Tatort Bahnhof: In Amberg gingen vier Asylbewerber auf Passanten los. Das hat die Debatte um Abschiebe-Regeln neu angefacht. Foto: dpa

Wer es mit Füßen tritt, hat den Sinn des Asylrechts nicht verstanden. Und soll deutliche Konsequenzen tragen, schreibt StN-Chefredakteur Christoph Reisinger in diesem Kommentar.

Stuttgart. - Um die Gewalt von Asylbewerbern gegen Passanten im bayerischen Amberg angemessen einzuordnen, sei daran erinnert: Sinn des Asylrechts ist es, politisch Verfolgte zu schützen. Soll das keine Leerformel bleiben, geht es nicht anders, als dass schon Asylbewerber diesen Schutz genießen. Einen Freibrief aber, Gastrecht und Gastgeber mit Füßen zu treten, sieht das Asylrecht nicht vor. Er wäre der aufnehmenden Bevölkerung niemals zuzumuten.

Kein Anspruch auf Asyl

Wessen Verfolgung in der Heimat nicht gegeben oder zumindest nicht von der Art war, als dass er die Großzügigkeit seines Gastlandes zu schätzen wüsste, der hat keinen Anspruch auf Asyl. Zumindest im moralischen, im gesellschaftlichen, im politischen Sinn.

Da hat Innenminister Horst Seehofer recht und mit dieser Sicht gewiss eine große Mehrheit der in Deutschland Lebenden auf seiner Seite – Asylbewerber und Asylanten inklusive. Nur, diesen Standpunkt zu vertreten ist das eine, ihn in rechtliche Kategorien zu gießen das andere – wesentlich Schwierigere.

In die nächstbeste Folterkammer?

Schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit schaffen Tritte gegen Passanten – so niederträchtig und unerträglich sie sind – noch keinen Grund, jemanden etwa in die nächstbeste Folterkammer abzuschieben. Das weiß der Innenminister. Außerdem kennt er die Defizite im Abschiebe-Vollzug.

Allzu starke Worte sind daher wenig glaubwürdig. Gefragt ist vielmehr die konsequente Anwendung des Abschiebegewahrsams auf gewalttätige Asylbewerber. Vernünftig wäre es außerdem – anders als heute –, Asyl verstärkt auch schon nach Gewaltvergehen zu verweigern, die mit weniger als einem Jahr Freiheitsentzug bestraft werden.

christoph.reisinger@stuttgarter-nachrichten.de