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VfB-Mittelfeldspieler Gentner über seine persönliche Situation und die Angst vor dem Abstieg.

Stuttgart- Beim 1:2 gegen Frankfurt wurde Christian Gentner bei seiner Auswechslung von den eigenen Fans mit Pfiffen verabschiedet. Der Mittelfeldspieler des VfB nimmt es sportlich. "Wenn ein Buhmann uns helfen kann, übernehme ich diese Rolle gerne", sagt er.

Herr Gentner, haben Sie die Pfiffe noch in den Ohren?

In den Ohren nicht, aber ich habe das natürlich wahrgenommen. Das ist kein schönes Gefühl, und ich hoffe, dass ich so etwas nicht mehr erleben muss.

Wie weh tut so etwas?

Klar ist das nicht schön. Aber auch für die Fans ist das momentan eine schwierige Situation. Sie hatten andere Erwartungen, genauso wie wir. Man muss als Fußball-Profi auch mal mit Pfiffen gegen die Mannschaft oder auch einzelne Spieler klarkommen.

Ihre Rückkehr zum VfB hatten Sie sich wohl anders vorgestellt . . .

Dass es sportlich so schwierig beginnt, hätte ich wirklich nicht gedacht. Aber jammern hilft nichts. Ich habe nun hier mindestens drei Jahre Vertrag, und ich möchte mit dem VfB langfristig Erfolg haben.

Befürchten Sie, zum Buhmann zu werden?

Wenn wir einen Buhmann bräuchten und es hilft der Mannschaft, dann würde ich diese Rolle übernehmen. Es geht hier nicht um Einzelschicksale. Jetzt ist die ganze Mannschaft gefordert.

"Es passen viele Dinge noch nicht"

  Das zentrale Mittelfeld mit Ihnen und Zdravko Kuzmanovic wurde besonders heftig kritisiert. Passen Sie nicht zusammen?

Wir haben ja die letzten Spiele gar nicht zusammen in der Zentrale gespielt. Ich glaube auch nicht, dass es ein Problem zwischen Kuz und mir ist. Es passen insgesamt viele Dinge noch nicht, das Team hat sich noch nicht gefunden, und das wirkt sich auf alle Mannschaftsteile aus. Erst wenn alles passt, finden wir wieder in die Erfolgsspur.

Fehlt ein Chef im Mittelfeld?

Ich weiß nicht, ob wir einen Chef brauchen. Wir müssen dahin kommen, dass jeder für den anderen einsteht und jeder den anderen absichert. Dann kristallisieren sich auch die Führungsspieler wieder heraus, und solche Diskussionen kommen nicht mehr auf.

Sie haben bislang auf drei verschiedenen Positionen gespielt, als Innenverteidiger, auf der Sechs und links im Mittelfeld - hat Sie das verunsichert?

Dass das nicht optimal ist, ist klar. Aber mittlerweile ist genügend Zeit vergangen. So etwas darf keine Ausrede sein. Ich habe in Wolfsburg ja auch auf verschiedenen Positionen gespielt.

Unter welchen Voraussetzungen hat der ehemalige Manager Horst Heldt Sie eigentlich nach Stuttgart geholt?

Er hat mir gesagt, ich soll eine zentrale Rolle einnehmen. Aber Horst Heldt ist jetzt nicht mehr da, von daher spielen diese Gespräche keine Rolle mehr. Es geht jetzt auch nicht um mich, sondern um die Mannschaft.

Dem Team fehlt das Selbstvertrauen. Haben die Siege gegen Gladbach und in der Europa League gar nichts gebracht?

Die Europa-Liga ist ein anderer Wettbewerb. Dort haben wir nicht den Druck, den wir uns in der Liga selbst aufgebaut haben. Wir haben eine junge Mannschaft und sind momentan einfach noch nicht stabil genug. Und den Druck werden wir so lange haben, bis es uns gelingt, eine Siegesserie zu starten.

"Wir haben genügend Qualität für die Bundesliga"

 Was macht Ihnen Hoffnung?

Wir haben in dieser Saison ja auch schon gute Spiele gemacht oder zumindest gute Phasen gehabt. Allerdings viel zu selten. Wir müssen nun endlich einmal über die volle Distanz gut spielen. Ich bin aber sicher: Wir haben genügend Qualität für die Bundesliga.

Haben Sie trotzdem Angst vor dem Abstieg?

Damit müssen wir uns alle beschäftigen. Aber Angst ist fehl am Platz. Was dabei herauskommt, hat man im Spiel gegen Frankfurt gesehen. Wir müssen schnell die Köpfe frei kriegen, auch wenn das schwer ist. Aber wir haben uns selbst in diese Situation gebracht, und wir müssen uns nun auch wieder herauskämpfen.

Wie erleben Sie Christian Gross derzeit?

Er hat sich nicht verändert. Er wird nicht panisch, sondern ist nach wie vor sachlich. Natürlich spürt er auch den Druck, aber wir müssen nun gemeinsam mit dem Trainer versuchen, diesen Druck von uns zu nehmen.

Wie sehr beschäftigt die öffentliche Trainerdiskussion das Team?

Das ist eben der normale Ablauf, wenn man am Tabellenende steht. Wir können so etwas ohnehin nicht entscheiden. Wir können nur mit guten Ergebnissen dafür sorgen, dass die Diskussionen aufhören.

Erreicht der Trainer die Mannschaft noch?

Absolut.