Zum Nostalgisch werden. Klicken Sie sich durch die Bildergalerie zum Neuner. Foto: Archiv StN

Öko-Fraktion favorisiert günstigere Generalsanierung - 2010 Defizit von 890.000 Euro.

Stuttgart - Die Grünen im Rathaus fordern den Erhalt des Mineralbads Berg und gehen damit auf Konfrontationskurs. Einen weitreichenden Umbau der sanierungsbedürftigen Badeanstalt in ein Sommerfreibad, wie von der CDU gefordert, lehnt die größte Gemeinderatsfraktion ab.

Der Streit um das Mineralbad Berg spitzt sich zu. "Wir müssen einen Weg finden, wie wir die Bergianer nicht vertreiben, aber zugleich das Bad auch vor allem im Winter für mehr und jüngere Gäste attraktiver machen", sagt die Grünen-Fraktionsvorsitzende Silvia Fischer. Damit stellt sich die Ökofraktion gegen Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU), der eine Neuausrichtung des kleinsten städtischen Mineralbads jüngst in die Diskussion gebracht hatte.

"Wir brauchen eine günstigere Lösung bei Bau- wie Betriebskosten", betonte Fischer. Fraktionssprecherkollege Peter Pätzold, im Hauptberuf Architekt, warnte davor, eine Stuttgarter Einrichtung der Badekultur durch unsensible Umbaupläne zu zerstören. "So was kann man nicht auf dem blanken Reißbrett planen", betont Pätzold.

Die Plädoyers für den Erhalt des alten Neuner, wie das 1858 eröffnete Mineralbad bei Stammgästen nach seinem Erbauer Friedrich Neuner bis heute heißt, fielen nach einem Vor-Ort-Besuch der Grünen-Fraktion. Unter Führung von Bäderchefin Anke Senne machten sich die Stadträte am Dienstagnachmittag ein Bild vom Sanierungsbedarf im Bad. Und den gibt es an vielen Stellen. An aufgeplatzten Betontreppen schaut rostige Armierung hervor, Spiegel in Umkleidekabinen sind blind, die früher öffentlich zugängliche Trinkhalle mit der Elisen-Quelle ist mit Spanplatten verrammelt, seit vor einiger Zeit schwere Travertin-Wandplatten zu Boden fielen. "Was Sanierungen betrifft, befinden wir uns seit knapp zwei Jahren im Wartestand", bestätigt Bäderchefin Senne.

Einmütig hatte der Bäderausschuss des Gemeinderats Ende 2008 der Badeanstalt eine Modernisierungskur in Höhe von 16 Millionen Euro verschrieben. Zeitgleich mit einem Hotelprojekt der Häussler-Gruppe in der Nachbarschaft sollte ein runderneuertes Bad Berg im Sommer 2012 in Betrieb gehen. Der Wellness- und Spa-Bereich des neuen Drei- bis Vier-Sterne-Hotels sollte dann über einen Verbindungsgang mit dem Mineralbad verbunden sein. Aus beiden Vorhaben wurde nichts. In der Detailplanung errechneten die Bäderbetriebe ein Kostenvolumen zwischen 19,5 und 23,2 Millionen Euro für die Sanierung - und zogen die Reißleine. Das Hotelprojekt scheiterte, weil sich Investor Rudi Häussler finanziell an einer Wohnanlage auf dem ehemaligen Neoplan-Werksgelände in Möhringen verhob. Häussler musste vor einem Jahr Insolvenz anmelden.

Es war nicht der erste Versuch von Stadtkämmerer Föll, das Filetgrundstück in Parknähe zu vermarkten. Im Juni 2005 verkündete der Waldbronner Klinikbetreiber Hans Ruland, auf dem Areal ein Gesundheits- und Wellnesszentrum für 60 Millionen Euro errichten zu wollen. Zwei Jahre später zog der Gemeinderat einen Schlussstrich, nachdem Ruland entsprechende Fristen hatte verstreichen lassen. Das Baugrundstück wird heute als Parkplatz genutzt.

Die hochfliegenden Hotel-Pläne beim Mineralbad Berg belasten seitdem den Etat der Bäderbetriebe durch Zinszahlungen. Der städtische Eigenbetrieb hatte den Grundstückskauf vom damaligen privaten Besitzer des Neuner, Ludwig Blankenhorn, vorfinanziert. Vom erwarteten Verkaufserlös über rund 8,2 Millionen Euro hätte der Bäderbetrieb mit rund der Hälfte bedacht werden sollen. Seit der vollständigen Übernahme der Mineralbad Berg AG im Jahr 2005 müssen die Bäderbetriebe auch für die jährlichen Betriebsverluste des Neuner voll einstehen. "Im letzten Jahr hatten wir bei 140000 Besuchern 890000 Euro Defizit", schildert Bäderchefin Senne. Vor allem der Winterbetrieb ist ein Minusgeschäft. "Im Schnitt kommen dann täglich nur 150 Besucher", sagt Senne.

Im Sommerhalbjahr erhöht sich die Zahl auf 500. Am vergangenen heißen Montag zahlten dagegen 1800 Besucher Eintritt. "Wir müssen im Winter mehr Zuspruch haben", sagt auch Senne. Beim Umbau solle vor allem die Gebäudesubstanz modernisiert werden. In einem Gutachten, das Stadtkämmerer Föll am Dienstag genehmigte, soll der Sanierungsbedarf der Quellen erfasst werden. Außenbecken und Park sollen aus Sicht von Senne dagegen unangetastet bleiben. So sehen es auch mehr als 400 Badbesucher, die sich bislang an einer Fragebogenaktion zur Zukunft des Mineralbads Berg beteiligten. "Der Charakter und Charme des Bads sollen erhalten bleiben", zitiert Senne ein erstes Zwischenergebnis.

Unterstützung findet dieses Ansinnen auch bei StN-Kolumnist Joe Bauer, einem jahrzehntelangen Neuner-Stammgast, der am Dienstag unter anderem eine bessere Vermarktung forderte. "Mich fragen immer wieder Menschen, ob es das Bad Berg überhaupt noch gibt."