In Baden-Württemberg müssen Eltern bislang einen Teil der Schulbeförderungskosten für ihre Kinder selbst tragen. Foto: dpa//Marijan Murat

Eine Familie aus Waldenbuch will vor Gericht erreichen, dass ihre Kinder kostenlos zur Schule in Tübingen fahren dürfen. Ein positiver Ausgang des Verfahrens könnte viele Familien im Land finanziell entlasten.

Waldenbuch - Die Waldenbucher Familie Eckhardt gibt jedes Jahr viel Geld dafür aus, dass ihre beiden Kinder ein Gymnasium mit Schwerpunkt Sport in Tübingen besuchen können. Rund 2400 Euro, so sagen sie, fallen jährlich für die Busfahrten aus dem Nachbarlandkreis zur Schule und zurück an. Aus ihrer Sicht ist dies eine Benachteiligung von im ländlichen Raum lebenden Familien. Die Chancengleichheit, so finden sie, ist nicht gewahrt, wenn Eltern ihre Kinder möglicherweise nur auf die nächstgelegene Schule schicken können, statt auf die am besten geeignete, weil sie sich die Fahrtkosten für ihre Kinder nicht leisten können. Juristisch streiten die Eckhardts daher seit geraumer Zeit um eine kostenfreie Schülerbeförderung. Gewinnt die Familie vor Gericht, würden auch viele andere Familien davon profitieren.

Initiative Eltern für Elternrechte unterstützt Waldenbucher Familie

Unterstützt wird die Waldenbucher Familie bei ihrem Kampf von der Initiative Eltern für Elternrechte in Baden-Württemberg, deren Sprecher Stefan Ertle aus Leutkirch ist. Dass Familie Eckhardt sich entschlossen hat, den Streit um die Kosten der Schülerbeförderung weiter juristisch klären zu lassen, obwohl der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim im Juli entschieden hat, dass es kein Recht auf eine kostenlose Schülerbeförderung im Südwesten gibt, findet Ertle sehr gut. Familie Eckhardt hat inzwischen Revision beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gegen die Entscheidung des VGH eingelegt. Nach Auskunft des Bundesverwaltungsgerichts ist das Verfahren dort am 30. Oktober eingegangen. Wann mit einer Entscheidung gerechnet werden kann, sei aber noch nicht absehbar, teilt ein Gerichtssprecher mit. Sollte das Gericht die Revision ablehnen, ist für Familie Eckhardt aber noch nicht Schluss. In einem solchen Fall wollen sie gar vor das Bundesverfassungsgericht ziehen und die Sache auf höchster Ebene klären lassen.

Werden Elternanteile willkürlich festgesetzt?

Die Kläger, die ursprünglich vor den VGH in Mannheim gezogen waren, um die Kostenfreiheit bei der Schülerbeförderung durchzusetzen, stört am Ausgang des Verfahrens vor allem, dass „sie nicht richtig angehört“ und deren Argumente „nicht richtig bewertet“ wurden, wie Ertle sagt. Er empfindet es zudem als einen untragbaren Zustand, dass die Preise für die Schülerbeförderung von den Landkreisen „willkürlich festgesetzt“ werden. Im Kreis Tübingen beträgt seit 2018 der Eigenanteil für Eltern 39,30 Euro pro Schülermonatskarte für Kinder ab der fünften Klasse. Im Kreis Böblingen liegt der Eigenanteil mit 43,20 Euro pro Monat sogar um 3,90 Euro höher.

„Die Monatskarte im Scool-Abo ist unbegrenzt netzweit im VVS-Gebiet gültig“, teilt ein Sprecher des Landratsamts Böblingen mit und betont so den Mehrwert. Diese Argumentation stört Ertle massiv. Schließlich hätten Familien im ländlichen Bereich, in dem außer zu den Schulzeiten kaum Busse fahren, wenig von diesem Zusatznutzen. Das für die Schülerbeförderung vom Land gezahlte Geld würde zudem nicht zielgerichtet ausgegeben werden, Eltern würden mit ihrem Eigenbeitrag sogar andere Kreis-Ausgaben quersubventionieren. Das Land überweise jährlich 260 Millionen Euro für Fahrtkosten an die Kreise, davon würden aber nur 200 Millionen Euro genutzt, so Ertle. Dazu kassierten die Kreise aber 235 Millionen an Eigenanteil von den Eltern.

In den Nachbarländern ist der Schülertransport für Eltern kostenlos

Die Forderung nach kostenlosem Schülertransport sei nicht aus der Luft gegriffen, wie man an Rheinland-Pfalz, Hessen und Bayern sehe, so Ertle. Dort sei der Schülertransport kostenlos. In den drei Südwest-Nachbarländern wird die Kostenfreiheit bis zum Mittleren Bildungsabschluss gewährt. Für Schüler der Sekundarstufe II wird aber monatlich ein Eigenanteil an den Fahrtkosten fällig.