Mitarbeiter der Stadtverwaltung – hier Jürgen Holtz – kontrollieren auch den Max-Eyth-See regelmäßig. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Trotz des seit mehreren Wochen extremen Wetters ist in Stuttgart noch kein See gekippt. Man hofft aber, dass es möglichst bald etwas länger regnet. Sonst befürchtet man erneute Fischsterben.

Vielen Spaziergängern ist es bereits aufgefallen: Die meisten Bäche in Stuttgart sind ausgetrocknet oder nur noch kleine Rinnsale. Die Hitze und die Trockenheit, die schon seit Wochen anhalten, machen den Gewässern in der Landeshauptstadt zu schaffen. Ähnlich ist die Lage in den Seen in Stuttgart. Aufmerksam überwacht die Stadtverwaltung die Entwicklung der stehenden Gewässer. Und kann zumindest bis zum Freitagmittag keine Entwarnung geben: „Die Ökosysteme der städtischen Stillgewässer sind durch den fehlenden Niederschlag und die dadurch fehlenden Zuflüsse sowie die starke Sonneneinstrahlung momentan sehr belastet. Die Situation der Bäche und Seen ist daher insgesamt angespannt“, sagt die Pressesprecherin Jana Steinbeck. „Daher kontrolliert das Tiefbauamt wieder verstärkt die Stuttgarter Seen.“

Sauerstoffmesswerte „im Rahmen“

Der württembergische Anglerverein, der in der Stadt für die Hege und Pflege des Max-Eyth-Sees, der Parkseen am Bärenschlössle sowie der Vaihinger Seen zuständig ist, bestätigt, dass es insgesamt noch keine Notlage gebe: „Die derzeitigen Sauerstoffwerte in den Gewässern stellen für die Fische kein größeres Problem dar“, sagt Angelvereinvorsitzender Hans-Hermann Schock. Blaualgen, die sich bei solchen klimatischen Extremlagen in ruhigen Gewässern ohne ausreichend Frischwasser bilden können und die die Fische vergiften, seien bisher nicht festgestellt worden. Insgesamt kommt Schock zur vorläufigen Bestandsaufnahme: „Erstaunlicherweise sind die Seen in einem Zustand, der nicht kritisch ist. Die Sauerstoffwerte sind bisher im Rahmen.“

Doch er blickt im Falle des Max-Eyth-Sees, dem langjährigen „Sorgenkind“ der Stuttgarter Gewässer, in dem es zuletzt im Sommer 2019 ein großes Fischsterben gegeben hat, nicht allzu zuversichtlich in die nähere Zukunft: „Das kann sich jederzeit ändern. Wir sind vor einem Fischsterben nicht gefeit.“ Schock ist gelinde ausgedrückt skeptisch, ob die rund 1,3 Millionen Euro, die die Stadtverwaltung seit dem bislang letzten großen Fischsterben den Schutz des Sees investiert hat, ausreichen, um die Wasserqualität dauerhaft zu stabilisieren.

Angler: See ist einfach nicht tief genug

Die Stadt hatte 2019 nach dem Kippen des Sees durch Blaualgen unter anderem einen Wasserkanal in Betrieb genommen, eine Möglichkeit geschaffen, frisches Brunnenwasser zuzuführen und zusätzliche Belüftungsanlagen angeschafft. „Der Max-Eyth-See ist einfach zu flach und bekommt zu wenig frisches Wasser“, sagt Schock mit Blick darauf und auf die maximale Wassertiefe von 2,30 Meter. Und er wiederholt die Forderung der Angler, aus Gründen des Tierschutzes den See an möglichst vielen Stellen mehr Tiefe zu geben. Vom Vorschlag eines von der Stadt in Auftrag gegebenen Gutachtens, wonach die Zusammensetzung der Fischpopulation geändert werden sollte, hält der Angelverein wenig. Die Sachverständigen hatten kritisiert, dass es im See überproportional viele Karpfen gebe. Um das ökologische Gleichgewicht im See zu verbessern, sollte die Karpfenpopulation reduziert werden. Von diesem Ratschlag halten die Angler allerdings wenig: „Wenn es ein Fischsterben gibt, liegt das nicht an den Fischen, sondern am zu hohen Nährstoffgehalt im See“, sagt Schock. Und er meint dabei vor allem die Fäkalien von etwa 300 Enten und zig Nilgänsen, die sich auf und am Max-Eyth-See zu Hause fühlten.

Blaualgen nur im Möhringer Probstsee

In diesem Sommer hat bisher lediglich der Probstsee in Möhringen größere Probleme. Vor wenigen Tagen waren in dem Gewässer Blaualgen aufgetaucht, die auch bei Menschen gesundheitliche Probleme auslösen können. Die Stadt reagierte, indem man die Besucher des Sees davor warnt, mit dem Wasser des Sees in Kontakt zu kommen. Mitarbeiter des zuständigen Tiefbauamts kontrollieren den Probstsee nun häufiger.

Hoffen auf „Landregen“ und Wind

Anglerchef Schock wünscht sich für die nächsten Tage vor allem eines: „Wenigstens etwas Wind, der dazu beiträgt, dass über die Wellen Sauerstoff in die Gewässer gelangt. Am besten wäre aber ein mehrtägiger, leichter Landregen.“ Danach sieht es nicht aus.

Vom Strandbad zum Landschaftsschutzgebiet

Max-Eyth-See
Das Gewässer ist ein zu Beginn des 20. Jahrhunderts künstlich angelegter See zwischen Hofen und Mühlhausen. Auf dem Gelände des heute etwas 600 Meter langen und bis zu 350 Meter breiten Sees wurde Kies abgebaut, von 1935 bis Kriegsbeginn war er ein Strandbad mit täglich bis zu mehreren Tausend Gästen. Im Jahr 1951 wurde der See unter Landschaftsschutz gestellt. Das weitläufige Gebiet ist ein beliebtes Naherholungsgebiet. Baden im See ist verboten. Wegen der laut Anglerverein gegenwärtig hohen E.coli-Bakterien-Messwerte, Krankheitserreger, die in Fäkalien vorkommen, sollten Besucher gar nicht näher in Kontakt mit dem Seewasser kommen

Fischbestand
Nach dem massenhaften Fischsterben scheint sich die Wasserfauna erholt zu haben. Karpfen dominieren den Fischbestand. Es gibt aber auch Giebel, Rotaugen, Rotfedern, Sonnenbarsche, Aale, Marmorgrundeln, Welse und Bitterlinge. Eine andere tierische Besonderheit: Es wurden am Ufer auch schon Eisvögel und Waldkäuze gesichtet