Georg Nüßlein will nicht mehr kandidieren. Foto: dpa/Soeren Stache

Eine Woche nach der Durchsuchung seines Bundestagsbüros kündigt der CSU-Abgeordnete Nüßlein seinen Rückzug aus der Bundespolitik an. Die Vorwürfe lässt er seinen Anwalt aber weiterhin entschieden zurückweisen.

Berlin/München - Rund eine Woche nach Beginn der Korruptionsermittlungen gegen ihn hat der CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein weitere Konsequenzen gezogen. Sein Anwalt kündigte am Freitag an, dass der 51-Jährige bei der Bundestagswahl im September nicht erneut kandidieren werde.

Außerdem legt Nüßlein sein Amt als Vize-Fraktionsvorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag endgültig nieder. Bereits vor einer Woche hatte er das Amt zunächst ruhen lassen. Trotz dieser Schritte wies der Rechtsanwalt des Abgeordneten erneut alle Vorwürfe zurück. CSU-Generalsekretär Markus Blume nannte Nüßleins Schritt eine „absolut notwendige und folgerichtige Entscheidung“.

Nüßlein sagte, dass die Untersuchung der Münchner Generalstaatsanwaltschaft für seine Familie und die Christsozialen „eine ganz erhebliche Belastung“ darstelle. „Aufgrund des komplexen Sachverhalts mit Auslandsbezug rechne ich nicht damit, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in den nächsten Wochen abgeschlossen sind“, begründete er den Verzicht auf eine erneute Kandidatur.

Nüßleins Büro durchsucht

Gegen den Parlamentarier wird unter anderem wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit von Mandatsträgern im Zusammenhang mit dem Ankauf von Corona-Atemschutzmasken ermittelt. Die Ermittler hatten deswegen in der vergangenen Woche 13 Objekte in Deutschland und in Liechtenstein durchsuchen lassen.

Auch Nüßleins Büro im Bundestag sowie sein Wahlkreisbüro im schwäbischen Günzburg wurden durchsucht. Neben Nüßlein gibt es einen zweiten Beschuldigten. Um wen es dabei geht, wurde von der Generalstaatsanwaltschaft bislang aber nicht gesagt.

Mittlerweile wurde bekannt, dass es um Bestellungen unter anderem des Bundesgesundheitsministeriums in Berlin und des bayerischen Gesundheitsministeriums geht. Der ehemalige bayerische Justizminister Alfred Sauter hat erklärt, dass er in diesem Zusammenhang als Rechtsanwalt einen Vertrag für ein Maskengeschäft mit dem Ministerium in München erstellt habe. Sauter sitzt im bayerischen Landtag und ist CSU-Kreisvorsitzender in Nüßleins Heimatlandkreis Günzburg.

Nach Angaben von Nüßleins Anwalt war der Politiker über ein eigenes Beratungsunternehmen vor knapp einem Jahr an der Bestellung von FFP2-Masken durch öffentliche Stellen beteiligt. Nüßlein habe „mehrfach Kontakte zwischen den Beschaffungsstellen des Bundes und potenziellen Auftragnehmern“ hergestellt.

Vorwurf der Steuerhinterziehung

„Aufgrund langjähriger Kontakte zu einem chinesischen Anbieter gelang es Dr. Nüßlein in schwierigen Tagen, dass qualitativ hochwertige Masken in der erforderlichen Stückzahl geliefert werden konnten“, sagte Rechtsanwalt Gero Himmelsbach. Hierfür habe das Beratungsunternehmen von Nüßlein eine Vergütung erhalten.

Der Abgeordnete sei aber nicht an Entscheidungen zur Beauftragung von Lieferungen oder an Vertragsverhandlungen beteiligt gewesen. Ebenso wenig hätten die Vorgänge die parlamentarische Tätigkeit berührt. „Die Vorwürfe der Bestechung werden deshalb entschieden zurückgewiesen“, betonte Himmelsbach.

Auch den Vorwurf der Steuerhinterziehung wies der Anwalt zurück. Berichte, wonach die Einnahmen nicht als Einkommen versteuert worden seien, seien falsch. „Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft geht vielmehr dahin, dass keine Umsatzsteuer deklariert worden sei“, erläuterte der Anwalt. Eine Umsatzsteuer, auch als Mehrwertsteuer bekannt, sei aber nicht berechnet oder eingenommen worden. Der Steuerberater Nüßleins habe bestätigt, dass die Vermittlungstätigkeit umsatzsteuerfrei gewesen sei.

Unmittelbar nach den Durchsuchungen am Donnerstag vergangener Woche hatte Nüßlein zunächst zu den Vorwürfen geschwiegen. Anschließend hatte sein Anwalt erklärt, der 51-Jährige könne sich erst später zu Details äußern. Der CSU-Politiker gehört dem Bundestag seit 2002 an, seit 2014 ist er stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion.

Nikolas Löbel räumt Fehler ein

In der Affäre um mutmaßlich bezahlte Maskenlobbyisten aus dem Bundestag werden auch Vorwürfe gegen einen weiteren CDU-Abgeordneten erhoben. Er soll nach Angaben des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ für die Vermittlung von Schutzmasken Provision verlangt und erhalten haben. Der Mannheimer CDU-Abgeordnete Nikolas Löbel räumte in diesem Zusammenhang Fehler ein. „Als Bundestagsabgeordneter hätte ich gerade in der besonderen Pandemie-Situation auch in meiner unternehmerischen Tätigkeit sensibler handeln müssen“, teilte er am Freitag auf Anfrage mit. „Diesen Fehler mache ich mir selbst zum Vorwurf.“

Nach seiner eigenen Darstellung hatte die Firma des Mannheimer Parlamentariers Provisionen in Höhe von rund 250 000 Euro kassiert, weil sie Kaufverträge über Masken zwischen einem baden-württembergischen Lieferanten und zwei Privatunternehmen in Heidelberg und Mannheim vermittelt hatte. Es habe sich hierbei um eine „nach dem Marktüblichen bemessene Vergütung“ für die Projektmanagement-GmbH gehandelt, teilte Löbel mit. Er habe für die GmbH gehandelt und nicht in Ausübung seines Mandates.

Laut „Spiegel“ könnten sich fast zwei Dutzend Abgeordnete in das Geschäft mit Masken eingeschaltet haben, sei es durch das Werben für Lieferanten beim Bund oder durch den Einsatz dafür, dass die Unternehmen ihr Geld bekommen. Mit Ausnahme von Löbel haben demnach aber alle Politiker bestritten, Provisionen oder andere Gegenleistungen erhalten zu haben.