Lernen soll so gut wie möglich organisiert werden, und für Schulbücher dürfen Lehrer kein Geld verlangen, fordern die Eltern. Foto: dpa

Als neue GEB-Vorsitzende wollen Kathrin Grix und Georg Lois sich dafür stark machen, dass die Lernmittelfreiheit an allen Schulen umgesetzt wird, dass bei der Ganztagsschule keine Mischklassen mehr gebildet werden und dass der Schulweg sicherer wird.

Stuttgart - Sie sind beide nicht unerfahren in diesem Geschäft, und sie haben beide klare Vorstellungen davon, wie sie der Stimme der Eltern Gewicht geben wollen: Kathrin Grix löst die langjährige Vorsitzende des Gesamtelternbeirats (GEB) der Stuttgarter Schulen, Sabine Wassmer, ab, als Stellvertreter steht ihr Georg Lois zur Seite. Die beiden vertreten die Interessen der Eltern an den 150 öffentlichen Stuttgarter Schulen. Besonders am Herzen liegen ihnen die Themen Bildungsgerechtigkeit, eine „verträgliche“ Umsetzung der Schulentwicklung, die Einhaltung der Lernmittelfreiheit und eine konstruktive Beratung durch die Lehrer.

Kathrin Grix ist von Beruf Grund- und Hauptschullehrerin, pausiert gerade, ihre Söhne sind sechs und zwölf Jahre alt. Der Kleine wird nächstes Jahr eingeschult, der Große besucht die sechste Klasse der Altenburgschule auf dem Hallschlag, wo Grix auch Elternvertreterin ist. Grix war bisher stellvertretende GEB-Vorsitzende. Die 37-Jährige engagiert sich nicht nur für Bildungspolitik, sondern sitzt seit März 2012 auch für die Grünen im Cannstatter Bezirksbeirat. Georg Lois hat drei Töchter, die bereits der Schule entwachsen sind, und einen 13-jährigen Sohn, der die achte Klasse im Königin-Katharina-Stift besucht. Der 54-Jährige ist seit acht Jahren Elternbeiratsvorsitzender und seit drei Jahren im Vorstand des GEB, wo er sich insbesondere mit den Themen Recht und Haushalt beschäftigt. Lois ist selbstständiger Unternehmer und leitet eine IT-Beratung, außerdem trainiert er die Fußballjugend im TUS Stuttgart.

Schülerlotse fast von Schülermutter überfahren

Mit Schulbürgermeisterin Isabel Fezer haben sich die beiden schon zu einem informellen Gespräch getroffen. Dabei sei man überein gekommen, dass mehr für die Schulwegsicherheit unternommen werden müsse. Erst vor kurzem sei ein Schülerlotse der Altenburgschule beinahe von einer Schülermutter überfahren worden, die es eilig hatte und ihrem Kind keinen Fußweg zumuten wollte. „Ich bin eine Rabenmutter, die ihre Kinder in die Schule gehen lässt“, unkt Grix. Das zunehmende Kontrollbedürfnis vieler Eltern können weder sie noch Lois nachvollziehen.

Lois berichtet, die Spanne zwischen den Eltern, die ihre Kinder überbehüteten, und denen, denen nicht nur der Schulweg der Kinder, sondern auch deren Frühstück gänzlich egal sei, spreize sich immer stärker. Man plane deshalb eine Kampagne, mit der für den „Laufbus“ geworben werden soll. Also nichts anderes, als dass Kinder einander auf dem Schulweg abholen und gemeinsam zur Schule marschieren – natürlich zu Fuß.

„Ich find’s wichtig, dass man als Eltern auch eine Stimme hat“, erklärt Kathrin Grix. Gerade in der Schule bündelten sich Kommunal- und Landespolitik, und genau für dieses Zusammenspiel interessiere sie sich. „Mir geht es nicht nur um mein eigenes Kind – man muss auch in die Zukunft schauen“, sagt sie. Ihr ist wichtig, dass Eltern in die Schulentwicklung einbezogen werden und es nicht dazu kommt, dass eine Schule gegen die andere ausgespielt wird, etwa wenn es um Sanierungen oder Zusammenlegungen geht.

Eltern kritisieren Unterrichtsausfälle

Als großes Ärgernis sehen Grix und Lois den immer wiederkehrenden Unterrichtsausfall. „Es fehlt massiv an kurzfristigen Springkräften“, berichtet Grix. „Wenn Lehrer immer für zwei Wochen krank geschrieben werden, dann gibt’s keinen Ersatz“, sagt Lois. „Das kann es nicht sein, wenn’s auf das Abi zugeht“, meint Grix. Lois stellt klar: „Der Vorwurf trifft ganz sicher nicht Lehrer oder Schulleiter.“ Sondern die Rechnung stimme schon von Anfang an nicht: „Man bräuchte zu Beginn des Schuljahrs nicht 100 Prozent Versorgung, sondern 125 Prozent.“ Ganz zu schweigen davon, dass im Herbst 2016 nicht einmal der Pflichtunterricht an allen Stuttgarter Schulen personell sichergestellt werden konnte, wie die Kultusverwaltung eingeräumt hatte. Lois sieht als Grund dafür, dass viele Lehrer aus Baden-Württemberg weggingen, da das Land ihnen nicht rechtzeitig genug eine Arbeitszusage für den Schulbeginn im September gebe.

Grix und Lois begrüßen, dass die Ressorts Jugend und Bildung im Rathaus „endlich unter einem Dach zusammengeführt“ wurden, mit Isabel Fezer als Bürgermeisterin. Auch dass diese sich als Ergänzung zur klassischen Halbtagsschule sehr klar für eine verbindliche, rhythmisierte Ganztagsschule ausgesprochen habe, kommt bei den Elternvertretern gut an. Und: „Wir sind zu hundert Prozent gegen Mischklassen“, sagt Lois. Denn dass Halbtagsschüler und Ganztagsschüler in einer Klasse zusammen sind, hat sich nach den Erfahrungen auch der Schulleiter nicht bewährt.

GEB fordert bessere Beratung bei Schullaufbahn

Die Anweisung von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU), dass bei Grundschülern wieder mehr Wert auf Rechtschreibung gelegt werden soll, findet die volle Unterstützung der Stuttgarter Elternsprecher. Aus eigener Erfahrung wissen sie, wie schwer es ist, „bis die Kinder die falsch gelernten Wörter wieder draußen haben“. Dass die Kultusministerin vorhat, der Grundschulempfehlung wieder stärkeres Gewicht zu geben und Kinder, die aufs Gymnasium wollen, diese vielleicht schon bald wieder vorlegen müssen, finden die GEB-Vorsitzenden „schwierig“. „Viel wichtiger wäre, mehr in die Beratung der Eltern zu investieren“, finden sie. Dazu, so ergänzen sie, gehöre aber auch, „dass die Lehrer die Eltern nicht als natürliche Feinde betrachten“.

Nicht zuletzt legt Lois großen Wert darauf, dass die Lernmittelfreiheit eingehalten wird: „Alle Lernmittel über einen Euro muss die Schule stellen“, sagt er. „Das gilt auch für Workbooks und Ganzschriften, auch wenn in diese reingeschrieben werden soll.“ An der Stadt liege es nicht, denn diese habe „genug Geld zur Ausstattung der Schulen“, wie ihm das Schulverwaltungsamt versichert habe. Der Knackpunkt sei jedoch: „Es gibt immer noch Lehrer, die darüber abstimmen lassen.“