Bauarbeiter an einem Kran. An der A 81 sollen Gewerbegebiete gebaut werden Foto: dpa

Bei der Planung neuer Gewerbegebiete an der A 81 ändert die Region Stuttgart ihre Marschroute. Statt weiter auf einen zentralen Standort bei Pleidelsheim zu setzen, werden im Kreis Ludwigsburg gleich fünf verschiedene Areale ins Auge gefasst – mit insgesamt 108 Hektar.

Stuttgart - Fast zwei Jahrzehnte lang galt ein 73 Hektar großes Areal an der Autobahnausfahrt bei Pleidelsheim als Favorit für einen zentralen Gewerbeschwerpunkt im Norden der Region Stuttgart. Weil sich die betroffene Gemeinde allerdings trotz der Aussicht auf sprudelnde Gewerbesteuern gegen das Großprojekt stemmte, wird auf den Äckern entlang der Verkehrsachse noch immer Spargel gepflanzt. Nun streicht Chefplaner Thomas Kiwitt bei Pleidelsheim die Segel – statt ein Standort für die Industrie soll aus der landwirtschaftlich genutzten Fläche nun ein regionaler Grünzug werden.

Als Ersatz für die vor Ort nicht gewünschte zentrale Gewerbefläche hat der Regionalverband in einem erneuten Suchlauf fünf weitere Gebiete als mögliche Standorte ausgespäht. Konkret geht es um den Holzweiler Hof bei Großbottwar mit etwa 15 Hektar, auch eine 17 Hektar große Fläche zwischen Ingersheim und Bietigheim findet sich auf der Liste. Jeweils etwa 25 Hektar weisen die drei außerdem ins Auge gefassten Standorte in Korntal-Münchingen, Schwieberdingen und Bietigheim-Bissingen auf.

Unterm Strich stehen mit dieser Auswahl gut 108 Hektar Fläche zur Diskussion. Völlig ausschöpfen will die Region die theoretisch möglichen Baufenster allerdings nicht. Die tatsächliche Ausweisung soll sich an dem einst bei Pleidelsheim geplanten Flächenumfang orientieren und 75 Hektar nicht überschreiten. Zum Vergleich: Der im Stuttgarter Stadtteil Vaihingen liegende Wall-graben mit der Dekra und der Mammut-behörde Regierungspräsidium ist mit 77 Hektar nur unwesentlich größer. Am Stück wie in Pleidelsheim gibt es die fraglichen Flächen allerdings nicht.

Als Ersatz überprüft hatte die Region insgesamt sogar 15 verschiedene Areale. Vier Standorte wurden wegen der ungünstigen Topografie, großer Einsehbarkeit oder der Zerschneidung der Landschaft wieder verworfen. Bei sechs weiteren Gebieten stellten sich wie in Pleidelsheim die betroffenen Kommunen quer. Über die verbliebenen fünf Standorte soll nach der erfolgreich überstandenen Umweltprüfung am Mittwoch die Regionalversammlung abstimmen. Ziel ist, dass die öffentliche Anhörung gleich nach dem Jahreswechsel startet, von Ende Januar bis Ende Februar sollen die Bürger über die Planung informiert werden. Bis Ende 2014, hofft die Region, soll ein rechtskräftiger Satzungsbeschluss auf dem Tisch liegen.

Denn zumindest aus Sicht der Wirtschaftsförderung drängt die Zeit: „Für die Entwicklung einer durchs produzierende Gewerbe geprägten Region ist ein bedarfsgerechtes Angebot an Gewerbeflächen eine zentrale Voraussetzung“, heißt es in den Unterlagen für die Abstimmung am Mittwoch. Trotz vermehrter Nachfragen von Unternehmen nach großzügig geschnittenen Flächen gebe es im Norden der Region kein adäquates Angebot. Gescheitert ist schließlich nicht nur das 73-Hektar-Projekt an der Autobahnauffahrt in Pleidelsheim. Auch das durch die Verbindung von Straße und Schiene einst als wegweisend erachtete Güterverkehrszentrum Kornwestheim mit 36 Hektar war nicht mehrheitsfähig.

Umstritten freilich dürften auch die jetzt in der Auswahlliste zu findenden Standorte sein. Zwar hat die Region das grundsätzliche Interesse der betroffenen Kommunen bereits abgefragt – der seinerzeit in Pleidelsheim gemachte Fehler der Planung am Reißbrett soll nicht wiederholt werden. Doch im Holzweilerhof im Bottwartal macht längst eine Bürgerinitiative gegen den Eingriff ins Landschaftsbild mobil, auch die Lage im Wasserschutzgebiet erschwert die Planung. Beim Standort in Ingersheim würde die Landwirtschaft hervorragende Böden verlieren, neben dem Schutz der Wohngebiete sind auch zwei Brutpaare der Feldlerche ein Thema. Auch in Korntal-Münchingen und Schwieberdingen ist der Ackerverlust ein Punkt, die Bietigheimer Planung liegt im Einzugsgebiet der Notwasserversorgung. Gemeinsam ist den Standorten aber auch eine deutliche Vorbelastung durch die A 81.