Der Schrottplatz ist schon fast geräumt, seine Fläche wird im neuen Gewerbegebiet am Talbach liegen. Foto: Karin Ait Atmane

Reichenbach hat nur wenige Möglichkeiten, neue Gewerbeflächen auszuweisen, aber die sollen ausgeschöpft werden. Die Einstufung des Zwangsarbeiterfriedhofs beim Gebiet Filsstraße Ost als Denkmal stellt die Planer vor Herausforderungen.

Freie Gewerbeflächen gibt es derzeit in Reichenbach nicht; Anfragen von örtlichen Firmen bekommt die Gemeindeverwaltung aber immer wieder. Das Thema beschäftigt den Gemeinderat schon länger. Für das Gebiet am Talbach, zwischen der B 10 und der L 1201 gelegen, hatte Bürgermeister Bernhard Richter nun gute Nachrichten: der mittendrin gelegene ehemalige Schrottplatz werde bis Ende Dezember vollends geräumt, berichtete er. Alle Grundstücke seien im Eigentum der Gemeinde, jetzt überlege man, in welcher Form man sie vermarkten wolle. Bis dahin wird allerdings noch Zeit vergehen, denn der Flächennutzungsplan muss geändert und ein Bebauungsplan aufgestellt werden.

 

Gemeinde sieht sich vom Denkmalamt vor den Kopf gestoßen

Etwas weiter ist man beim Gebiet Filsstraße Ost, das die Gemeinde schon einige Jahre beschäftigt. Hier geht es um die Erweiterung eines bestehenden Gewerbegebiets, die fast bis an den Zwangsarbeiterfriedhof heranreicht. Einen gesetzlich vorgeschriebenen Abstand zu dieser Gedenkstätte gebe es nicht, erklärte Bürgermeister Bernhard Richter im Gemeinderat, die Vorgabe laute, die Würde des Ortes zu wahren. Deshalb werde man 50 Meter Abstand lassen und diese Zone begrünen. Auch bei der Nutzung der angrenzenden Flächen soll der Friedhof bedacht werden: Eine Anlage, die Baumaterial bricht, um es zu recyceln, halte man wegen der Emissionen nicht für angemessen. Genau das war ursprünglich geplant und mit einer lokalen Firma bereits abgesprochen – ebenso wie mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und dem Kreisarchiv abgesprochen war, den Zwangsarbeiterfriedhof an eine zentrale Gedenkstätte zu verlegen. Doch dann kam das Landesdenkmalamt und stufte den Friedhof als Denkmal ein. Die Gemeinde sei darüber nicht einmal direkt informiert worden, sondern habe es quasi nebenbei im Zug der Überarbeitung des Flächennutzungsplanes erfahren, sagte der Bürgermeister, nach wie vor sehr erbost über das Vorgehen: „Acht Jahre Planung waren damit Makulatur.“

Verärgert ist auch der Unternehmer, der in dem Gebiet seine Straßenbruch-Recycling-Anlage aufstellen wollte und eins der Grundstücke besitzt. Mit ihm habe man sich noch nicht über den Verkauf seiner Fläche an die Gemeinde einigen können, sagte Richter, der „einen gewissen Frust“ des Eigentümers durchaus nachvollziehen kann. Damit nicht das ganze Gebiet ausgebremst werde, werde man notfalls zunächst mit dem ersten, westlich gelegenen Bauabschnitt beginnen.

Im Gebiet Filsstraße Ost gibt es noch ein paar Nüsse zu knacken

Ein paar Nüsse haben die Planer auch darüber hinaus zu knacken. Rainer Metzger vom Ingenieurbüro Melber und Metzger zählte sie auf: Die Bahn läuft an dem Gelände vorbei und soll möglicherweise irgendwann um ein drittes Gleis ergänzt werden, der Abstand zur B 10 muss eingehalten werden. Eine Ferngasleitung verläuft ebenfalls in diesem Bereich, ihre Verlegung käme teuer. Zudem quert der Otto-Munz-Fußgängersteg das Gebiet ungefähr in der Mitte. Auch auf Biotope und auf die Einordnung als Überflutungsbereich bei einem extremen Hochwasser muss geachtet werden. Das sind eine ganze Menge Einschränkungen, denen man mit der Aufteilung der Flächen auf drei, vier kleine Betriebe – zum Beispiel örtliche Handwerker – gerecht werden will. Am östlichen Ende in Richtung Zwangsarbeiterfriedhof könnte sich die Gemeinde längerfristig einen Neubau für den gemeinsamen Bauhof mit Hochdorf vorstellen. Alle Fraktionen befürworteten das Vorgehen, jetzt wird ein Bebauungsplanentwurf erstellt.