Die Kräne werden noch für eine ganze Weile das Bild des Gerberviertels prägen. Immerhin einen sie die dortigen Geschäftsleute. Foto: Heike Armbruster

Ein neuer Verein bemüht sich ums Wohl des Gerberviertels. Die Mitglieder sehen die Zukunft des Quartiers rosig. Vor einem Jahr klang das noch anders.

S-Mitte - Am Anfang war der Baulärm. Tamer Bilgi stand vor seinem Café an der von Maschinen verwüsteten Tübinger Straße. Norbert Kallas stand gegenüber vor seiner Boutique. „Wenn das vorbei ist“, meinte Bilgi, „müssen wir ein Fest feiern.“ Das taten sie, ein Straßenfest zur Eröffnung des sogenannten „Shared Space“, der ins Deutsche übersetzt nichts anderes ist als eine verkehrsberuhigte Zone.

Inzwischen ist der Termin für das zweite Fest im Gerberviertel vereinbart. „Bitte notieren“ ist in einem Protokoll vermerkt. Der Termin ist der 14. September. Die Organisatoren werden nicht mehr zwei Geschäftsleute sein, sondern ein Verein, der schlicht Gerberviertel heißt. Gegründet haben ihn die Inhaber von zwölf Läden am 19. März. Beim Gründungstreffen in der Minibar wurde Kallas zum Vorsitzenden gewählt. Am 23. April soll die Satzung unterschrieben werden.

Weitere Mitglieder sind selbstverständlich willkommen. Das Vereinsziel ist ein Grundsätzliches: „Wenn sich Leute in Schorndorf am Stammtisch treffen, soll jeder von ihnen wissen, wo das Gerberviertel ist“, sagt Kallas. „Viele im Viertel spüren, dass man hier was bewegen kann.“

Vor einem Jahr war noch vom Niedergang die Rede

Vor ziemlich genau einem Jahr klang das noch anders. Umtost vom scheinbar nie endenden Baulärm, gehörte Kallas zu denjenigen, die den Niedergang des Quartiers beklagten. Eine ganze Reihe von Einzelhändlern zog sogar fort. Womöglich bereut mancher inzwischen den Weggang. Zwar sind die unerwünschten Nebenwirkungen des Nachtlebens geblieben – erst jüngst wurden eine Reihe von Schaufensterscheiben eingeschlagen – aber „ich staune manchmal immer noch, wie großzügig und weitläufig jetzt alles wirkt“, sagt Kallas. Bis das neue Einkaufszentrum Gerber fertig ist, will die Stadtverwaltung zusätzlich sämtliche umliegenden Straßen verschönern lassen.

„Bis in zwei Jahren“, sagt Kallas, „gibt es die realistische Perspektive, dass dies eines der spannendsten Viertel Stuttgarts wird.“ Dazu soll der Verein das seine beitragen, im Kleinen wie im Großen. Zu den Ideen gehört die Weinmarke zum Quartier, das „Gerberviertele“, genauso wie der Straßenflohmarkt, an dem sich alle Einzelhändler beteiligen sollen. Damit der klassische Einzelhandel gegen die Konkurrenz des Internethandels besteht, „müsste in diesem Sinne eigentlich die ganze Stadt umdenken“, sagt Kallas. Sein erster Wunsch ans Rathaus zum Wohle des Gerberviertels – so viel lässt sich mit Gewissheit voraussagen – wird sich ungeachtet dessen nicht erfüllen: kostenlose Parkplätze.