In Ditzingen gibt es acht stationäre Anlagen, in Weil der Stadt keine einzige: Die Anzahl der Blitzer rings um Leonberg ist extrem unterschiedlich. In der Landeshauptstadt gibt es Anlagen an 20 verschiedenen Standorten.
An Blitzern scheiden sich seit jeher die Geister. Sie sollen dafür sorgen, dass Geschwindigkeitsgrenzen eingehalten werden, und damit Menschen vor Gefahren, Lärm und Feinstaub schützen. In Anbetracht von weiter sinkenden Höchstgeschwindigkeiten selbst auf Hauptstraßen und zugleich immer mehr Messanlagen fühlen sich Autofahrer auch abgezockt. In Renningen wurde jüngst ein neuer Blitzer für den südlichen Ortsausgang beschlossen, innerhalb des Stadtgebiets sind es dann vier an der Zahl. Wird die Stadt damit zur Blitzerhochburg? Oder sind das im Vergleich sogar wenige?
Wo wird besonders viel geblitzt? Die Städte Renningen, Weil der Stadt, Korntal-Münchingen, Gerlingen und Ditzingen im ehemaligen Landkreis Leonberg sind alle ähnlich groß. Fast alle haben zwischen 18 000 und 20 000 Einwohner, knapp 24 000 sind es in Ditzingen. Die Zahl der Blitzer ist aber sehr unterschiedlich. In Ditzingen ist die Anzahl mit acht Messanlagen mit Abstand am höchsten. Zum Vergleich: Leonberg mit ziemlich genau doppelt so vielen Einwohnern betreibt neun Blitzer. In Korntal-Münchingen gibt es fünf stationäre Anlagen. Renningen ist dabei, aufzuholen. Im Stadtgebiet gibt es aktuell drei von der Stadt betriebene Blitzer, auf der an Renningen vorbeiführenden B 295 gibt es einen weiteren vom Landkreis. In wenigen Wochen kommt ein neuer am südlichen Ortsausgang hinzu.
Die Schlusslichter bilden Gerlingen und Weil der Stadt. Der Landkreis Ludwigsburg betreibt in Gerlingen zwei Blitzer, in Weil der Stadt gibt es keinen einzigen stationären Blitzer. „Auf den kommunalen Straßen werden aber regelmäßig mobile Messungen durchgeführt“, sagt Daniel Grömminger, Leiter des Bürger- und Ordnungsamts.
Stuttgart übrigens betreibt stationär an 20 Standorten insgesamt 35 Messplätze, die zum Teil im Wechselbetrieb funktionieren.
Wer entscheidet über die Aufstellung? Es kommt darauf an, wer für die jeweilige Straße zuständig ist. Bei Gemeindestraßen entscheiden die örtlichen Gremien. Handelt es sich um eine Kreis-, Landes- oder Bundesstraße, auch wenn diese innerorts verläuft, haben andere Behörden den Hut auf. Die Anregung für eine Geschwindigkeitsüberwachung kommt zwar auch dann oft von der betroffenen Kommune, weil die Auswirkungen dort am ehesten sichtbar sind. Dass dann auch eine Messstation kommt, ist aber kein Automatismus. In Renningen beispielsweise beantragte die Stadt vor einigen Jahren eine Messstation an der Nord-Süd-Straße, einer Umgehungsstraße zwischen den Ortsteilen Renningen und Malmsheim. Das Landratsamt überprüfte die Situation unter anderem mit mobilen Messungen und kam zu dem Schluss, dass dort kein fester Blitzer erforderlich sei.
Welche Gründe gibt es für Blitzer? „Stationäre Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen werden grundsätzlich zur Gefahrenabwehr konzipiert“, sagt Oliver Hillinger aus Stuttgart. Dazu zählen Unfallschwerpunkte, aber auch Emissionsschutz, also Schutz vor Lärm oder Luftverschmutzung. Ausschlaggebend ist, „dass zur Gefahrenabwehr keine anderen Maßnahmen nachhaltig greifen oder möglich sind“. Solche Maßnahmen können zum Beispiel bauliche Veränderungen sein, mobile Überwachung sowie Polizeikontrollen.
„Die beiden Blitzer in Gerlingen gibt es schon über 30 Jahre“, sagt zum Beispiel die dortige Pressesprecherin Sofie Neumann. „Die Gründe für die Aufstellung waren: Unfallhäufigkeit, hohe Geschwindigkeiten und dadurch verursachter Lärm, Anwohnerbeschwerden und hoher Verkehrsdurchfluss.“ In Renningen gibt es noch einen zusätzlichen Grund: An den Ortseingängen Rutesheimer Straße und Leonberger Straße ist die Durchfahrt für Lastwagen verboten. Die dortigen Blitzer erfassen daher auch Schwerlastverkehr.
Wie entscheidend ist die Geschwindigkeit? Besonders an Unfallschwerpunkten und Gefahrenstellen können angepasste Geschwindigkeiten Leben retten. „Der Unterschied, ob ein Auto 50 oder 30 Kilometer pro Stunde fährt, ist für den Unfallbeteiligten sehr groß“, sagt Martin Killinger, Erster Beigeordneter von Rutesheim. Die Stadt betreibt einen einzelnen Blitzer. „Ein bisschen schneller ist dann leider viel zu schnell.“ Springe jemandem ein Kind vors Auto, sei die Ausgangsgeschwindigkeit entscheidend. Denn bei schnellerem Fahren verlängert sich nicht nur der Bremsweg selbst auf trockener Fahrbahn. Auch die zurückgelegte Strecke in der Reaktionszeit ist länger. „Bereits bei einer Aufprall- beziehungsweise Kollisionsgeschwindigkeit ab 50 Kilometern pro Stunde ist jeder zweite Unfall tödlich.“
Ein ähnlicher Effekt entsteht beim Lärmausstoß. „Aus einer Geschwindigkeitsbeschränkung von Tempo 50 auf Tempo 30 resultiert eine Pegelminderung zwischen zwei und drei Dezibel.“ Das klingt wenig. In der menschlichen Wahrnehmung bedeuteten drei Dezibel aber eine Halbierung der lärmverursachenden Verkehrsmenge.
Wie hoch sind die Einnahmen? Jeder Blitzer hat zwei Seiten: Auf der einen stehen Menschen, die sich Schutz vor schweren Unfällen, weniger Lärm und saubere Luft wünschen. Auf der anderen zahlreiche Autofahrer, die sich als Goldesel für klamme Kommunen fühlen, wenn ein Blitzer zum Beispiel hinter Bäumen und Büschen versteckt oder extrem nah am Ortsschild platziert wird. Manchmal handelt es sich sogar um denselben Personenkreis. Auf welcher Seite man auch immer steht, die Einnahmen aus den Messanlagen sind jedenfalls nicht ohne.
Erwartungsgemäß groß sind die Zahlen in der Landeshauptstadt. 7,23 Millionen Euro kommen dort durchschnittlich pro Jahr an Bußgeldern zusammen, wobei die Zahlen von 2017 (acht Millionen) bis 2019 (6,3 Millionen) bereits vor Corona deutlich zurückgegangen sind. In Leonberg sind es jährlich knapp 250 000 Euro, in Ditzingen trotz der acht Blitzer „nur“ 130 000 Euro. Signifikant hoch sind die Zahlen in Korntal-Münchingen, hier liegen die Einnahmen aus Bußgeldern bei rund 400 000 Euro. Ein Grund dafür könne laut Stadtverwaltung sein, dass die Geräte jeweils in beide Richtungen blitzen.
In Renningen rechnet die Stadt aktuell mit Einnahmen in Höhe von 170 000 Euro. „Darin enthalten sind aber auch die mobilen Messungen des Landratsamtes in den gemeindeeigenen Straßen, die durch unsere Bußgeldstelle verarbeitet werden“, sagt die Pressesprecherin Theresa Finkenauer. Aus diesem Grund hat auch Weil der Stadt jährlich geringe Einnahmen im niedrigen fünfstelligen Bereich. Die Einnahmen sind allerdings keine Reinerlöse. Die Bearbeitung der Fälle verursacht unter anderem einen erhöhten Verwaltungsaufwand, manche Kommunen benötigen für die Bearbeitung eigene Stellen im Rathaus.