2015 hatte der Supreme Court die gleichgeschlechtliche Ehe in allen Bundesstaaten für zulässig erklärt. Foto: dpa/Michael Reynolds

In den USA will das Repräsentantenhaus mit einem Gesetz einen weiteren gesellschaftspolitischen Rückschritt verhindern. Doch im Senat wird das womöglich keine Chance haben.

Der „Respect for Marriage Act“ braucht die Unterstützung von zehn republikanischen Senatoren, um die zweite Hürde im Kongress zu nehmen. Andernfalls droht der Gesetzentwurf zum Schutz der gleichgeschlechtlichen Ehe auf dem Friedhof im Senat gestorbener Initiativen aus dem Repräsentantenhaus seine letzte Ruhestätte zu finden. Der demokratische Senatsführer Chuck Schumer hat sich angesichts der Stimmenverhältnisse in dem 50 zu 50 gespaltenen Senat bisher nicht festgelegt, ob der das Gesetz überhaupt im Plenum behandeln wird. „Wir schauen uns alle Möglichkeiten an, mit dem Thema umzugehen.“ Angesichts der Haltung des „extremistischen Supreme Court“ müsse mit allem gerechnet werden. „Er ist sehr, sehr weit von der Lebenswirklichkeit der Amerikaner entfernt.“

Diskussionen über das Gesetz von 2015

Nach dem Abtreibungsurteil vom Mai, das den Zugang zur straffreien Abtreibung für mehr als die Hälfte der Amerikanerinnen im geburtsfähigen Alter blockiert oder massiv eingeschränkt hat, erklärte Richter Clarence Thomas, das Urteil zur gleichgeschlechtlichen Ehe (Obergefell v. Hodges) von 2015 gehöre ebenso auf den Prüfstand wie der Zugang zu Verhütungsmitteln.

Innerhalb der republikanischen Fraktion im Repräsentantenhaus machten die 47 Stimmen für den „Respect for Marriage Act“ rund ein Viertel der Abgeordneten aus. Minderheitsführer Kevin McCarthy und dessen Stellvertreter Steve Scalise stimmten gegen den Gesetzesentwurf. Im Senat muss das Gesetz 60 von 100 Stimmen bekommen, damit ein Filibuster überwunden und es zur Abstimmung gestellt werden kann. Als hoffnungsvolles Zeichen werteten einige Analysten den Umstand, dass Minderheitsführer Mitch McConnell das Gesetz nicht unmittelbar für erledigt erklärt hatte.

Dagegen stellte sich Senator Ted Cruz aus Texas auf die Seite von Richter Thomas, als er am Wochenende erklärte, der Supreme Court habe „Obergefell“ „eindeutig falsch“ entschieden. Allerdings sei durch die vielen gleichgeschlechtlichen Eheschließungen eine Situation entstanden, die sich schwer rückgängig machen ließe. Bis jetzt jedenfalls zeichnet sich keine Dringlichkeit bei den Republikanern im Senat ab, den „Respect for Marriage Act“ zu unterstützen.

„Heute haben wir einen wichtigen Schritt unternommen“

Tim Lindberg, der sich an der University of Minnesota in Morris mit LGBTQ-Politik befasst, meint, insbesondere beim Thema gleichgeschlechtliche Ehe hätten sich in der Bevölkerung die Ansichten gewandelt. „Es besteht kein Risiko, das zu unterstützen“, sagte er der „New York Times“. Dagegen könnte es politisch zurückfeuern, „wenn sie sich zu weit nach rechts bewegen“. Der vom Repräsentantenhaus beschlossene Gesetzesentwurf sieht vor, den „Defense of Marriage Act“ von 1996 aufzuheben, der eine Ehe als Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau definiert hat. Trotz mehrerer Gerichtsentscheidungen steht das Gesetz immer noch in den amerikanischen Gesetzbüchern. Ferner weist der „Respect for Marriage Act“ die US-Regierung an, eine in einem Bundesstaat gültig geschlossene Ehe USA-weit anzuerkennen. Damit wären die in 30 Bundesstaaten möglichen gleichgeschlechtlichen Ehen geschützt.

„Heute haben wir einen wichtigen Schritt unternommen, viele Familien und Kinder zu schützen“, erklärte der New Yorker Abgeordnete und Vorsitzende des Rechtsausschusses im Repräsentantenhaus, Jerrold Nadler. Das Weiße Haus begrüßte den Gesetzentwurf und erklärte seine Unterstützung.