Die Pflanze des Anstoßes Foto: dpa

Schwerkranken Patienten darf Cannabis verschrieben werden. Doch der Weg zum Medikament ist bisher fast unüberschaubar, wie eine Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag zeigt.

Berlin - Seit dem 10. März 2017 darf in Deutschland Cannabis „in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität“ für medizinische Zwecke schwerkranken Patienten verschrieben werden. Als letztes Mittel, natürlich. Denn Grasgenuss als Eigenzweck ist weiterhin verboten, sowie der Anbau an sich. Für die Behörden ist der Prozess daher alles andere als schmerzfrei - vielmehr ist er ein juristischer Balanceakt.

Wie genau er verlaufen soll, wollen die Politiker selbst ganz gerne wissen. In einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung hat die Linksfraktion knapp 20 unterschiedliche Fragen zur Beschaffung der Pflanze eingebaut. Die Antwort vom 22. September, mit kodierten Hinweisen auf Richtlinien, Paragraphen und Verordnungen, dürfte an sich betäubungsbedürftige Kopfschmerzen hervorrufen.

Hobbyzüchter haben keine Chance

Für den Anbau von medizinischem Cannabis in Deutschland, inklusive des ganzen Prozesses bis zur Abgabe an Großhändler und Apotheker oder Hersteller, ist die sogenannte „Cannabisagentur“ zuständig. Trotz des Namens betreibt diese Abteilung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) selbst keinen Anbau – sie beauftragt ihn nur. Aktuell führt die Behörde ein europaweites Ausschreibungsverfahren durch. Das ist aber nichts für Hobbyzüchter – die Bewerber sollen unter anderem Referenzen über Anbau und Lieferung von mindestens 50 Kilogramm Cannabis für medizinische Zwecken in den letzten drei Jahren nachweisen. Daher kommen nur einigermaßen große Unternehmen infrage. Die Bewerbungsfrist ist am 6. Juni abgelaufen, nun läuft die Bewertung der Bewerber.

Ob die Menge reicht, ist völlig unklar

Im Verfahren der Cannabisagentur sind zehn Lose mit unterschiedlichen Laufzeiten ausgeschrieben. Jedes davon soll eine Anbaumenge von je 200 Kilogramm Cannabis pro Jahr liefern. Über den Zeitraum von 2019 bis 2022 sollen daher insgesamt 6600 Kilogramm Cannabis für medizinische Zwecke in Deutschland angebaut werden. Sollte diese Menge nicht ausreichen, dürfte der fehlende Bedarf durch Import abgedeckt werden. Ob das reichen würde, ist schwer zu sagen. Die Frage der Linken wie viele Patientinnen und Patienten durch die ausgeschriebene Menge versorgt werden sollten, hat die Bundesregierung nicht beantwortet.

Bis 2019 sollen Patienten aber nicht warten. Die aktuelle Nachfrage soll bis dahin durch Import gedeckt werden. Unternehmen mit Sitz in Deutschland, die Interesse am Import haben, dürfen dafür eine Genehmigung beantragen. Dürfen, nicht müssen – der Staat ist zum Import nicht verpflichtet, er erlaubt es nur. Ob die Unternehmen dann auch Cannabis tatsächlich importieren, liegt an ihnen.

Aktuell kommt das medizinische Cannabis in Deutschland aus Kanada und den Niederlanden. Bedingung ist, dass das Herkunftsland ebenfalls eine Cannabisagentur hat. Zudem dürfen importierte Blüten nur aus einem Anbau für medizinische Zwecke stammen. So ist Uruguay als Importland ausgeschlossen, weil dort privater Kiffgenuss legal ist – obwohl es über eine Cannabisagentur verfügt und es dort genug von der Pflanze geben dürfte.