburg zu den Spitzenreitern, mit fast 55 Prozent landwirtschaftlichen Flächen gegenüber landesweit 45 Prozent. Platz genug gibt es immerhin: Nur 18 Prozent der Flächen in Ludwigsburg sind Wald – das sind weniger als die Hälfte von dem, was in Baden-Württemberg üblich ist (rund 38 Prozent).

Die Nachbarkreise
Der Kreis Böblingen verfügt mit 3,5 Prozent über fast genau so viele Gewerbe wie Ludwigsburg, im Rems-Murr-Kreis sind es mit 2,4 Prozent schon deutlich weniger. Beide sind deutlich dichter bewaldet, landwirtschaftlich werden je rund 41 Prozent der Kreisfläche genutzt.