Sich nur um die bekannten Spitzenwerke einer Epoche zu kümmern, das war Frieder Bernius immer zu wenig. Der Gründer des Stuttgarter Kammerchors und des Stuttgarter Barockorchesters sieht da die Gefahr der Verengung. Nun bekleidet er ein neues Amt.
Stuttgart - Der Dirigent Frieder Bernius führt als neuer Präsident die Geschicke der Gesellschaft für Musikgeschichte Baden-Württemberg. In den vergangenen drei Jahrzehnten habe sich Bernius erfolgreich für die Wiederentdeckung von Werken zahlreicher Komponisten aus dem Südwesten eingesetzt und diese der Musikwelt wieder ins Bewusstsein gerufen, lobt die Gesellschaft. „Mit ihm übernimmt ein Musiker und ausgewiesener Fachmann für die Musikgeschichte Baden-Württembergs das Amt, der sich in Theorie und Praxis gleichermaßen auskennt.“
Die 1993 gegründete Gesellschaft hat es sich zum Ziel gesetzt, die Geschichte der Musik im Land zu erforschen, die landeskundlichen Quellen wissenschaftlich zu erfassen und die musikalischen Denkmale des Landes zu erhalten und zu erschließen. Musikgeschichte will sie als Grundlage musikalischer Praxis verstanden wissen.
Gegen die Gefahr der Abnutzung
„Die Geschichte der Musik wird nach mehrheitlicher Meinung von einem Geniekult bestimmt“, sagte der 1947 in Ludwigshafen geborene Frieder Bernius. Einzelne Köpfe ragten aus ihren Epochen heraus. Sie seien aber in einem Umfeld aufgewachsen, ohne das sie nicht die richtige Unterstützung ihrer einmaligen Fähigkeiten erhalten hätten. „Dieses Umfeld zu erkunden, kann genauso neugierig machen wie von Meisterwerken gefesselt zu werden“, sagte Bernius. „Sich allein an herausragenden Werken einer Epoche zu orientieren, birgt die Gefahr einer Verengung des Repertoires und der Abnutzung.“
Bernius hat unter anderem den Kammerchor Stuttgart gegründet sowie 1987 die Internationalen Festtage Alter Musik Stuttgart (heute: Festival Stuttgart Barock) und vier Jahre später das Barockorchester sowie die Klassische Philharmonie Stuttgart.