Kassenversicherte müssen im neuen Jahr mehr zahlen Foto: dpa

Der Streit um steigende Gesundheitsausgaben erreicht den Bundestag. Dort gibt es eine Mehrheit gegen Zusatzbeiträge, aber die SPD will den Koalitionsbruch nicht riskieren.

Berlin - Weil die Ausgaben etwa für Kliniken, Ärzte, Arzneimittel und Krankengeld steigen, mussten zu Jahresbeginn fast alle Krankenkassen ihre Zusatzbeiträge erhöhen – also jenen Teil des Kassenbeitrags, den die Versicherten allein zu tragen haben. Seit Wochen tobt darüber ein heftiger Streit. Linke, Grüne und SPD fordern eine Rückkehr zur exakt hälftigen Aufteilung des Kassenbeitrags zwischen Arbeitnehmern und -gebern (im Fachjargon Parität genannt), CDU und CSU stemmen sich dagegen.

Am Donnerstag nun hat die Auseinandersetzung den Bundestag erreicht. Zur Debatte standen Anträge von Linken und Grünen, die sich beide für eine Rückkehr zur Parität aussprechen und zudem für eine Bürgerversicherung. In diese Versicherung müssten alle Bürger einzahlen, beispielsweise auch Beamte und Arbeitnehmer mit einem Entgelt von monatlich mehr als 4687,50 Euro. Für die Private Krankenversicherung (PKV) würde dies das Aus bedeuten.

Der Schlagabtausch gab einen Vorgeschmack auf das, was man in den anstehenden fünf Landtagswahlkämpfen zu hören bekommen dürfte. Sabine Zimmermann, Sozialexpertin der Linken, sprach von einer Aushöhlung des Solidarsystems durch den Zusatzbeitrag. Allein 2016 würden die Arbeitnehmer durch ihn 14 Milliarden Euro mehr in die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) einzahlen. Das sei ungerecht, zumal die Arbeitgeber das Geld nicht benötigten. „Unternehmerischer Erfolg hat sich noch nie durch niedrigere Sozialversicherungsbeiträge eingestellt“, behauptete Zimmermann.

CDU: Unternehmen weiter entlasten

Ähnlich argumentierte Maria Klein-Schmeink, Gesundheitsexpertin der Grünen. Angesichts der guten wirtschaftlichen Lage sei es an der Zeit, den Zusatzbeitrag als „Extra-Konjunkturbeihilfe“ zu streichen und wieder zur Parität zurückzukehren. Die Unternehmen könnten dies verkraften. So müsse ein bayerischer Handwerker seinem Gesellen bei einem Brutto-Stundenlohn von 13,50 Euro nur sechs Cent mehr zahlen, rechnete Klein-Schmeink vor.

Für die Unionsfraktion hielt unter anderen der Gesundheitsexperte Lothar Riebsamen (CDU) dagegen. Im globalen Wettbewerb bleibe es richtig, Unternehmen zu entlasten, so der Pfullinger. Er verwies darauf, dass die Arbeitgeber die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für bis zu sechs Wochen allein tragen. Es könne keine Rede davon sein, dass sie sich aus der Solidarität verabschieden. Zudem widersprach er der Erwartung, dass Arbeitnehmer mehr Geld übrig hätten, wenn der Zusatzbeitrag entfiele. Die Arbeitgeber würden die Rückkehr zur Parität bei Tarifverhandlungen einpreisen.

Und die SPD? Ihre Experten Karl Lauterbach und Hilde Mattheis ließen keinen Zweifel daran, dass auch sie den Zusatzbeitrag kippen wollen. Es sei richtig gewesen, dass Rot-Grün unter Gerhard Schröder den Sonderobulus 2005 angesichts von fünf Millionen Arbeitslosen eingeführt habe, so Lauterbach. Ebenso richtig sei es, ihn nun wieder zu streichen, da das Land wirtschaftlich blendend dastehe. Steigende Gesundheitsausgaben dürften nicht allein zulasten der Versicherten gehen.

Nur eine theoretische Mehrheit

Die SPD war also ganz nahe dran an Linken und Grünen. Würde sie mit ihnen gemeinsame Sache machen, gäbe es eine Mehrheit für die Rückkehr zur Parität. Weil dann aber die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD zerbrechen würde, wird daraus nichts. Dass Lauterbach versprach, mit der Union zu verhandeln, ist nicht mehr als Placebo.