Dem Hotelchef wird Mord und veruntreuende Unterschlagung vorgeworfen. Foto: Ines Rudel

Am ersten Tag des Verfahrens um einen mutmaßlichen Mord in Stuttgart, will sich der Angeklagte zunächst nicht zu den Vorwürfen äußern. Der Hotelbetreiber soll einen Gast bestohlen, getötet und dessen Leiche in einem Wald bei Esslingen entsorgt haben.

Weder zu seiner Person noch zur Sache wollte der Angeklagte am ersten Prozesstag etwas sagen. Der Hintergrund sei der, sagte sein Verteidiger, dass die strengen Besuchszeiten der JVA die Vorbereitung verzögert hätten. Er benötige noch Zeit, doch sein Mandant wolle sich zu den Vorwürfen äußern. Die wiegen schwer. Laut der Stuttgarter Staatsanwaltschaft soll der 47 Jahre alte Hotelbetreiber aus Stuttgart einen seiner Gäste an Ostern dieses Jahres zunächst bestohlen und ihn anschließend in der Tiefgarage der Unterkunft getötet haben.

Zusammen mit einem Bekannten soll er die Leiche im Anschluss in einem Waldstück zwischen Esslingen-Sirnau und Deizisau versteckt haben. Etwa sieben Monate nach dem mutmaßlichen Mord wird der Hotelchef in einen Saal des Stuttgarter Landgerichts geführt. Er trägt einen dunkelblauen Trainingsanzug, seine längeren grauen Haare hat er nach hinten gekämmt. Ruhig sitzt er da und hört dem Staatsanwalt zu, der die Anklageschrift verliest.

Für ein Jahr soll sich das spätere Opfer, das aus Waiblingen stammt, in dem Stuttgarter Hotel eingemietet haben. Aus einem Hausverkauf habe der 59-jährige Gast mehr als 400 000 Euro besessen, die er in bar ausgezahlt bekommen hatte. Um es in Sicherheit zu wissen, bat er den Angeklagten, das Geld im Hotelsafe zu verwahren. Laut der Staatsanwaltschaft habe nur der Gastwirt einen Schlüssel zu dem Tresor gehabt. Doch anstatt auf das Vermögen aufzupassen, soll der Hotelier unerlaubterweise etwa 110 000 Euro aus dem Safe genommen haben. Finanzielle Nöte sollen der Grund dafür gewesen sein. Mit dem Geld, so heißt es weiter, sollen mehrere Goldbarren gekauft sowie ein Leasingfahrzeug ausgelöst worden sein. Doch das Opfer merkte bald, dass ein Teil seines Vermögens fehlte.

Ein Bekannter soll dem Angeklagten geholfen haben

Der 59-Jährige habe den Betreiber daraufhin zur Rede gestellt, heißt es in der Anklage. Aus Angst, der Diebstahl könne zur Anzeige gebracht werden, soll der Wirt beschlossen haben, den Hotelgast zu töten. An Ostersonntag soll der Angeklagte das Gewaltverbrechen verübt haben.

Unter einem Vorwand habe er den 59-Jährigen in einen Abstellraum in der Tiefgarage der Unterkunft gelockt und mit einer fünf Kilogramm schweren Hantel mindestens achtmal auf sein Opfer eingeschlagen haben. Es soll sich dabei um eine sogenannte Kettlebell gehandelt haben, ein Sportgerät, das aus einem Gewicht und einem ringförmigen Griff besteht. Im Anschluss soll der Angeklagte den Schwerverletzten gewürgt haben. Laut der Anklage verblutete der 59-Jährige letztendlich. Um sich der Leiche zu entledigen, soll der Gastwirt einen Bekannten zu Hilfe gerufen haben. Der Körper sei von ihnen gemeinsam versteckt worden.

Gefunden wurde der Tote am Ostermontag von Spaziergängern. Die Leiche befand sich in einem Gestrüpp im Wald zwischen Sirnau und Deizisau. Ein Großaufgebot von Polizei und Feuerwehr sperrte damals den Bereich ab, bis in die Nacht hinein suchten Kriminalbeamte unter anderem mit Scheinwerfern nach Beweismitteln. Auch ein Hubschrauber war im Einsatz. Dass es sich bei der Leiche um das Opfer eines Verbrechens handelte, war für die Ermittler schnell klar. Die Identität des getöteten Mannes gab jedoch einige Zeit noch Rätsel auf. Über das familiäre Umfeld des Toten gelangte die Polizei letztendlich auf die Spur des Angeklagten.

Ein Urteil wird erst im Januar erwartet

Nach der Tat soll der 47-Jährige auch die restlichen 290 000 Euro entwendet haben. Als Motiv sieht die Staatsanwaltschaft Habgier und den Versuch, die Straftat zu vertuschen. Damit sind Mordmerkmale erfüllt. Weil er unerlaubterweise das ihm anvertraute Geld an sich genommen haben soll, wird der 47-Jährige zudem der veruntreuenden Unterschlagung bezichtigt.

Dem Mann droht demnach eine lebenslange Haftstrafe. Äußern wollte sich der Angeklagte zu den Vorwürfen zunächst nicht. Dementsprechend zügig schloss der Vorsitzende Richter Norbert Winkelmann nach der Anklageverlesung die Sitzung. Neben dem 47-Jährigen waren zunächst auch vier weitere Personen – drei Männer und eine Frau – in den Fokus der Ermittler geraten. Rund 170 Polizeibeamte untersuchten daraufhin das Hotel in Stuttgart sowie Wohnungen in Fellbach und Weinstadt. Im Gegensatz zu dem Angeklagten kamen die vier kurze Zeit später wieder frei. Insgesamt sind 13 Verhandlungstermine geplant, ein Urteil ist wohl frühestens im Januar zu erwarten.

Merkmale für Mord

Habgier
 Um einen Gewalttäter des Mordes zu verurteilen, müssen bestimmte Motive bei der Verübung des Tötungsdelikts erkennbar sein. Umgangssprachlich spricht man von Mordmerkmalen. Dazu zählt zum Beispiel Habgier. Konkret greift dieses Merkmal, wenn der Täter jemanden umbringt, weil er sich dadurch bereichern möchte. Ein typisches Beispiel ist der Raubmord.

Verdeckungsabsicht
 Aber auch eine Verdeckungsabsicht zählt zu diesen Merkmalen. Durch die Tötung eines Menschen erhofft sich der Täter, ein anderes Verbrechen zu vertuschen und sich dadurch der Strafverfolgung zu entziehen.