Zwiebeln haben ihren festen Platz im kulinarischen Repertoire von Jörg Ilzhöfer. Foto: privat

Zwiebeln sind aus der Küche nicht wegzudenken, obwohl beim Schneiden häufig Tränen fließen. Den Esslingern hat das würzige Lauchgewächs ihren Spitznamen „Zwieblinger“ eingetragen. Wer aufmerksam durch die Stadt geht, kann das an allen Ecken und Enden erleben.

Zwiebeln – mit Eiern, Schmand und Kümmel als würziger Kuchen gebacken, sanft geschmort oder kross frittiert als Beilage zum Rostbraten, roh und fein gewürfelt als aromatische Zutat im Salat. In der Küche haben die scharfen Knollen jede Menge Fans, auch wenn beim Schneiden häufig die Tränen fließen. Werden jetzt in der kalten Jahreszeit die Gerichte wieder deftiger, hat die Zwiebel Hochsaison. Als natürliches Heilmittel wird sie wegen ihres hohen Gehalts an Senfölen geschätzt, und den Esslingern hat sie einst den Spitznamen „Zwieblinger“ eingebracht.

 

Auch abseits der Küchen ist die Zwiebel in Esslingen sehr präsent: Der Bildhauer Wolfgang Klein hat dem Gemüse aus der botanischen Familie der Allium-Lauchgewächse mit dem Zwiebelbrunnen Ecke Heppächer und Urbanstraße ein Denkmal gesetzt. Die Hästräger des hiesigen Faschingsvereins Zwieblingen heißen „Die Zwiebala“. In der Eßlinger Zeitung nahm einst der Journalist Werner Mey mit spitzer Feder als „Zwieblinger“ das Treiben der Stadtverwaltung aufs Korn. Und bis 2018 feierten die Esslinger und ihre Gäste im Sommer auf dem Marktplatz das „Zwiebelfest“.

Das Angebot an Zwiebeln wird immer vielfältiger

Aus der Küche ist die Zwiebel mit ihrem pikanten Aroma nicht wegzudenken. Der Esslinger Koch Jörg Ilzhöfer, der am Stuttgarter Marktplatz eine Kochschule führt, schätzt die Zwiebel als „Eins-A-Geschmacksträger“ und als Bindemittel: „Ein echtes ungarisches Gulasch besteht zur Hälfte aus Fleisch, zur anderen Hälfte aus klein geschnittenen Zwiebeln, die zerkochen, die Sauce andicken und ihr eine delikate und leicht süßliche Note verleihen.“

In der Küche kann die Zwiebel zum Beispiel beim Andicken von Gulasch helfen. Foto: Imago/Joannawnuk

Er freut sich, dass das Angebot an unterschiedlichen Sorten immer größer wird: „Die roten oder violetten Zwiebeln sind milder und ein wenig süßlich, man kann sie gut roh in den Salat geben, wo sie farblich ein toller Hingucker sind. Die kleinen hellen Schalotten haben eine leichte Schärfe und lassen sich prima in hellen Saucen verwenden.“

Jörg Ilzhöfer ist ein großer Fan von Frühlingslauch aus der gleichen botanischen Familie: „Der weiße Teil ist ein bisschen schärfer, die grünen Pflanzenteile sind milder. Fein geschnitten ist das eine tolle Dekoration auf vielen Gerichten. Wenn man die Zwiebelringle ganz kurz in der heißen Pfanne schwenkt, schmeckt das auf Bratkartoffeln oberlecker“, gerät er ins Schwärmen.

Zwiebeln schneiden ohne weinen – Tipps von Jörg Ilzhöfer

  • Ein scharfes Messer nehmen, das gut schneidet – sonst treten ätherische Öle als reizender Nebel aus
  • Eine gut sitzende Taucherbrille, die Augen und Nase bedeckt, funktioniert
  • In einer Küchenecke ohne Zwiebeldampf tief durchatmen
  • Die Tränen mit einem frischen Tuch abwischen, auf keinen Fall mit den Zwiebelhänden ins Gesicht fassen

Aus den weißen dünnschaligen Sorten bereitet Jörg Ilzhöfer ein helles Chutney zu: „Die geschnittenen Zwiebeln in Olivenöl andünsten, mit Zucker karamellisieren, es darf stückig bleiben, gut würzen. Sardelle oder Räucherforelle auf eine Scheibe Bauernbrot und dann das Chutney dazu – mega!“, verrät er einen Geheimtipp.

Die großen Gemüsezwiebeln sind im Vergleich zur Speisezwiebel ein bisschen milder. „Man nennt die großen auch Metzgerzwiebeln, weil die Metzger sie früher gern in ihren Fleischküchle oder Maultaschen verarbeitet haben: Das war praktisch, denn man schält eine große Zwiebel viel schneller als fünf kleine.“ Für Gulasch oder Zwiebelfleisch empfiehlt er jedoch die hellen, schärferen Speisezwiebeln: „Die haben Charakter.“

Jörg Ilzhöfer, der den Kochbuch-Klassiker „Kochen und backen lernen nach Grundrezepten“ der Esslinger Hauswirtschaftslehrerin Luise Haarer für eine Neufassung aktualisiert hat, schaut zurück: „Die Küchenzwiebel zählt zu den ältesten Gemüsesorten. In früheren Zeiten hatte man nur wenige Gewürze. Wenn man Glück hatte, Lorbeer oder Wacholder aus dem Garten. Da brachte die Zwiebel ein bisschen Schmackes ins Essen.“

Heute sei die Zwiebel fast zum Lifestyle-Produkt geworden, beobachtet er bei einem Rundgang auf dem Wochenmarkt: „Da gibt es oft zehn verschiedene Sorten nebeneinander. Roh, im Salat oder im Tatar sind sie geschmacklich gut zu unterscheiden. Aber verarbeitet – in der Tomatensauce, im Ragout, im Gulasch – kann nur noch ein ausgewiesener Zwiebelspezialist die Sorte herausschmecken.“

Zwiebeln sind der Tausendsassa in der Hausapotheke

Mit Zwiebeln im heimischen Gemüsebeet kann auch der Gartenneuling nicht viel falsch machen: Sie sind relativ anspruchslos, sie lassen sich aussäen oder über Steckzwiebeln heranziehen, sie sollten sonnig und nicht zu windgeschützt auf lockerem, unkrautfreiem Boden stehen. Erfahrene Gärtner pflanzen sie in Mischkultur mit Karotten oder Roter Bete, dann schützen die Pflanzen sich gegenseitig vor Schädlingen.

Wer immer ein paar Zwiebeln im Vorrat hat, besitzt eine natürliche Hausapotheke: „Bei uns zuhause gab es Zwiebelsaft gegen Husten. Der schmeckte grauslich, aber er hat geholfen. Genauso wie das Zwiebelsäckle bei Ohrenweh. Und ein frischer Insektenstich wurde mit einer frisch angeschnittenen Zwiebelhälfte eingerieben. Das riecht zwar kräftig, aber es lindert ziemlich wirkungsvoll das Jucken“, erinnert sich Jörg Ilzhöfer.

Warum die Esslinger „Zwieblinger“ heißen

Teufel auf dem Markt
Laut einer mittelalterlichen Sage kam eines Tages der verkleidete Teufel zu Besuch nach Esslingen. Auf dem Wochenmarkt staunte er über die frischen feilgebotenen Waren und bat eine Marktfrau um einen ihrer Äpfel zum Kosten.

List mit der Zwiebel
Die kluge Frau freilich hatte den Teufel trotz seiner Verkleidung an seinem Pferdefuß und am üblen Schwefelgeruch erkannt. Kurzerhand reichte sie ihm statt eines Apfels eine Zwiebel, in die der Teufel herzhaft hineinbiss.

Teufel verlässt die Stadt
Er schüttelte sich vor Abscheu und rief aufgebracht: „Das sollen eure Äpfel sein? Spott über euch Esslinger! Zwiebeln sind es, scharfe Zwiebeln. Und deshalb sollt ihr künftig nicht mehr Esslinger heißen, sondern Zwieblinger.“ Zornig verließ er schleunigst die Stadt und ließ sich nicht mehr sehen.