Das KH solle zum „Mittelpunkt der ambulanten Versorgung“ werden, sagte Klinikbürgermeister Föll. Die niedergelassen Ärzte sind deshalb sauer. Foto:Lg/Achim Zweygarth Foto:  

Die Äußerungen Michael Fölls, dass die Krankenhäuser mit den Jahren und Jahrzehnten „zum Mittelpunkt der ambulanten Versorgung“ werden, stößt auf erhebliche Kritik. Der Krankenhausbürgermeister kann die heftige Reaktion nicht nachvollziehen.

Stuttgart - Eine Äußerung von Krankenhausbürgermeister Michael Föll (CDU) bei der Vorstellung der jüngsten Neubaupläne für das Katharinenhospital (KH) haben in der Stuttgarter Ärzteschaft helle Empörung ausgelöst. Föll hatte erklärt, dass die Krankenhäuser mit den Jahren und Jahrzehnten „zum Mittelpunkt der ambulanten Versorgung“ werden. Die Stuttgarter Ärzteschaft sieht darin „eine Missachtung ihres Leistungsspektrums“.

Man sei „tief verärgert“, heißt es in einem Schreiben, das die Vorstände der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Baden-Württemberg, Norbert Metke und Johannes Fechner, sowie der Vorsitzende der Stuttgarter Ärzteschaft, Markus Klett, unterzeichnet haben. Föll spricht von einer „Überinterpretation“ und lädt zu einem klärenden Gespräch.

Schreiben in scharfem Ton

Es sollte eine von mehreren Erklärungen sein, warum die Neubaupläne für das Katharinenhospital ein weiteres Mal geändert wurden und man nun einen kompletten Neubau für 750 statt bisher für 430 Millionen Euro vorsieht. Dabei sagte der Krankenhausbürgermeister, dass die Trennung des ambulanten und stationären Bereichs der medizinischen Versorgung Schritt für Schritt fallen werde und sich die Krankenhäuser auf diese Rollenverteilung auch baulich einstellen müssten. So gehört zu den neuen Plänen ein zusätzliches Gebäude, in dem neben dem Zentrum für Nuklearmedizin auch sogenannte Portalpraxen von niedergelassenen Ärzten unterkommen sollen.

Dass dieser Satz eine so heftige Reaktion auslösen würde, hat der Krankenhausbürgermeister offensichtlich nicht erwartet. In dem Schreiben der Ärztevertreter heißt es in scharfem Ton, aus der Sicht der Ärzte und Psychotherapeuten in „mehr als 1000 Stuttgarter Praxen“ sei es an der Zeit darüber aufzuklären, „wer eigentlich den Löwenanteil der medizinischen Versorgung trägt“. Schließlich hätten diese im vergangenen Jahr „Leistungen in mehr als vier Millionen Behandlungsfällen erbracht“. Dazu kämen nochmals „rund 60 000 Fälle in den Notfallpraxen der Niedergelassenen nebst 20 000 Hausbesuchen in der Nacht und am Wochenende“.

Föll warnt vor einer „Überinterpretation“

Man habe auch keine Verständnis dafür, wenn die Politik auf der einen Seite eine wohnortnahe Versorgung fordere, diese aber der andere Seite aber offenbar „in den Krankenhäusern zentralisieren möchte“. Diese Haltung missachte die sinnvolle „Aufgabenteilung im Gesundheitswesen“. Zusätzliche Aufgaben für die Kliniken halten die Vertreter der niedergelassenen Ärzte ohnehin für wenig hilfreich, da die Krankenhäuser schon heute „die stationäre Versorgung nur mit größtem Aufwand aufrechterhalten können“. Vielerorts fehlten Ärzte und Pflegekräfte, weshalb diese jetzt schon „am Rande der Belastungsgrenze arbeiten“. Aus Sicht der Briefunterzeichner wäre ein „Mega-Medizinzentrum“ am KH aber auch aus Sicht der Patienten „eher eine Drohung als eine verheißungsvolle Zukunft“.

Der Angegriffene kann die Aufregungen über seine Äußerung nur bedingt nachvollziehen. Föll räumt zwar ein, dass er die Sache vielleicht etwas „prononciert und provokant formuliert“ habe. Dennoch hält er die heftige Reaktion der Ärzteschaft für eine reflexartige „Überinterpretation“. Natürlich habe er nicht gemeint, dass die ambulante Versorgung künftig in den Klinikbetrieb integriert werden sollte. Schließlich gebe es „viele Möglichkeiten der Kooperation“ von Niedergelassenen und Krankenhäusern, etwa durch Praxen im unmittelbaren Umfeld von Kliniken. Und er habe die Leistungen der niedergelassenen Ärzte „in keiner Weise schmälern wollen“, beteuert Föll.

Dennoch wäre es aus Sicht der Krankenhausbürgermeister „leichtfertig“, vor kommenden Strukturveränderungen die Augen zu verschließen. So betone etwa der neue Koalitionsvertrag von CDU und SPD in Berlin „die sektoral übergreifende Zusammenarbeit“ im Gesundheitswesen. Und schon heute leistete die Krankenhäuser einen „wesentlichen Beitrag zur ambulanten Versorgung“ der Bürger, etwa durch an Kliniken angesiedelte Ambulanzen und durch Notfallambulanzen nicht nur an Wochenende. Diese Tendenz werde sich verstärken, so Föll. Und häufig kämen Patienten, die sehr lange auf einen Termin beim Facharzt warten müssten, dann eben in die Notfallambulanzen der Kliniken.

Um die Verstimmung in der Ärzteschaft auszuräumen, werde er die Vertreter der KV zu einem Gespräch einladen, sagte der Krankenhausbürgermeister. „So ein Gespräch kann helfen, die bisherige Zusammenarbeit weiterzuentwickeln“, betonte Föll. Und klar sei auch. „Wir arbeiten am gleichen Ziel – der Sicherstellung der Patientenversorgung.“