Burkhart Veigel Foto: privat

Burkhart Veigel half rund 650 Ostdeutschen in den Westen. Im Atrium erzählt er seine Geschichte.

Sillenbuch - Rund 650 Menschen dürften es sein, die Burkhart Veigel ihre Freiheit verdanken. Die vergangenen drei Jahrzehnte lebte Veigel in Sillenbuch und hatte eine Arztpraxis an der Kirchheimer Straße. Unter anderem versorgte der Orthopäde Menschen mit Sportverletzungen. Doch was kaum einer seiner Patienten wusste: In den 1960er-Jahren schmuggelte er von Berlin aus Ostdeutsche über die Grenze in den Westen und gilt seither als einer der erfolgreichste Fluchthelfer in der deutsch-deutschen Geschichte.

Bevor er nach Sillenbuch zog, studierte der gebürtige Stuttgarter Veigel an der Freien Universität in Berlin. Als im Jahr 1961 die Mauer gebaut wurde, half er einer studentischen Gruppe, Ostberliner FU-Studenten in den Westen zu schmuggeln. Westdeutschen war es nach wie vor erlaubt, die Grenze zu passieren. Als Läufer war es Veigels Aufgabe, gefälschte Pässe auf die andere Seite der Mauer zu bringen und den Flüchtlingen zu übergeben.

Nachdem Burkhart Veigel von Spitzeln der Stasi verraten wurde, verlegte er sich auf das Organisieren der Fluchten vom Westteil der Hauptstadt aus. So schleuste seine Gruppe Menschen im Armaturenbrett eines Cadillacs über die Grenze. Zudem beschaffte er einem französischen Soldaten, der ungehindert die Zonengrenze passieren durfte, einen Kastenwagen mit doppeltem Boden.

„Wege durch die Mauer“

So erfolgreich war Veigel, dass er DDR-Justizministerin Hilde Benjamin und dem Generalstaatsanwalt Josef Streit ein Dorn im Auge war. Benjamin wollte ihn tot sehen, wie sie in einem vertraulichen Gespräch mit Dorn äußerte. Eine Sekretärin belauschte es und warnte Veigel. Zweimal, davon ist Veigel überzeugt, versuchte die Stasi, ihn zu entführen.

Das Thema Fluchthilfe beschäftigt Veigel noch heute. Nachdem er die Sillenbucher Praxis an seinen Sohn übergeben hat, zog er 2007 nach Berlin, um mit Zeitzeugen zu sprechen und Archive zu wälzen. Entstanden ist ein 500 Seiten starkes Buch mit dem Titel „Wege durch die Mauer“. Dieses präsentiert er bei einer Veranstaltung im Sillenbucher Atrium.