Grünland und Naherholungsgebiet oder Gewerbegebiet? Die Zukunft der Auen wird in Süßen kontrovers diskutiert. Foto: Staufenpress

Der Bedarf ist da, doch: ein neues Gutachten zu den Realisierungsmöglichkeiten des geplanten Gewerbegebiets Auen in Süßen zeigt, dass sich Befürworter und Gegner einer Erschließung im Außenbereich die Waage halten.

Manchmal lohnt ein Rückblick: Das von Süßen gemeinsam mit Gingen angedachte interkommunale Gewerbegebiet hat eine lange Geschichte: Seit 2010 gibt es zwischen den Orten eine Vereinbarung: Gingen tritt Fläche an Süßen ab, damit die Querspange gebaut werden kann, als „Gegenleistung“ sagt Süßen die Entwicklung eines Gewerbegebiets zwischen Querspange und B 466 zu, das IKG Auen.

 

Die Querspange ist lange fertig, 2016 wird der für die Entwicklung des IKG Auen nötige Zweckverband gegründet. Und dann: diskutiert Süßen. Irgendwann legt der Süßener Gemeinderat das IKG auf Eis, dann – im November 2020 – wird es doch beschlossen. Aber ungültig, wegen der später bekannt gewordenen Befangenheit eines Stadtrats.

Die Diskussion geht weiter, auch am „Runden Tisch“ unter Beteiligung ausgewählter Bürger, vom Juni bis in den November vergangenen Jahres. Die Ergebnisse dieser Diskussion, und auch ein aktuelles Gutachten zur Gewerbeflächenentwicklung, wurden am Montagabend im Gemeinderat präsentiert.

Die Ausweisung von Gewerbeflächen ist ein heißes Thema

Um es gleich vorwegzunehmen: Neue Argumente gibt kaum, die Fronten am Runden Tisch waren ähnlich verhärtet wie die im Gemeinderat, hier wie dort halten sich Befürworter und Gegner des Gewerbegebiets Auen mehr oder weniger die Waage.

Wobei es am Runden Tisch nicht nur um das Auen-Gebiet ging, sondern ganz allgemein um die Entwicklung von Gewerbeflächen in der Stadt, im Innenbereich und im Außenbereich. Bei der Flächenentwicklung im Innenbereich, also dort, wo es schon Gewerbe gibt, hat der Moderator des Runden Tisches, Thomas Sippel, Gemeinsamkeiten unter den Beteiligten ausgemacht, alle wollen erst Innen- und dann Außenentwicklung. Das ist insofern beruhigend, da es auch rechtlich gar nicht anders geht.

Kein Konsens zwischen Befürwortern und Gegnern

Mit den Gemeinsamkeiten war es das dann aber auch schon, beim Thema Entwicklung von Flächen im Außenbereich, und darunter fällt auch das Auen-Gebiet, waren die Fronten klar: Ja oder nein, „es gab keinen Konsens“, sagt Sippel. „Wir brauchen die Außenentwicklung“, sagten die Befürworter, „wir lehnen jede Außenentwicklung ab“, die Gegner, die sich vor allem auf ökologische Gründe berufen. Und auch auf die Verantwortung vor kommenden Generationen, denen man nicht alle Flächen schon jetzt wegnehmen solle, sagt SPD-Fraktionschef Udo Rössler mit Blick auf die Tatsache, dass das Gebiet Auen praktisch die einzige in Frage kommende Fläche im Außenbereich ist.

Damit war Rössler auch schon wieder mitten in der Diskussion um das Gebiet, die Frontlinie des Runden Tisches läuft auch quer durch den Gemeinderat: SPD und Grüne sind dagegen, CDU und FDP/AFW sind dafür. Ein neues Argument brachte Wolfgang Bühler, zumindest wurde es so deutlich noch nicht geäußert. Der FDP/AFW-Fraktionschef sagte, auch als Replik auf die von Rössler geäußerten Zweifel, ob es überhaupt Bedarf für ein neues Gewerbegebiet gebe: In Zeiten von Lieferkettenproblemen spreche einiges dafür, dass mehr als früher in Deutschland produziert werden müsse, und eben nicht in China oder in Fernost. Dafür braucht es nach Bühlers Ansicht auch Fläche.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Brennstoffzellen aus Weilheim für die ganze Welt

Der Bedarf nach mehr Fläche für Gewerbe ist da, sagt der Gutachter Matthias Prüller von der Imakomm-Akademie GmbH. Prüller hat dies bei Süßener Unternehmen erfragt. Im Ergebnis rechnet er bis 2035 mit einem Gewerbeflächenbedarf von acht Hektar. Selbst wenn die Verdichtung im Innenbereich gut laufen würde, fehlten bis 2035 rund vier Hektar neue Fläche. Als Standort komme nur das IKG Auen in Frage. Manfred Mezger vom Boller Büro M-Quadrat hat weitere möglichen Standorte untersucht, dabei handle es sich aber um Grünzüge oder Grünzäsuren, sie seien daher kaum zu realisieren.

Bürgerentscheid oder Abstimmung im Gemeinderat

Zeitplan
 Am 18. Mai wird es eine Bürgerversammlung geben, bei der erneut die Ergebnisse des Runden Tisches vorgestellt und das Für und Wider ausgetauscht werden sollen.

Gemeinderat
 Bürgermeister Marc Kersting spricht gleich zu Anfang von einer Entscheidung im Gemeinderat noch vor den Sommerferien. Denn entscheiden könne nur der, nicht der Runde Tisch. Beide „Lager“ im Rat verfügen über je neun Stimmen, wobei natürlich nicht klar ist, wie die Stadträte letztlich abstimmen werden – auch der Bürgermeister ist stimmberechtigt. 

Der Grünen-Fraktionschef Armin Kuhn befürchtet eine „Kampfabstimmung“ mit knappem Ausgang. Um die „Akzeptanz“ für die Entscheidung bei den Bürgern zu erhöhen, schlägt er vor, dass der Gemeinderat einen Bürgerentscheid beschließt. Dann könnten Süßener über die Auen-Außenerweiterung abstimmen. Auch Udo Rössler (SPD) sieht „zwei Blöcke“ im Rat und kann Kuhns Idee einiges abgewinnen: „Vielleicht ist es am besten, wenn man die Bevölkerung entscheiden lässt.“

CDU-Fraktionschef Simon Weißenfels hält es dagegen für richtig, „wenn der Gemeinderat die Entscheidung trifft“. Auf die Ratssitzung nach der Einwohnerversammlung darf man gespannt sein: „Ich erwarte ihre Entscheidung“, sagte der Bürgermeister an die Stadträte gewandt.