Bei allen Reformplänen: Das kleine Krankenhaus ist wichtiger denn je. Leonberg ist ein gutes Beispiel.
Dass die Reformpläne Karl Lauterbachs an den kleineren und mittleren Krankenhäusern im Allgemeinen und jenen des Klinikverbunds Südwest im Besonderen nicht spurlos vorbeigehen werden, ist schon seit Längerem absehbar gewesen. Wobei die Abkehr von der sogenannten Fallpauschale, die Behandlungen unabhängig von ihrer Komplexität und Dauer einmalig erstattet, ein positiver Aspekt dieser Reform ist.
Alternde Gesellschaft wird zur Herausforderung
Die Absicht aber, die Krankenhauslandschaft der Zukunft nur noch in hoch spezialisierten Zentralkliniken zu sehen, geht an den Bedürfnissen eines nicht unbeträchtlichen Teils der Menschen vorbei. Zumal damit der Eindruck erweckt wird, dass das Personal kleinerer Häuser gleichsam zweiter Klasse sei. Diese Form der Zwei-Klassen-Gesellschaft schadet nicht nur den Patienten, sondern treibt auch einen Keil zwischen die Beschäftigten der unterschiedlichen Häuser.
Vom Umstand, dass in einer rasant alternden Gesellschaft der Bedarf an wohnortnaher Versorgung, schon jetzt extrem hoch, in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird, ganz abgesehen. Alten Menschen kann nicht so ohne Weiteres zugemutet werden, womöglich jeden Tag längere Strecken zu einer Behandlung auf sich zu nehmen.
Doch nicht nur für Senioren ist der interne Schlüssel, wonach eine Klinik in einer halben Stunde erreicht werden sollte, oft eine Zumutung. Denn vermeintlich geringe Kilometerzahlen haben nichts mit der verkehrlichen Wirklichkeit auf unseren Straßen zu tun. Nicht nur die A 8, sondern auch die Nebenstrecken zwischen Böblingen und Leonberg, sind regelmäßig verstopft.
Dennoch wäre es fahrlässig, nur über die Schwachpunkte der nahenden Reform zu lamentieren, ohne sich darauf einzustellen. Der Klinikverbund und die Aufsichtsgremien haben also richtig gehandelt, sich mit Lohfert & Lohfert eines professionellen Beratungsunternehmens zu bedienen, das sich im Themenkomplex Medizin und Wirtschaft sehr gut auskennt. Das war in der Vergangenheit nicht immer so.
Um die wohnortnahe Klinikstruktur im Landstrich zwischen dem Schwarzwald und Stuttgart zu erhalten, bedarf es intelligenter Lösungen. Die könnten dergestalt gefunden werden, dass mit der künftigen Flugfeldklinik im Zentrum und starken Standorten in den Randgebieten ein leistungsfähiges Netz gestärkt und eine Kahlschlag-Politik vermieden wird.
Das Krankenhaus Leonberg spielt dabei eine gewichtige Rolle. Es sichert dem Klinikverbund eine nicht unbeträchtliche Patientenzahl aus den Bereichen Ludwigsburg und Pforzheim. Es verhindert zudem, dass viele Menschen von vorne herein in eine der Stuttgarter Kliniken gehen, die in der Regel besser zu erreichen sind als die in Böblingen.
Leonberg braucht Rund-um-die-Uhr-Betrieb
Das wiederum setzt voraus, dass Leonberg langfristig einen Rund-um-die Uhr-Betrieb mit starken Abteilungen benötigt. Erst unlängst sind eine zentrale Notaufnahme und eine Intensivstation nach neuesten Gesichtspunkten in Betrieb genommen worden. Die Gastroenterologie und die Bauchchirurgie haben großen Zulauf. Die Unfallchirurgie hat gerade erst einen neuen Chefarzt bekommen. Und seit der Einführung des hebammengeführten Kreißsaals kommen in Leonberg deutlich mehr Babys auf die Welt.
Der Klinikverbund handelt also im ureigenen Interesse, wenn er sein Leonberger Krankenhaus nicht der medizinischen Bedeutungslosigkeit preisgibt. Der Weg dorthin ist in dieser politisch wie fachlich äußerst schwierigen Situation lang und schwer, aber er lohnt sich.