Lange Tunnelstrecken – hier der Blick in einen Abschnitt während eines Tags der offenen Tür im Jahr 2020 – sind ein Merkmal des Projekts Stuttgart 21. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der Streit über die Einsichtnahme in Unterlagen zur Rettung bei einem Zugbrand im Tunnel geht in eine neue Phase. Die S-21-Gegner beantragen Zwangshaft.

Stuttgart - Die Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 fordern von der Bahn seit Jahren die Herausgabe von Unterlagen, in denen die Rettung von Reisenden aus einem der langen S-21-Tunnel im Fall eines Brands beschrieben wird. Weil sie sich vom Unternehmen abgeblockt und falsch informiert sehen, haben sie kurz vor dem Jahreswechsel 2021/22 Zwangshaft gegen den Geschäftsführer der DB-Projektgesellschaft Stuttgart–Ulm (PSU) beantragt. Die Entscheidung über den Antrag auf bis zu sechs Monate Haft werde das Verwaltungsgericht wohl in dieser Woche treffen, sagte ein Gerichtssprecher am Dienstag auf Anfrage. Die Frage sei, inwieweit sich ein Vergleich vollstrecken lasse.

Der Streit über die Herausgabe von Unterlagen tobt seit 2016. Damals hatte das Verwaltungsgericht die Klage der Tiefbahnhofgegner abgewiesen. Die Bahn hatte mit einer möglichen Gefährdung der Sicherheit argumentiert, wenn Details einer Simulation, die den Brandfall im Tunnel betrachte, öffentlich würden. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim gestand dann Ende 2019 in einem Vergleich die Akteneinsicht zu. Der Kläger aus der Gruppe der „Ingenieure 22“, sein Anwalt und ein Experte dürften sich dabei Notizen machen. Aufnahmen von den Papieren wurden nicht zugestanden.

Rettung über die parallele Röhre

Konkret geht es um die Simulation eines Brandereignisses im Tunnel durch die Schweizer Gruner AG. Angesetzt war die Evakuierung von 1757 Reisenden aus einem Zug, die in etwa elf Minuten abgeschlossen sein sollte. Bei den S-21-Tunneln handelt es sich um parallele Röhren mit Querschlägen und Schotten, über die Reisende im Schadensfall die sichere Röhre erreichen sollen.

Auch zwei Jahre nach dem Vergleich haben die Kläger die Simulation noch nicht gesehen. Sie bezweifeln inzwischen, dass es sie gab. Existieren soll ein Bericht, der allerdings ein „Kaltereignis“, also die Evakuierung aus einem liegengebliebenen Zug ohne Brand beschreibe. Falls die Simulation von der Gruner AG tatsächlich gelöscht worden sein sollte, müsse die PSU „notfalls die Wiederherstellung veranlassen“, fordert Dieter Reicherter vom Aktionsbündnis.