Beste Perspektiven: Das Remstal in seiner vollen Pracht. Foto: Lukas Breusch (Gemeinde Winterbach)

Eine nicht ganz ernst gemeinte Betrachtung über die Menschen aus Essingen oder Mögglingen, die sich keineswegs als „Hinterwäldler“ fühlen.

Das nahende Wochenende hält für Wanderfreunde aus Waiblingen, Winnenden oder Weinstadt ein Angebot parat, das ihnen womöglich ganz neue Dimensionen erschließt. Denn östlich von Schorndorf gibt es ja nicht mal Weinberge, so ein geläufiges Vorurteil, allenfalls noch das Kloster Lorch. Und dann heißen die dortigen Flecken auch noch Essingen und Böbingen – das „l“ ist im Lauf der Jahrhunderte offenbar ins Flusswasser geflutscht.

Vorne ist immer besser als unten

Da bleiben wir doch besser weit vorne, im vorderen Remstal. Geprägt hat diesen Begriff einst der damalige Fellbacher Oberbürgermeister Christoph Palm. Der bugsierte 2004 das zuvor geläufige untere Remstal beiseite und etablierte stattdessen die Bezeichnung vorderes Remstal. Weinstadts OB Jürgen Oswald scherzte seinerzeit schelmisch: „Vorne ist eben immer besser als unten!“

Palm ist als Politiker Geschichte, seine Wortprägung aber hält sich bis heute. So auch kürzlich, als in einem Vorbericht unserer Zeitung auf den Fellbacher Herbst vom „Höhepunkt des Jahres im vorderen Remstal“ die Rede war.

Wo liegt bei einem Fluss vorne und hinten?

Die Schlagzeile rief umgehend einen empörten Ureinwohner aus Mögglingen (Achtung: zwei „g“) auf den Plan. Wo liege denn bei einem Tal und einem Fluss vorne und hinten: „Leben wir in Mögglingen folglich im hinteren Remstal?“ Dabei habe die Remstal-Gartenschau 2019 doch gezeigt, dass das Remstal tatsächlich von der Quelle bis zur Mündung geht und nicht nur aus Weinbaugemeinden besteht. Offenbar sei nur im Remstal von einem vorderen Tal die Rede, wenn der Unterlauf gemeint sei. „Ich habe noch nie von einem vorderen Fils-, Murr-, Kocher- oder Jagsttal gelesen“, erklärt der Mann aus dem Ostalbkreis. Auch nicht vom vorderen Neckar- oder Donautal, wohl aber vom Vorderrhein, und der liege bekanntlich näher an der Quelle als an der Mündung.

Seine Bitte: Wie bei anderen Tälern auch, sollte vom oberen und vom unteren Remstal die Rede sein, „damit wir Essinger, Mögglinger, Böbinger und Gmünder nicht etwa als Hinterwäldler dastehen“.

Hinterwestermurr und Hinterbüchelberg

Hinterwäldler? Solche Abqualifizierungen kommen doch niemand im, ähem, unteren Remstal in den Sinn. In Köln mag es die „schäl Sick“, die falsche Seite mit den rechtsrheinischen Stadtteilen, geben. Aber östlich von uns ist doch wirklich nichts „hälenga“. Es sei denn, es geht um Hinterwestermurr, liegt übrigens nicht weit weg von Hinterbüchelberg – beide Orte gibt’s tatsächlich.

Egal, auf also am Sonntag zum anmeldefreien Schusters-Rappen-Event, der inoffiziellen Abschlussveranstaltung des Deutschen Wandertags 2022. Nach dem Start um 10 Uhr im Schlosspark Essingen geht’s per pedes „über die Lauchkling am Fuße von Hohenroden, vorbei am Hermannsfeld samt den herrlichen Blicken auf das Wellland“.

Nie gehört? Na, umso mehr macht uns das neugierig auf dieses versteckte, spannende, hintere, Quatsch: obere Remstal.