Vorbild Freiburg: Im Geberviertel soll der Nesenbach fließen. Foto: dpa

Dem Architekt und Ingenieur Siegfried Lohr gehen die Ideen für eine bessere Stadt nicht aus. Sein neuster Vorschläg: Im Gerberviertel sollen Bächle wie in Freiburg fließen.

Stuttgart - Der Mann passt in kein Raster. Von Beruf ist er Diplom-Ingenieur, aber diese Bezeichnung greift viel zu kurz. Siegfried Lohr ist Erfinder, Träumer, Stadtplaner, Künstler, Techniker. Kurz gesagt: der Stuttgarter ist mit einer Riesenportion Kreativität gesegnet.

Damit versucht er seit geraumer Zeit, die Politiker zu inspirieren. Sowohl die Volksvertreter im Land als auch die der Stadt. Zum Beispiel mit seinem Vorschlag der Philam-Nese, einer Überdeckelung der Kulturmeile mit einem Interimsbau für die marode Oper . „Ich habe allen Fraktionsvorsitzenden meine Entwürfe zu geschickt“, sagt er, „aber geantwortet hat nur Gabriele Reich-Gutjahr von der FDP im Land.“ Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Liberalen setzte sich als einzige ihrer Kaste mit Lohrs Ideen auseinander. Konkret ging es dabei um eine erweiterte Nutzung des Cannstatter Wasens.

In der Sache waren Lohrs Vorschläge freilich etwas zu weit von einer realen Umsetzung entfernt, aber genau das macht den Charme von Siegfried Lohr aus. Er hält sich an keine Denkverbote.

Diesem Charme ist jetzt der Gerberviertelverein erlegen. Quartiersmanager Hannes Wolf und Peter H. Bürkle, der Vorsitzende der Quartiersgemeinschaft Tübinger Straße (QTS), beauftragten den Querdenker Lohr, seine Ideenmaschine anzuwerfen. Herausgekommen sind zahlreiche Entwürfe, die immerhin zu Diskussionen anregen. Da ist beispielsweise der Vorschlag eine Wippe in der Tübinger Straße zu installieren. Darauf sollen nicht nur Kinder und Erwachsene Spaß haben, die so genannte Gerberwippe soll gleichzeitig eine Pumpe antreiben, die ein Bächle mit Wasser für den Nesenbach speist.

Ein Kreativer für den OB?

Etwas unspektakulär ist dagegen die Idee, die Reste der alten Stadtmauer aus der Gründerzeit des Gerberviertels freizulegen. „So könnte man optische Akzente setzen“, sagt Siegfried Lohr und kommt schon zur nächsten Kreation: ein großes Portal vom Süden her in die Tübinger Straße – das Gerbertor. Freilich darf bei seinen Überlegungen auch die Nutzung der Parkplätze unter der Paulinenbrücke nicht fehlen. Er nennt das Gebäude Jazz-Club Pauline und scherzt: „Die könnte die Jazzmusiker bis tief in die Nacht spielen, ohne jemanden zu stören.“ Zuletzt hat sich Siegfried Lohr sogar Gedanken um ein neues Logo gemacht. „Ich habe aus den Umrissen des Gerberviertels grafisch einen kleinen Bären gemacht und das Ganze Ger/Bär genannt.“

Quartiersmanager Hannes Wolf und Anwalt Peter H. Bürkle sollen überrascht auf die Vielzahl der Ideen reagiert haben und wollen alles in den entsprechenden Gremien diskutieren. Siegfried Lohr hofft nun, dass das die eine oder andere Idee irgendwann umgesetzt wird. Denn nur laut zu denken, sei auf die Dauer nicht befriedigend. Zudem auch wenig einträglich. Was diesen Punkt angeht, hat Lohr sogar einen Job für sich erfunden: „Wenn ich Oberbürgermeister von Stuttgart wäre, würde ich so einen Typ wie mich ins Rathaus holen und damit beauftragen, jeden Tag ohne Grenzen darüber nachzudenken, wie man die Stadt besser und schöner machen kann.“