Georg Preuße (links) zu Gast bei Frl. Wommy Wonder im ausverkauften Theaterhaus. Foto: Thomas Niedermüller

Zu einer Zeit, als noch der Paragraf 175 galt, eroberte er als glamouröse Mary die Prime Time des deutschen Fernsehens: Nur noch selten kehrt Georg Preuße, der am Samstag 74 Jahre alt wird, auf die Bühne zurück. Im Theaterhaus rührt er sein Publikum zu Tränen.

Zu etwa 280 Auftritten im Jahr reiste Georg Preuße in den 1980ern quer durch Deutschland und beendete seine Show als Mary (an der Seite des 1995 verstorbenen Reiner Kohler alias Gordy) meist mit dem gesungenen Appell „So leb dein Leben“ auf die Musik von Sinatras „My Way“: Jeder Mensch solle so sein, wie er ist.

Preuße war in Deutschland ein Vorkämpfer für Diversität und hat vielen jungen Menschen vor großem Publikum Mut gemacht, zu ihrem Anderssein zu stehen und den Reichtum der Vielfalt anzunehmen. Ohne Mary würde es keine Wommy geben, sagt Michael Panzer, der Stuttgarts Travestie-Fräulein seit genau 40 Jahren spielt. Für Panzer war’s „Weihnachten, Ostern und Geburtstag zugleich“, dass sein großes Vorbild, eine Legende der Travestie, am Mittwochabend zum Talk in seine Theaterhaus-Show gekommen ist.

Dem Wegbereiter der deutschen Dragqueen-Szene hat’s wohl gut gefallen. Am Ende singt Georg Preuße nämlich sogar selbst, obwohl er dies bei den Vorgesprächen noch abgelehnt hat. Das Publikum ist zu Tränen gerührt und versteht das Lied „Es ist nicht leicht, ein Clown zu sein“ als Fazit eines leidenschaftlichen Künstlers. Spaß und Lebensfreude wollte er bereiten, was ihm großartig gelungen ist – aber mit den „unangenehmen Problemen“ blieb er oft allein.

Mit seinem Mann ist Georg Preuße seit 46 Jahren zusammen

Am Samstag feiert Preuße, der seit 46 Jahren mit seinem Manager Jack Amsler liiert ist, den 74. Geburtstag. Nur noch ganz selten kehrt die frühere Mary auf die Bühne zurück. Dabei hat der Travestiekünstler niemals nie gesagt, sich bisher nicht endgültig vom Künstlerdasein verabschiedet. Weil er über viele Jahre nahezu pausenlos tourte, habe er private Freundschaften vernachlässigt, sagt er. Umso mehr genießt er das Zusammensein mit seinem Ehemann, den er quasi dreimal geheiratet hat, zunächst war ja nur eine eingetragene Lebensgemeinschaft erlaubt. „Wir sind fast 24 Stunden zusammen, ohne uns auf die Nerven zu gehen“ – so erklärt er seine Liebe.

Sommershow von Wommy geht noch bis zu Sonntag, 25. August

Wommy musste also viel Überzeugungsarbeit leisten, damit Georg Preuße, der sich von Bühnen sonst fernhält, aus seiner Wahl-Heimat in der Schweiz nach Stuttgart reist. Im ausverkauften Theaterhaus erleben die beiden beim Talk große Gefühle und ernten Standing Ovations. Beim Rückblick auf die schwierigen Anfänge der Travestiekunst, als Bürgermeister kleiner Gemeinden schon mal sagten, „so ein Schund“ käme nicht in ihrer Halle, spürt Preuße, wie dankbar viele ihm sind für die „Vorarbeit“, die er für die Rechte queerer Menschen geleistet hat.

Bei allem Glanz, den die glamouröse Mary ausstrahlte – Erinnerungen an dunkle Zeiten kommen auch zur Sprache, etwa an die „Flure in der Aids-Station“. Zum Schluss singt der Stuttgarter Sascha Diener Marys Lied „So leb’ Dein Leben“. Darin heißt es: „Denn was wär ein Mensch, der keiner ist, der nicht als Mensch er selber ist, der niemals weint, der niemals lacht, der niemals lügt, nie Fehler macht, der nie gesteht, es ist zu spät. So leb’ Dein Leben.“

Noch bis Sonntag, 25. August, dauert die Sommershow „Was … schon 40?!“, von Frl. Wommy Wonder im Theaterhaus. Karten unter www.wommy.de.