Das Land darf - aber will es seinen Polizisten tatsächlich offene Tattoos verbieten? Die Frage beschäftigt die Dienststuben im Land derzeit mehr, als der Polizeiführung lieb ist. Foto: dpa

Das Land darf - aber will es seinen Polizisten tatsächlich offene Tattoos verbieten? Die Frage beschäftigt die Dienststuben im Land derzeit mehr, als der Polizeiführung lieb ist.

Villingen-Schwenningen - Ob Polizisten Tattoos und Piercings offen tragen dürfen, liegt nach Ansicht von Experten der Polizeihochschule Villingen-Schwenningen in der Entscheidung des Landes. „Der Dienstherr hat die Möglichkeit des Verbots“, sagte Professor Christoph Eckstein, Experte für öffentliches Dienstrecht, der Nachrichtenagentur dpa. Viele Bundesländer hätten schon entsprechende modernisierte Vorschriften oder Erlasse, wie sie derzeit im Südwesten heiß diskutiert werden.

Landespolizeipräsident Gerhard Klotter möchte Polizisten per Erlass vom nächsten Jahr an etwa Piercings und schwer zu verdeckende Tätowierungen verbieten. Er stützt sich dabei auch auf eine Studie der Polizeihochschule, die im Kern besagt, dass das Äußere durchaus die Autorität von Polizisten beeinträchtigt. Die Ankündigung führte zu Protesten etwa von Gewerkschaften, die gar eine Klageflut auf das Land zukommen sehen. Das Innenministerium beschwichtigt: Es handele sich um ein internes Papier, weitere Stellungnahmen gebe es nicht mehr. „Dazu ist alles gesagt worden“, betonte ein Sprecher.

Das Land als Dienstherr müsse nun klären, welche Vorgaben es für das äußere Erscheinungsbild der Polizisten für sinnvoll hält, sagte Eckstein. „Tattoos etwa sind ja auch deutlich gesellschaftsfähiger geworden.“ Auch in der Rechtsprechung werde der Konflikt zunehmend liberaler geklärt.

Während früher die jungen Polizisten einfach akzeptierten, dass großflächige Tätowierungen mit dem Erscheinungsbild eines Vollzugsbeamten nicht vereinbar seien, befassten sich zuletzt mehrfach Verwaltungsgerichte mit der Frage. Das Ergebnis unter dem Strich: Einschränkungen für die Dienstzeit sind möglich, wenn sie das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Privatleben nicht unverhältnismäßig beeinträchtigen.

Thüringen ist deutlich liberaler

In anderen Ländern ist das Thema längst durch und neu geregelt - und zwar meist in einer Form, wie sie jetzt auch in Baden-Württemberg kommen soll. So hat Niedersachsen einen Erlass, der festlegt, dass Tätowierungen oder Brandings nicht sichtbar sein dürfen. Schmuck, mit dem Polizisten im Einsatz sich selbst oder andere Menschen verletzen könnten, darf nicht getragen werden. Ähnlich sieht es bei den Nachbarn Rheinland-Pfalz, Hessen und Bayern aus. In Hessen regelt das eine Verwaltungsvorschrift.

„Der Polizeiberuf ist nicht geeignet, durch auffällige Äußerlichkeiten oder Accessoires persönliche, politische oder andere Einstellungen während des Dienstes und in Dienstkleidung zur Geltung zu bringen“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Sachsen. Seit Anfang 2013 ist dort eine Regelung in Kraft, die Polizisten Tattoos, Brandings oder Mehndis verbietet, wenn diese inhaltlich gegen Grundsätze der freiheitlich demokratischen Grundordnung verstoßen. Sie dürfen ebenso keine sexuellen, diskriminierenden oder gewaltverherrlichenden Motive darstellen. Andere Tätowierungen dürfen zumindest im Dienst nicht zu sehen sein.

Solange die tätowierten Stellen von der Uniform vollständig bedeckt werden, ist der Körperschmuck kein Problem, hieß es im Innenministerium in Mainz. „Das bedeutet, dass beispielsweise aus dem Kragen wuchernde Tattoos nicht geduldet werden, ebenso wenig Tätowierungen auf den Händen oder im Gesicht“, so ein Sprecher. Das gelte grundsätzlich auch für Piercings, die zwar von der Dienstkleidung verdeckt sind, sich aber unter dem Uniformhemd abzeichnen. Baden-Württembergs Polizeipräsident will den Tabu-Bereich durch die Sommeruniform definieren.

Thüringen ist da deutlich liberaler: Solange durch ein Tattoo kein achtungs- oder vertrauensunwürdiger Eindruck entstehe, heißt es im Innenministerium in Erfurt, sei es aus Sicht des Dienstherren unbedenklich, wenn sich das Tattoo nicht gänzlich verdecken lasse.