Die Eheleute Annemarie und Dieter Franz haben sich vor bald 20 Jahren für die Aufstellung des Wegweisers in Heumaden starkgemacht. Foto: Caroline Holowiecki

Ein Wegweiser soll in Stuttgart-Heumaden Gewerbetreibenden Kundschaft bringen. Die, die ihn einst aufstellen ließen und dafür 17 Jahre lang aus eigener Tasche bezahlten, monieren, dass die Stadt alles unnötig verkompliziere.

Heumaden - Rot und dick. In diesem Ordner haben Annemarie und Dieter Franz seit knapp 20 Jahren sämtlichen Schriftverkehr gesammelt. Die Korrespondenz mit dem Ordnungs- und dem Tiefbauamt, mit dem Stadtplanungs- und dem Gartenamt der Stadt Stuttgart. Pläne sind abgelegt und Zeichnungen. Es klingt nach einem Hausbau, den die Eheleute aus Heumaden verwirklicht haben. Tatsächlich geht es um ein schlichtes Schild an der Bernsteinstraße.

Es zeigt auf Höhe der Hausnummer 120 in Richtung des kleinen Zentrums. Namen von Restaurants, Praxen, Dienstleistern und Einzelhändlern sind drauf vermerkt. „Weil die hier so versteckt sind“, sagt Annemarie Franz, habe man sich 2001 überlegt, wie man Leben ins Viertel bringen könnte – um die Existenz der Geschäftsleute zu sichern. „Es wurde immer leerer und weniger, es sah richtig deprimierend aus“, erinnert sich Dieter Franz.

2003 konnte der Wegweiser eingeweiht werden, „das hat anderthalb Jahre gedauert“, betont Annemarie Franz. Dabei haben das Schild seinerzeit die Geschäftsleute selbst bezahlt. Warum also die lange Zeit? Annemarie Franz bemüht ihren dicken Ordner. Das sogenannte Leitsystem steht auf öffentlichem Grund. „Damit erlangte das Projekt kommunale Bedeutung“, sagt sie. Nicht weniger als fünf Behörden seien für die Genehmigung nötig gewesen, zudem der Abschluss eines Gestattungsvertrags zwischen Stadt und Bauherr. „Niemand wollte an die Stelle treten, den Bauherren habe ich abgegeben“, sagt Dieter Franz, der seither mit seiner Ingenieurberatung auf dem Schild vertreten war. 42 Euro habe das Paar aus eigener Tasche pro Jahr entrichtet. 17 Jahre lang.

Viel Schriftverkehr und neun Monate Arbeit

Dieter Franz wird in Kürze 76. Aus Altersgründen hat er den Vertrag mit der Stadt gekündigt – nicht aber, ohne mit dem ASB, der im Zentrum eine Tagespflegeeinrichtung für Senioren betreibt, einen neuen Vertragspartner zu präsentieren. Das jedoch habe abermals viel Schriftverkehr und neun Monate Arbeit gebracht. „Es hat viel von Kafka“, sagt Dieter Franz. Zunächst wurde er per Mail aufgefordert, die Stele „nach Vertragsbeendigung zu beseitigen“, nach einigem Hin und Her, dem Einschalten eines Stadtrats und weiterer Experten fand eine Ortsbegehung statt.

Die Eheleute Franz verstehen nicht, warum das Ganze von der Stadtverwaltung so verkompliziert wird. „Es ist ja nach wie vor eine Förderungsmaßnahme für die lokale Wirtschaft“, sagt Dieter Franz. Die Stadt müsse ein Interesse daran haben, dass das kleine Zentrum nicht ausblutet, dass Bürger sich einbringen.

Ein glückliches Ende

Im Rathaus verweist man darauf, dass bei der Aufstellung von Schildern auf städtischen Flächen je nach Situation vielfältige Belange berücksichtigt und die entsprechenden städtischen Stellen beteiligt werden müssen. „Dazu gehören zum Beispiel Stadtplanung, Straßenverkehr, Baurecht, bereits bestehende Nutzungen und Vereinbarungen und Verkehrssicherung. Dabei geht es auch um Haftungsfragen“, teilt die Verwaltungssprecherin Anna Sendler mit. Grundsätzlich könne jeder an die Stadt herantreten, um für sein Geschäft einen Wegweiser auf öffentlicher Fläche zu errichten. „Es bedarf jedoch immer einer vertraglichen Vereinbarung“, wenn eine öffentlich gewidmete Fläche von einem Dritten genutzt werde. „Dies ergibt sich aus dem Straßengesetz Baden-Württemberg“, erklärt Anna Sendler. Die entsprechenden Gestattungsentgelte habe der Gemeinderat festgelegt.

In Heumaden hat das Ganze ein glückliches Ende genommen, und das Ehepaar Franz sieht das Prozedere heute mit einem Augenzwinkern. Der ASB hat den neuen Vertrag mit der Stadt bereits unterschrieben, bestätigt der zuständige Regionalleiter Calogero Ala. Er sieht einen großen Nutzen im Wegweiser. „Es ist sehr unübersichtlich da hinten“, sagt er. Es komme immer wieder vor, dass Interessenten oder auch Postzusteller die Tagespflegeeinrichtung nicht fänden.