Beim German Masters in der Stuttgarter Schleyerhalle gibt es zum Abschluss Überraschungssiege in Dressur und Springen.
Der Große Preis von Stuttgart ist ein Klassiker des weltweiten Springsports. Seit der Turnierpremiere des German Masters im Herbst 1985 haben sich die Topstars im Sattel in die Siegerliste eingetragen: dreimal Meredith Michaels-Beerbaum mit dem legendären Shutterfly, John Whitaker mit dem ebenso berühmten Schimmel Milton, allein fünfmal Ludger Beerbaum mit Pferden wie Ratina Z, Gladdys und Gotha, Christian Ahlmann auf Taloubet und Codex One. Von Letzterem stammt die Maxime: „Wenn du zu den ganz Großen gehören willst, musst du einmal in Stuttgart das Weltcup-Springen gewonnen haben.“
39 Aktive aus 17 Nationen traten an, um sich am Sonntag in die erlesene Siegerliste einzureihen – darunter drei Profis, die diesen Großen Preis bereits einmal gewonnen hatten: Marcus Ehning, Hans-Dieter Dreher und der Franzose Kevin Staut. Um die insgesamt 170 000 Euro Preisgeld gab es den erwartet harten Kampf. Im Stechen der besten 13 Pferde hatte Richard Vogel aus Mannheim auf der zehnjährigen Westfalenstute United Touch das beste Ende für sich: 56 000 Euro Siegprämie sowie 20 Pluspunkte zum Einzug ins Weltcup-Finale im April 2023 in Omaha/USA. Stuttgart war die fünfte von 14 Stationen auf dem Weg dorthin. Der 25-Jährige war überwältigt: „Was für ein Wochenende für mich und meine Pferde. Ich kann es noch gar nicht fassen: Am Donnerstag hab ich das Hallenchampionat für uns Baden-Württemberger gewonnen und heute das Weltcup-Springen.“
Er ist nach Hans-Dieter Dreher aus Südbaden, der 2013 auf Embassy gesiegt hatte, der zweite Reiter aus Baden-Württemberg, der dieses Weltcup-Springen gewinnen konnte. Vogel, ein Schüler von Ludger Beerbaum, zählt zu den besten deutschen Nachwuchsreitern. Bundestrainer Otto Becker sagt: „Meine Lieblingsmusik ist unsere Nationalhymne: Wenn die erklingt, weiß ich, dass einer meiner Reiter gewonnen hat. Richard hat sich in den letzten Monaten ganz enorm verbessert.“ Den zweiten Platz teilten sich der Ire Denis Lynch auf Brooklyn Heights und der Schweizer Steve Guerdat auf Dynamix de Belheme, die zeitgleich waren. „Er hat einen unglaublichen Job gemacht“, sagte Guerdat, Olympiasieger von London 2012, über Vogel. „Das ist total verdient.“
Auf dem internationalen Dressurviereck schien die Ausgangslage eigentlich klar: Weil Jessica von Bredow-Werndl, die Olympiasiegerin von Tokio, nur ihr Zweitpferd Ferdinand sattelte, bot sich Isabell Werth die große Chance, in der Schleyerhalle einmal mehr vier Siege einzufahren. Aber aus ihrem zehnten Kürsieg in Stuttgart wurde nichts: Bei ihrem Ritt schlichen sich mit dem zwölfjährige Quantaz mehrere Fehler ein – am Ende musste die „Dressurkönigin“ eine Niederlage hinnehmen gegen Ingrid Klimke aus Münster auf ihrem 14-jährigen Hengst Franziskus. Werths lapidare Begründung: „Ingrid hat heute fehlerfrei geritten, ich leider nicht. Deshalb hat sie gewonnen und nicht ich.“
Beim German Master in der klassischen Tour, den Isabell Werth bereits 15-mal gewonnen hatte, kam es für sie noch schlimmer: Am Samstag, mitten in der Vorbereitung auf den Grand Prix in der Trainingshalle, vertrat sich ihr 16-jähriger Emilio – sie musste den Start sofort absagen, konnte sich nicht für das Finale am Sonntag qualifizieren: „Das war großes Pech. Aber es ist keine gravierende Verletzung.“
So wurde der Weg frei für Matthias Alexander Rath aus Kronberg, der von 2010 bis 2015 mit dem Wunderhengst Totilas weltweit zwiespältige Aufmerksamkeit erregt hatte. Der 38-Jährige siegte verdient auf Destacado – seit Langem sein größter Erfolg. Sein Kommentar: „Ich bin 15 Jahre lang nicht mehr in Stuttgart gestartet und heute dieser schöne Erfolg. Mein Pferd ist auf einem guten Weg in den Topsport. Und Stuttgart ist ein tolles Turnier!“