In die schadhaften Bohrlöcher wird eine Zementlösung gespritzt, um sie zu schließen. Insgesamt 17 Geothermiebohrungen werden so saniert Foto: factum/Granville

Das Böblinger Landratsamt soll Erdwärmebohrungen noch genehmigt haben, nachdem das Landesamt für Geologie im Jahr 2009 geraten hatte, Bohrungen in Gebieten mit Gipskeuperschichten zu stoppen.

Böblingen - Daniela Braun ist alles andere als zufrieden. In einem Schreiben an den Landrat hatte die CDU-Kreisrätin einen ganzen Fragenkatalog zum Genehmigungsverfahren bei den Erdwärmebohrungen in den Jahren 2008 und 2009 formuliert und der Behörde formale Fehler vorgeworfen. Nicht nur das: Es sei auch wider besseres Wissen grünes Licht für die Geothermiesonden gegeben worden. Der Kreischef dagegen weist die Kritik vehement zurück und stellt pauschal fest: „Die Bohrungen waren zum damaligen Zeitpunkt und nach damals geltendem Recht alle erlaubnisfähig.“

Richtig los ging es mit der Nutzung der alternativen Energie vor rund zehn Jahren. Im Kreis Böblingen gingen im Wasserwirtschaftsamt binnen weniger Jahre Hunderte von Anträgen über den Tisch. „Die Sachbearbeiter sind der Flut kaum hinterhergekommen“, sagt Dusan Minic, der Pressesprecher des Landratsamts. Eine Bohrung von insgesamt acht im Böblinger Heinrich-Heine-Weg sei erst im Nachhinein genehmigt worden, bestätigt allerdings der Landrat in seinem Brief an Braun. Genau hier legt die Kreisrätin den Finger in die Wunde: Anfang des Jahres 2009 habe doch aber das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau in Freiburg empfohlen, in den Bereichen die Bohrungen zu stoppen, wo man auf eine Gipskeuperschicht stoße. Weil dann nämlich die Gefahr bestehe, dass beim Eindringen von Wasser Gips aufquelle und sich in der Folge die Erde hebe. „Die Sachbearbeiter haben nach den damals landesweit geltenden Richtlinien gehandelt“, unterstreicht Minic.

Für den Landrat ist inzwischen „die Frage der Kausalität der Erdwärmebohrungen und der Erdhebungen eindeutig“. Roland Bernhard will die Versicherungen der Renninger Bohrfirma Gungl in die Pflicht nehmen, die bisher nicht für die Schäden an rund 200 Häusern aufkommen wollen. Das ganze Ausmaß nicht ordnungsgemäß durchgeführter Bohrungen – sie sind nicht ausreichend abgedichtet, weshalb Wasser eindringen kann –, lasse sich dadurch nachvollziehen, „dass im Heineweg bis jetzt 10 800 Liter Zementlösung in die Löcher gegossen werden mussten“, betont der Landrat. Sechs der acht schadhaften Bohrungen im Heineweg sind bis jetzt saniert, weitere sieben im Schliffkopfweg folgen im Sommer. Der Kreis rechnet mit Kosten von insgesamt rund fünf Millionen Euro, die bei der Sanierung der 17 festgestellten schadhaften Bohrlöcher im Süden und im Norden Böblingens anfallen.

Weil Gungl dreimal die Versicherung gewechselt hat, sei die Schadenregulierung schwierig, teilt das Landratsamt mit. Der Landrat will demnächst alle drei Versicherungen zu weiteren Verhandlungen in die Behörde einladen. Weshalb Gungl drei Versicherungen beauftragte, darüber ist der Behörde nichts bekannt. Gungl selbst macht dazu keine Angaben.

„Wichtig ist für uns, dass die Bohrfirma durchgängig versichert war“, erklärt Bernd Hommel, der Beiratsvorsitzende der Interessengemeinschaft Erdhebungen Böblingen (IGE-BB). Die IGE halte Brauns Briefwechsel im Übrigen für ein unnötiges Vorpreschen, das der Sache nicht diene. „Wir meinen, wir sind besser dran, wenn wir mit dem Landratsamt zusammenarbeiten“, sagt Hommel. Schließlich gehe es mit der Bohrlochsanierung nun voran. Außerdem habe die Stimme des Landrats Gewicht, auch gegenüber der Landesregierung. Dem Landratsamt Fehler vorzuwerfen helfe den Betroffenen nicht weiter. Jetzt gelte es, die dringlichsten Reparaturen an den Häusern vorzunehmen und diese den Versicherungen in Rechnung zu stellen.