Insgesamt 1 202 von Gewalt betroffene Frauen und 1 544 Kinder haben in Baden-Württemberg 2021 Zuflucht in einem Frauenhaus gesucht. Foto: Maja Hitij/dpa

Der Verein Frauen für Frauen wartet seit einem Jahr auf eine Finanzierungszusage für ein zweites Frauenhaus. Die scheint allerdings unwahrscheinlicher denn je. Doch der große Aufschrei und die Unterstützung aus der Politik bleiben aus. Das ist beschämend.

Jede dritte Frau erlebt mindestens einmal im Leben Gewalt in der Partnerschaft. Das Bundeskriminalamt erfasste vergangenes Jahr 143 000 Fälle. Die Betroffenen kommen aus allen sozialen Schichten. Allein in Baden-Württemberg suchten 1202 von Gewalt betroffene Frauen und 1544 Kinder 2021 Zuflucht in einem Frauenhaus. 139 Frauen starben an Femiziden. Sie wurden von ihren Partnern oder Ex-Partnern getötet, weil sie Frauen waren. Es sind erschreckende Zahlen. Zahlen die wachrütteln sollten, doch sie tun es nicht. Zumindest nicht genug. Das zeigt der kräftezehrende und nicht allzu aussichtsreiche Kampf des Vereins Frauen für Frauen um ein weiteres Frauenhaus, das dringend gebraucht wird.

Im Landkreis Ludwigsburg leben aktuell etwas mehr als 550 000 Menschen. Es ist bundesweit der sechstgrößte Landkreis. Dennoch gibt es nur ein Frauenhaus mit gerade mal 19 Plätzen. Das ist zu wenig. Viel zu wenig. Frauen, die Zuflucht suchen und dringend brauchen, müssen abgewiesen werden. Doch auch anderswo ist die Nachfrage um ein Vielfaches höher als das Angebot. Die Recherche auf der Plattform www.frauenhaus-suche.de zeigt: Bundesweit gibt es rund 400 Frauenhäuser. In Baden-Württemberg sind es 43, doch nur Heilbronn und Karlsruhe bieten aktuell freie Plätze. Neun Häuser machen keine Angaben zu Kapazitäten, 32 sind belegt. Ludwigsburg gehört dazu.

Dass der Verein Frauen für Frauen inzwischen seit einem Jahr auf eine Finanzierungszusage wartet, ist beschämend und zeigt, welche untergeordnete Rolle das Thema bei Entscheidungsträgern auf den unterschiedlichsten Ebenen spielt. Das Land hat sogar einen Antrag der SPD, Frauenhäuser aus einem Topf einheitlich und sicher zu finanzieren, bis es eine bundeseinheitliche Förderung gibt abgelehnt.  Und der Bund spielt auf Zeit. Doch die läuft für die Ludwigsburger Akteure ab. Denn der Besitzer der Immobilie, für die bereits ein Vorvertrag abgeschlossen worden ist, wird nicht ewig warten. Ende März läuft die Frist aus.

Das wiederum scheint jedoch kaum einen zu interessieren. Opfer von Gewalt haben keine Lobby. Abgeordnete sollen sich für die Menschen in ihrem Wahlkreis einsetzen. Doch beim Kampf um Geld für ein zweites Frauenhaus sind alle recht schweigsam. Auch vom Landrat, der bei anderen Themen, den Entscheidungsträgern in Berlin und Stuttgart mit Nachdruck auf die Füße tritt, ist nicht viel zu hören. Keiner geht auf die Barrikaden. Keiner redet Klartext. Man könnte wie bei anderen Projekten ja auch Kontakte nutzen, um beispielsweise eine der vielen Stiftungen ins Boot zu holen, die in der Region ihr Füllhorn ausschütten. So wäre zumindest ein Teil der Finanzierung gesichert Schließlich geht es um Frauen und Kinder, die geschlagen, gedemütigt und terrorisiert werden. Und für die Untätigkeit und das Zögern von Politik und Gesellschaft schlimmstenfalls mit dem Leben bezahlen