Fachärztin Ursula Kurz plädiert für gesunde Ernährung und ein maßvolles Bewegungsprogramm wie „Die fünf Esslinger“. Foto: Gaby Weiß

Nur selten verbietet die Ärztin Ursula Kurz Patienten, die abnehmen wollen, ein Lebensmittel komplett. Zwischendurch ist Genuss erlaubt, danach ist aber wieder Disziplin angesagt.

Von Gaby Weiß

Esslingen - Mehr als die Hälfte aller Deutschen gilt als übergewichtig oder sogar fettleibig, jeder Dritte wäre gerne schlanker. Viele schwanken bei den Mahlzeiten ständig zwischen guten Vorsätzen und schlechtem Gewissen, zwischen Lust und Disziplin. Dabei ist das Körpergewicht eine höchst individuelle Sache, betont Ursula Kurz, Fachärztin für Innere Medizin und Diabetologie und Ansprechpartnerin für ernährungsmedizinisch bedingte Fragestellungen am Klinikum Esslingen: „Wenn es um das Gewicht und um das Halten des Gewichts geht, kommt es auf die genetische Veranlagung und auf die Körperkonstitution an und natürlich darauf, wie viel Energie man aufnimmt und verbraucht. Die Einstellung zu Sport und Bewegung ist ebenfalls wichtig: Hat jemand einen Beruf, in dem er hauptsächlich am Schreibtisch sitzt, bewegt er sich regelmäßig, macht er viel Sport? Auch die Lebensumstände spielen eine Rolle: Stress, Trauer oder auch Freude können Körpergewicht und Essverhalten beeinflussen.“

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Der Mensch muss essen und trinken, um zu existieren. Über das Überleben hinaus spielen beim Essen aber auch die Gefühle eine wichtige Rolle: Häufig essen wir nicht aus Hunger, sondern aus Frust, Kummer, Langeweile, Überforderung, Einsamkeit, als Belohnung oder aus purer Lust. „Das Gehirn meldet: Wenn ich satt bin, geht es mir gut“, erklärt Kurz. „Denn das Gehirn braucht, um zu funktionieren, an einem Tag fast die gleiche Menge an Energie aus Glukose, also Zucker, wie Herz, Lunge, Niere und Darm zusammen. Deshalb schmecken uns von Natur aus auch süße Sachen so gut. Und genau für dieses Wohlgefühl mischt die Industrie sehr viel Zucker als Geschmacksträger in ihre Fertiggerichte hinein.“

Erziehung prägt

Ernährung hat viel mit Erinnerungen an frühere Zeiten zu tun, betont Ursula Kurz und berichtet, dass Menschen, die in Kriegssituationen hungern mussten, oft eine ganz andere Beziehung zu Nahrungsmitteln haben als Jugendliche von heute, für die meistens alles im Überfluss vorhanden ist. Genauso können positive Erinnerungen ans Essen fürs Leben prägen: „Mit einem bestimmten Geburtstagskuchen oder mit einem sahnigen Kartoffelbrei verbinde ich das Gefühl von Geborgenheit in der Kindheit.“ Weil die Erinnerung an Nahrungsmittel häufig gedanklich an bestimmte Situationen geknüpft ist, gibt die Ärztin Eltern zu bedenken: „Wer seinem Kind, um es zu trösten, regelmäßig Schokolade oder Kekse gibt, riskiert, dass es auch fürs spätere Leben einen Automatismus entwickelt: Mir geht es schlecht, ich brauche etwas Süßes.“

Ursula Kurz empfiehlt jedem, sein Normalgewicht anzustreben. Orientieren kann man sich dabei am Body-Mass-Index, der aus Alter, Geschlecht, Körpergröße und Gewicht einen Richtwert errechnet. Und es geht keineswegs nur um Aussehen und Attraktivität: „Wer sehr viel mehr als das Normalgewicht auf die Waage bringt, belastet die Organe wie Herz, Lunge, Nieren, Leber und auch die Gelenke über Gebühr, was sich früher oder später rächen wird.“

Alte Gewohnheiten

Trotzdem verbietet Ursula Kurz ihren Patientinnen und Patienten eigentlich selten ein Nahrungsmittel oder ein Getränk komplett: „Wenn ich sage ‚Nie mehr Chips!‘, wächst die Lust auf Chips ins Unendliche. Die Dosis macht das Gift. Die Menge macht ein Nahrungsmittel bedenklich. Und Ausnahmen sind erlaubt. Am Geburtstag, bei einem Fest oder ab und zu auch mal zwischendurch darf man mit Lust genießen. Das bedeutet Lebensqualität. Aber hinterher ist wieder Disziplin angesagt: viel Gemüse unterschiedlicher Art zu jeder Mahlzeit und nicht jeden Tag Fleisch oder Fisch.“ Und die Ärztin weiß, dass eine Ernährungsumstellung für jede und jeden eine große Herausforderung darstellt: „Man muss sich klarmachen: Die Lebensgewohnheiten müssen dauerhaft geändert werden, und man muss das konsequent durchhalten. Das ist nie einfach. Aber wer das nicht tut, nimmt immer weiter an Gewicht zu, weil sich im Alter der Stoffwechsel verlangsamt, weshalb immer weniger Energie verbraucht wird.“ Bis sich eine Ernährungsumstellung eingespielt hat, braucht es Zeit: „Es dauert, eine lieb gewonnene Gewohnheit aufzugeben.“ Und die Gefahr, in alte Ernährungsmuster zurückzufallen, sei leider groß, weiß Ursula Kurz.

Sie bedauert, dass gesunde Lebensmittel wie Obst und Gemüse teuer sind und während der Corona-Krise noch teurer und damit für manche Familien fast unerschwinglich geworden sind. Und sie weiß auch, dass es viel Zeit und Aufwand benötigt, jeden Tag frisch und gesund zu kochen anstatt auf Fertiggerichte, die meist zu viel Zucker, Fett und Salz enthalten, zurückzugreifen: „Ich muss regelmäßig einkaufen, ich muss schnippeln, ich muss kochen, und ich muss hinterher wieder abspülen. Aber vielleicht kann man als Berufstätige Gemüse vorrichten, Mahlzeiten vorbereiten oder Essen vorkochen und sich so die Arbeit erleichtern.“

Obwohl viele wissenschaftliche Studien gemacht werden, liege im Bereich Ernährung vieles noch „im Graubereich“: „Wenn man wüsste, welche der unzähligen Ernährungsprogramme oder tausend verschiedenen Tipps immer und bei jedem Menschen funktionieren, könnte man vielen Übergewichtigen helfen, es besser zu machen – und man wäre reich und berühmt“, erklärt sie lachend. Ursula Kurz plädiert in Sachen Ernährung für Ausgewogenheit zwischen Lust und Disziplin: „Diszipliniert und maßvoll essen und trotzdem ab und zu lustvoll genießen.“

Virtuelles Forum Ernährung

Forum
Die Gemeinschaftsredaktion von Eßlinger Zeitung, Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten lädt am Donnerstag, 30. September, um 18 Uhr zum virtuellen Forum „Gesund leben“ ein. Es geht um Fragen zum Thema „Wie beeinflusst Ernährung unser Wohlbefinden?“. Das Gespräch ist live als Zoom-Meeting unter www.esslinger-zeitung.de/gesundleben-esslingen zu verfolgen.

Gesprächspartnerinnen
sind Ursula Kurz, Funktionsoberärztin, Fachärztin für Innere Medizin und Diabetologie am Klinikum Esslingen, und Simone Dünkler, Zahnärztin aus der Praxis am Schelztor. Moderiert wird das Meeting von EZ-Chefreporter Harald Flößer. Fragen können im Voraus gesendet werden an lokales@ez-online.de

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