Gertrud Gollhofer (rechts) unterrichtet seit rund 20 Jahren Yoga für Senioren – bei schönem Wetter auch auf der Wiese. Foto: Eva Herschmann

Gertrud Gollhofer passt die Inhalte der Übungsstunden beim Seniorentreff Oeffingen stets den Bedürfnissen der Teilnehmer an, so dass sich alle entspannen sowie Körper und Geist trainieren können.

Oeffingen - Die Sonne scheint am wolkenlosen blauen Himmel. Gertrud Gollhofer beschließt deshalb spontan, dass die grüne Wiese neben der Oeffinger Sporthalle an diesem perfekten Sommertag ein schönerer Trainingsort ist als der Spiegelsaal. Sie verlegt den Yoga-Kurs des Seniorentreffs Oeffingen kurzerhand ins Freie.

Yoga, sinniert Erika Morath auf dem kurzen Weg über die Albert-Eise-Straße sei ein weiter Begriff. „Das geht von verknoteten Beinen über das vom Fliegen träumen und in den großen Zeh atmen bis hin zu dem Yoga, das wir machen.“ Ganz individuell seien dessen Inhalte und zudem pragmatisch: Wer keinen Schneidersitz mehr hinbekommt, der bei einigen Entspannungsübungen zu Beginn der Stunde sowie den Atemübungen, den sogenannten „Pranayama“, verlangt wird, schnappt sich eben einen Hocker und setzt sich drauf. „Man erkennt beim Yoga seine Grenzen und lernt, sie zu akzeptieren“, sagt Gertrud Gollhofer mit einem Augenzwinkern, begleitet von fröhlichem Vogelgezwitscher.

Dem Alter der Yoga-Schüler entsprechend stellt sie die wöchentlichen Übungen zusammen

Seit mehr als 20 Jahren bietet die Oeffingerin Yoga für Senioren an, genauer gesagt Yoga Vidya. Die Lehre besagt, dass es nicht das Ziel ist, Körperpositionen von Anfang an möglichst exakt und zentimetergenau einzunehmen, sondern es vielmehr darum geht, Körpergefühl und Selbstwahrnehmung zu stärken. Derzeit kommen in den Kurs, den Gertrud Gollhofer jeden Dienstagmorgen anbietet, im Durchschnitt 15 bis 20 Teilnehmer, die zwischen 50 und 80 Jahre alt sind. Dem Alter der Yoga-Schüler entsprechend stellt sie die wöchentlichen Übungen zusammen. „Wir machen die vorgegebenen Asanas, die Yoga-Stellungen, mit Ausnahme von Kopfstand und Skorpion, und für die Krähe setzen wir uns auf einen Hocker, dabei werden die Fingerspitzen und Handgelenke genauso gut gedehnt“, sagt Gertrud Gollhofer.

Yoga ist eine lebendige Wissenschaft vom Leben, die vor Tausenden von Jahren ihren Ursprung in Indien hatte. Jeder kann Yoga praktizieren. Egal wie alt oder jung und ungeachtet der Kondition. Für Yoga werden weder eine bestimmte Ausrüstung noch spezielle Kleidung benötigt. Es braucht nur ein bisschen Platz und den Wunsch nach einem gesunden Leben – so wie bei den Senioren in Oeffingen.

Nicht nur die Gliedmaßen werden ins Training einbezogen, sondern auch die Sinnesorgane

Wie jede Woche beginnt auch die Yoga-Stunde auf der Wiese mit „Körperspürübungen“. Diese sollen dazu beitragen, dass jeder erst einmal „bei sich ankommt“, sagt Gertrud Gollhofer. Die Teilnehmer liegen entspannt auf ihren Matten und atmen ruhig ein und aus. „Jeder in seinem ganz eigenen Atemrhythmus“, sagt die Yoga-Lehrerin mit ruhiger Stimme, begleitet vom fröhlichen Gezwitscher einiger Spatzen in der Hecke. Ganz langsam kommt Bewegung in die Senioren. Zumindest in ihre Beine. Denn für die Krokodilsübung müssen sie erst das linke, dann das rechte Bein mehrmals hintereinander an den Oberkörper heranziehen.

Nicht nur die Gliedmaßen werden ins Training einbezogen, sondern auch die Sinnesorgane. Gertrud Gollhofer und ihre Schüler reißen die Augen auf und bewegen die Augäpfel: nach links, nach rechts, nach oben und nach unten. Als nächstes beginnen alle, sich die Ohrläppchen zu kneten und zu zupfen, und zum Schluss halten sich alle die Ohren zu und summen, um dem Widerhall im eigenen Körper nachzuspüren. „Das sind alles Reinigungsübungen“, sagt die Yoga-Lehrerin zufrieden.

Den Sonnengruß, obschon er an diesem Ort und bei diesem Wetter durchaus passend wäre, lässt Gertrud Gollhofer aus. Denn die Übung ist sehr komplex, besteht aus zwölf Bewegungen, die ineinander übergehen. „Das übt sich besser in der Halle“, sagt sie. Stattdessen richten sich die Frauen und Helmut Beiersmann, der einzige Mann im Kurs, im Drehsitz ein, der eine Wohltat für die Wirbelsäule ist.

Konzentration und Feinmotorik tun dem Gehirn gut

Einige Asanas später endet die Stunde. Nicht abrupt, sondern mit einer Nachentspannung, bei der die Teilnehmer auf ihren Matten liegen und nur ihrem Atem nachspüren. In absoluter Ruhe und Stille. Vom Vogelgesang rundherum abgesehen.

„Jetzt geht es mir gut. Ich bin nicht verschwitzt, aber ich fühle mich rundum durchgearbeitet und bewegt. Jetzt kann der Tag nur noch gut weitergehen“, sagt Erika Morath. Irene Birg und Rita Battistella nicken zustimmend, während sie ihre Matten einrollen. Man dürfe von Yoga keine Wunderdinge erwarten, sagt Gertrud Gollhofer derweil. „In erster Linie geht es ums Erhalten.“ Das gilt auch für die geistige Leistungsfähigkeit. Konzentration und Feinmotorik, die für die Übungen und Stellungen verlangt werden, tun dem Gehirn gut. „Es wird beweglich gehalten“, sagt die Yoga-Lehrerin.