Erzieher, Zeichner und Herausgeber: Andre Lux Foto: privat

André Lux reduziert die Welt aufs Wesentliche mit seinem Stabilo-Stift. Sein Strichmännchen „Egon Forever“ zeigt, dass es für gute Witze nicht viele Striche braucht. Da kommt der Punker in Lux zum Vorschein. Und der hat auch ein Buch herausgegeben, in dem Musiker ihre schlimmsten Bühnenstorys erzählen.

Egon kann man überall in dieser Stadt begegnen. Manchmal hängt er an Laternen, an Ampeln, dann taucht das Strichmännchen auf Stromkästen auf, er ist ein echter Stuttgarter. Mittlerweile lebt er in der „Titanic“, dem “Eulenspiegel“ und zwischen Buchdeckeln, nicht mehr nur auf Bäbbern.

Drei Striche, eine Geschichte

Kariertes Papier, ein Stift, mehr braucht Lux nicht. Geht ein Strich daneben, kommt Tipp-Ex drüber. Man darf ruhig sehen, wenn was nicht klappt. Das ist kein Zufall. Der Jugend- und Heimerzieher Andre Lux liebt und lebt Punk-Musik. Und spielt sie auch selbst. „Mehr schlecht als recht“, sagt er und grinst. So wie es sich gehört. In jedem Punk steckt ein aufrechter Dilettant. So wie er musiziert, zeichnet er. „Es geht darum, mit einfachen Mitteln eine Geschichte zu erzählen“, sagt er. Drei Akkorde, ein Song; drei Striche eine Geschichte.

Die Sache mit dem Cello

Während Corona ist er allerdings seinem Egon untreu geworden und hat sich seiner zweiten Liebe, der Musik, gewidmet. Mit dem Krefelder Comedian Johannes Floehr hat er „die schlimmste Bühnenstorys“ von Musikern, Künstlern und ihren helfenden Händen gesammelt und in dem Buch „Abendkasse“ gesammelt und herausgegeben. Judith Holofernes, Danger Dan, Deichkind, Ralph Rute, Micky Beisenherz, und viele lokale Helden.

Auch die zwölf Cellisten der Berliner Philharmoniker haben eine Geschichte erzählt. Als sie in Passau auftreten wollten, verfing sich der Stachel eines Cellos in einer Bodenrille. Der Cellist stürzte, ihm geschah nichts, aber das Cello war hinüber. 100 000 Mark Schaden. Und das Konzert drohte zu platzen. Schließlich reist kein Cellist mit zwei Instrumenten. Was also tun? Sie fragten die Gäste, ob einer ein Cello besitze. Tatsächlich, ein Zuhörer konnte helfen, fuhr heim und brachte fünf Minuten später sein Cello mit. Das Konzert konnte stattfinden.

Die Geburt von Egon

Am Freitag, 20. Mai (19.30 Uhr), stellen Lux und Floehr das Buch im Jugendhaus West vor. Manche Protagonisten werden dabei sein und ihre Geschichten lesen. Die Erlöse gehen an „Hand for a Hand“, eine Initiative, die Bühnenarbeiter, Licht- und Tontechniker und Stage Hands unterstützt, die ja während der Pandemie zwei Jahre keine Einnahmen hatten.

Lux ist in Wildberg bei Calw aufgewachsen. Als Elfjähriger fand er es 1994 eine gute Idee, im Reli-Unterricht Strichmännchen zu malen. Sein Nachbar tat es ihm gleich. Und nannte seine Figur Hugo. Weil auch Schuljungen damals der Moderator Hugo Egon Balder ein Begriff war, trat Egon in das Leben von Lux’.

Wie Lux ist auch Egon ein wachsechter Schwabe, er sagt schon mal „bissle“ und „gell“. Wenn Egon Maultaschen ist, schwebt Gott über seinem Kopf und wundert sich: „Was sich wohl in diesen Maultaschen befindet“. Und Egon denkt sich, während er mampft: „Wie der des halt seit Jahrhunderten net checkt. LOL.“

Was war mit den Grizzlys?

Lux lebt in Bad Cannstatt, ist Jugend- und Heimerzieher. Seine Musik ist laut, sein Humor schräg, als Typ ist er eher leise. Viel Aufhebens macht er nicht um sich. Dass er mal in Kanada mit straffälligen Jugendlichen gearbeitet hat, wochenlang in einer Hütte nahe des Polarkreises mit ihnen wohnte, während draußen die Grizzlybären umherschlichen, erzählt er so nebenbei. An einer Grundschule arbeitet er momentan als pädagogische Fachkraft, zwischendurch hatte er sich auch einmal in einer Online-Agentur versucht. Weil er neugierig war. Und weil er wissen wollte, „wie es ist, mehr Geld zu verdienen“. Aus diesen Erfahrung heraus entstand sein Comic-Buch „Lars – Der Agenturdepp“. Er beschreibt seinen Berufsalltag, Meetings am Abend, Arbeitstage bis in die Nacht hinein, Werbesprech, überforderte Chefs.

Die Suche nach dem Sinn

Ein Jahr hielt Lux es aus, dann muss er raus. Weniger Geld, aber mehr Sinn im Leben. Wenngleich er immer noch damit hadert, warum die Gesellschaft, Menschen die Menschen helfen weniger bezahlen will, als Menschen, die Webseiten verbessern. Mittlerweile arbeitet er in einer Grundschule, ist glücklich dort. Und malt weiter seine Strichmännchen. Wenn er nicht Geschichten von Musikerkollegen sammelt.