Freuen sich auf eine Traumhochzeit: Die Märklin-Geschäftsführer Stefan Löbich (li.) und Wolfrad Bächle sprechen am Stammsitz Göppingen über die bevorstehende Übernahme. Foto: Leif Piechowski

Der Bobby-Car-Hersteller Simba Dickie wird den Göppinger Modellbahnhersteller Märklin übernehmen. Die Märklin-Chefs Wolfrad Bächle und Stefan Löbich sprechen über die Zukunft der Firma.

Göppingen - Der Bobby-Car-Hersteller Simba Dickie wird den Göppinger Modellbahnhersteller Märklin übernehmen. Die Märklin-Chefs Wolfrad Bächle und Stefan Löbich sprechen über die Zukunft der Firma.

Herr Bächle, Sie haben einmal gesagt, Sie seien mit Märklin mehr verheiratet als mit Ihrer Frau. Wie kam das zu Hause an?

Bächle: Diese Aussage stammt von meiner Frau und ist als Mahnung an mich zu verstehen. Das habe ich zur Kenntnis genommen. Denn sie hat recht. Ich arbeite seit 1990 bei Märklin. Ich bin mit dem Unternehmen durch alle Höhen und Tiefen gegangen. Da liegt es in der Natur der Sache, dass man nicht zu normalen Zeiten Feierabend macht.

Sie sprechen von Höhen und Tiefen. Die Übernahme von Märklin durch Simba Dickie wird in der Branche als Traumhochzeit gefeiert. Was macht den Zusammenschluss so traumhaft?
Löbich: Das Unternehmen ist einer der größten Spielwarenhersteller und befindet sich mit seinen Produkten nah am Modellbau. Außerdem ist Simba Dickie ein deutsches Familienunternehmen.

Kurt Seitzinger, Märklin-Insolvenzgeschäftsführer und heutiger Beirat, hat immer von einer Verschlankung der Geschäftsleitung gesprochen. Nun wird Ihnen Florian Sieber, Sohn des Simba-Dickie-Chefs, als dritter Geschäftsführer an die Seite gestellt. Warum?
Bächle: Kurt Seitzinger wurde vom damaligen Insolvenzverwalter Michael Pluta eingesetzt. Er hat das Ruder zu einer Zeit übernommen, als es 16 Bereichsleiter und vier Geschäftsführer gab. Insgesamt betrachtet sind wir heute also deutlich schlanker.

Und was kann Florian Sieber, was Sie nicht können?
Bächle: Das müssten Sie ihn fragen. Wir sehen es als große Wertschätzung für dieses Unternehmen, dass Simba-Dickie-Chef Michael Sieber seinen Junior entsendet. Er schickt uns nicht irgendwelche Berater, sondern sein Juwel. Das schafft Vertrauen für unser Unternehmen und gewährleistet eine gute Kommunikation zum Gesellschafter.

Man könnte es auch als Misstrauen werten.
Bächle: Das sehe ich nicht so. Für Simba Dickie ist Märklin ein hohes Engagement. Darum ist es klar, dass sie einen eigenen Mann hierher setzen wollen.

Wird Florian Sieber künftig den Finanzbereich verantworten?
Löbich: Das ist noch offen. Der juristische Kaufakt muss ja noch vom Kartellamt abgesegnet werden und wird frühestens in drei bis vier Wochen vollzogen sein. Wir werden am Ende ein gutes Dreiergespann sein. Florian Sieber ist ein junger Mann, der gut hier rein passt.

Womöglich zu jung? Er ist 28 Jahre alt.
Löbich: Nein. Wir wollen uns hier neu aufstellen. Unsere neue Strategie New Märklin geht in Richtung Jugend. Wir wollen stärker in die Kinderzimmer vordringen. Florian Sieber hat Erfahrung im Ausland, er wird uns sicherlich bereichern. Frisches und junges Blut ist gut für ein Unternehmen.
Bächle: Wir wünschen uns auch gewisse Synergien. So werden wir beispielsweise beim Einkauf künftig verbesserte Bedingungen erzielen können, wenn wir im Konzern bei unseren Lieferanten auftreten. Insbesondere im My-World-Segment hoffen wir, dass wir bessere Eintrittsmöglichkeiten in das ein oder andere Land finden werden.

Welche Länder schweben Ihnen da vor?
Löbich: Der südamerikanische Raum. Dort sind wir noch gar nicht vertreten. Brasilien ist beispielsweise ein riesiger und sehr interessanter Markt. Auch in Skandinavien können wir von Simba Dickie profitieren.
Bächle: Wir wollen mit Simba Dickie weiter wachsen. Eine gewisse Grundsanierung haben wir nun hinter uns. Darum haben wir auch immens dafür gekämpft, dass wir Simba Dickie hier Tür und Tor öffnen können.

Für die Mitarbeiter bedeutet dies, dass sie weiterhin Lohneinbußen hinnehmen müssen, obwohl Sie selbst sagen, dass Märklin kein Sanierungsfall mehr ist.
Bächle: Märklin kommt aus der Insolvenz. Es gibt für den neuen Eigentümer noch viel Investitionsbedarf. Da muss man schon schauen, wie man den Standort Göppingen sichern kann. Wir produzieren im Hochlohnland Baden-Württemberg sämtliche Produkte, die besonderes handwerkliches Geschick erfordern. Die Arbeitsplätze der Mitarbeiter am Standort sind durch den Haustarifvertrag mit Simba Dickie bis 2019 gesichert. Außerdem sieht unser Modell vor, dass wir die Mitarbeiter beteiligen, wenn wir erfolgreich sind. Dadurch kompensieren wir die sogenannten Lohneinbußen. Wenn wir unsere Erfolgsgeschichte fortschreiben, können wir überproportional bezahlen, und wenn es der Firma schlechter geht, müssen alle die gleichen Einschnitte hinnehmen.

2012 verzeichnet Märklin nach vorläufigen Zahlen einen Umsatz von 109 Millionen Euro und einen Gewinn von rund zehn Millionen Euro im Konzern. Das heißt: Es ist eine Sonderzahlung für die Beschäftigten drin?
Bächle: Davon können Sie ausgehen.


In Höhe von etwa 1,5 Monatsgehältern?
Bächle: Wir zahlen insgesamt inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Bonus in etwa gut ein Drittel mehr, als der Flächentarifvertrag dies vorsehen würde. Die endgültige Höhe der Sondertantiemen steht fest, sobald wir das testierte Ergebnis von 2012 vorliegen haben. Denn dies ist die Berechnungsgrundlage für den Bonus. Unser Ziel war, dass wir beim Gewinn die zehn Millionen nicht unterschreiten, und Sie können davon ausgehen, dass wir das auch geschafft haben.

Märklin will immer mehr Produktionsbereiche aus Fernost nach Deutschland beziehungsweise Ungarn zurückholen. Unterstützt Simba Dickie diese Strategie?
Bächle: Ja. Wir werden dieses Jahr einen größeren Erweiterungsbau in Ungarn vornehmen, um uns von China weiter zurückziehen zu können. In den eigenen Werken können wir eine bessere Qualität gewährleisten und Liefertermine besser einhalten. Was die Kostenstruktur angeht, sind wir in Ungarn heute so gut aufgestellt, dass wir mit den Chinesen mithalten können.

Bei der Termintreue gibt es Probleme mit den Chinesen?
Immer wieder, ja.

Bis wann wollen Sie sich komplett aus China zurückgezogen haben?
Löbich: Komplett werden wir uns nicht zurückziehen können. Es wird immer Sparten geben, die wir mit den Chinesen produzieren. Sämtliche wertige Produkte wollen wir künftig aber in Ungarn und in Deutschland herstellen.

Wie viele zusätzliche Arbeitsplätze wollen Sie mit dem neuen Werk in Ungarn schaffen?
Bächle: Dort werden wir im Laufe des Jahres 2014 zwischen 50 und 100 neue Mitarbeiter einstellen.

Und was für ein Wachstum versprechen Sie sich vom laufenden Geschäftsjahr?
Löbich: Wir wollen im oberen einstelligen Prozentbereich wachsen.

Welche Rolle spielt Ostern für Ihr Geschäft?
Löbich: Der Spielwarenverband rechnet damit, dass im Ostergeschäft acht Prozent des Umsatzes gemacht werden. Bei uns waren Januar und Februar schon sehr gute Monate, und wenn es weiterhin so winterlich ist, sind die Menschen auch noch länger motiviert, Modelleisenbahnen zu kaufen.

Also spielt das Wetter Ihnen in die Karten?
Löbich: Ja. Wenn es draußen eher trist ist, bekommen die Leute eher Lust, noch mal in den Keller zu gehen.
Bächle: (Lacht) Ich habe selbst eben erst wieder für knapp 2000 Euro Märklin-Produkte gekauft. Zur Freude meiner Frau.