Anja Müller Foto:  

Jeden Sonntag geht eine neue Geschichte von Anja Müller alias „Oma, die Schreibtante“ online. Die 53-jährige Frau aus Leinfelden-Echterdingen hat damit begonnen, weil sie ihrer ersten Enkeltochter etwas mitgeben möchte. Was genau?

Leinfelden-Echterdingen - In Anja Müller schlummern viele Geschichten. Woher diese genau kommen, ist ihr manchmal schleierhaft: „Die Idee dafür kann durch eine Kleinigkeit entstehen, die mir passiert ist, oder aber sie ist einfach da und muss raus“, sagt sie. Oftmals fühle sie sich nach dem Schreiben einfach leichter – wenn ihre Gedanken Struktur bekommen haben.

Geschrieben hat die gelernte Floristin, die zwischenzeitlich auch vier Jahre als Bestatterin gearbeitet hatte, schon immer, wie sie sagt. Doch mit ihrem ersten Enkelkind kam ihr die Idee, Geschichten aufzuschreiben und in einen Ordner zu packen. „Für meinem Sohn hatte ich immer Gute-Nacht-Geschichten erfunden, aber nie aufgeschrieben“, erzählt die 53-Jährige bei einem Kaffee auf ihrer Terrasse. Für die erste Enkeltochter wollte sie vor drei Jahren etwas schaffen, dass sie ihr „mitgeben“ kann.

Mehr als 150 Geschichten warten online

Entstanden ist daraus mittlerweile ein Blog mit mehr als 150 Geschichten, auf den jeden Sonntag rund 60 bis 70 Leser zugreifen, montags sind es noch mal 30 bis 40. Die Reichweite ihrer Facebook-Seite ist mit rund 1200 Abonnenten noch weiter. „Durchschnittlich erreiche ich sonntags durch die Facebook-Gruppe Filder-Pinnwand 4000 bis 5000 Menschen“, sagt Anja Müller. Likes gebe es regelmäßig, Kommentare weniger. Einmal kam allerdings ein Shitstürmchen auf: „Ich habe eine Geschichte geschrieben, in der Noah aus Schusseligkeit ein paar Tiere vergisst, und Gott deshalb flucht.“ Das sei ihr dann in einem Kommentar als böse Gotteslästerung ausgelegt worden.

Wie geht sie mit so etwas um? „In dem Fall hab ich alles richtig gemacht“, sagt sie. Denn ihre Geschichten seien ja schließlich erfunden und Noah habe nicht bösartig gehandelt. „Vielmehr ging es mir darum zu erklären, wie es passieren konnte, dass Tiere aussterben“, erklärt die Autorin. Jeden Sonntag nach dem Frühstück setzt sich die Stettenerin an ihren Schreibtisch und fängt an, zu schreiben. Meist anderthalb bis drei Stunden, je nachdem, wie es flutscht. „Vor allem wenn ich eine Botschaft mit in meine Geschichte packen will, dauert es meist länger.“ Und wenn sie mal keine Lust hat? „Dann schreib’ ich erst recht“, sagt sie.

Die Kinder sollen selbst nachdenken

Auf diese Weise entstünden auch mal Erzählungen, die nicht nur für Kinder sind – wie zum Beispiel ihr Text über eine Schreibblockade oder Texte über Trauer und den Tod. Manchmal wisse sie anfangs gar nicht, wie eine Geschichte ausgeht: „Meist brauch’ ich nur den Anfangssatz, und dann entwickelt sich etwas aus mir heraus.“ Viele ihrer Geschichten drehen sich um Tiere oder Kinder, die Werte wie Toleranz, Mut oder Selbstliebe transportieren. In Zeiten von Youtube, Instagram und so weiter gehe ein Teil der Wahrhaftigkeit verloren, findet sie. „Ich möchte Kinder dazu bringen, selbst nachzudenken, ohne dass sie über jedes Stöckchen springen, das ihnen hingehalten wird.“

Dass ihre Geschichten gut ankommen, merkt sie nicht nur online: Zweimal im Jahr liest sie vor Kindern, einmal beim Apfelfest und einmal bei der Adventsausstellung im Blumenladen, in dem sie arbeitet. „Kinder sind so ehrlich, da bekommt man ein direktes Feedback – wem es nicht gefällt, der steht halt auf und geht“, wie sie sagt, „doch zum Glück gefällt es ihnen meistens“.

Den Blog von Anja Müller alias „Oma, die Schreibtante“ findet man im Netz.