Die Gendergerechtigkeit werde an Bedeutung gewinnen, prognostiziert Susanne Omran von der Verwaltung Filderstadt. Foto: Adobe Stock/Ralf Kalytta

Ein kleines Sternchen mit großer Wirkung für die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau? Die Stadt Filderstadt verwendet ab sofort den Genderstern – als erste Kommune auf den Fildern. Warum?

Filderstadt - Filderstadt ist die erste Filderkommune, die den Genderstern einführt und in offiziellen Unterlagen verwendet. Die Stadt hat eine Broschüre namens „Regelungen für die Verwendung geschlechtersensibler Sprache“ herausgegeben und schult ihre Mitarbeiter dementsprechend. Beispielsweise heißt es nun künftig Mitarbeiter*innen statt Mitarbeiter, Kollegen*innen statt Kollegen, und Bürger*innen statt Bürger. Die Broschüre regt auch an, statt des Gendersterns alternative, geschlechtsneutrale Formulierungen zu verwenden, also etwa statt Mitarbeiter die Beschäftigten oder Teamleitung statt Teamleiter.

Niemanden diskriminieren, alle einbeziehen

„Wir haben die Formulierungsvorschläge innerhalb der Verwaltung gemeinsam erarbeitet“, sagt Susanne Omran. Sie ist Gleichstellungsbeauftragte und Leiterin des Referats für Chancengleichheit, Teilhabe und Gesundheit. Eine geschlechtersensible Sprache ist wichtig, sagt Omran, „damit niemand diskriminiert wird und alle einbezogen werden.“ Sowohl also Frauen, die in den männlichen Begriffen wie Mitarbeiter oder Bürger nicht enthalten sind, wie auch Menschen, die sich nicht dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuordnen.

Seit Dezember 2018 gilt in Deutschland das Gesetz zur Änderung der Angaben, die in das Geburtenregister eingetragen werden, seitdem gibt es die Kategorie „divers“, und seitdem müssen Stellenausschreibungen geschlechtsneutral verfasst sein. Meistens geschieht das mit dem Ausdruck „m/w/d“.

Filderstadt gehört zu den Vorreiterkommunen

„Das Genderthema ist in jüngster Zeit immer wieder in der öffentlichen Debatte“, sagt Susanne Omran. Dabei werde die Diskussion jedoch oft als Geschlechterkampf geführt statt als Bemühen um Gleichberechtigung. „Aber wir wollen ja niemanden angreifen, sondern wir wollen alle mit einbeziehen.“ Das sei ja auch durch das Urteil des Bundesverfassungsgericht vorgegeben, aus dem das Gesetz zur dritten Geschlechtsoption hervorging. Dass es eine Weile dauere, bis man sich an die neuen Formulierungen gewöhnt habe, sei selbstverständlich, sagt Susanne Omran. „Es geht ja nicht darum, alles gleich perfekt zu können, sondern darum, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, wie eine geschlechtersensible Sprache aussieht und wie man diese anwenden kann.“

Filderstadt gehört mit diesem Vorstoß zu den Vorreiterkommunen in Deutschland. Dem Problem der geschlechtergerechten Sprache haben sich noch nicht viele Städte angenommen, in Leinfelden-Echterdingen etwa ist das derzeit kein Thema. In Hannover und Augsburg dagegen haben die Verwaltungen Formulierungshinweise zur geschlechtersensiblen Sprache gegeben.

Stuttgart plant ebenfalls die Verwendung des Gendersterns

In Stuttgart ist auch ein Leitfaden zur Verwendung des Gendersterns in Planung. „Es geht um die Sichtbarmachung der verschiedenen Geschlechtsidentitäten“, sagt Ursula Matschke, die Gleichstellungsbeauftragte der Landeshauptstadt. Gemeinsam mit der LGBTQ-Community habe man den Leitfaden mit Formulierungsvorschlägen erarbeitet. Interne Abstimmungen stehen an, Mitte Februar soll der Leitfaden erscheinen, Schulungen für die Mitarbeiter sind in der Planung.

Neben dem Genderstern setzt Filderstadt auch das Pilotprojekt „Chancengerechtes Filderstadt – Gender Mainstreaming in der Praxis“ um. Mit Gender Mainstreaming ist die tatsächliche Gleichstellung von Mann und Frau gemeint. „Gerade mit Blick auf die unterschiedlichen Bedürfnisse und Potenziale von Männern und Frauen unterschiedlichen Alters sowie in unterschiedlichen Lebenssituationen haben Diversitätsmanagement und Genderkompetenz künftig eine wachsende Bedeutung für die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Kommunen, schreibt Susanne Omran in der Beschlussvorlage dazu.

Geschlechtergerechtigkeit praktisch umsetzen

Wie Geschlechtergerechtigkeit praktisch umgesetzt werden kann, sollen drei dezernatsübergreifende Projekte zeigen. Diese werden von der Projektlenkungsgruppe begleitet, anschließend wird aus den Ergebnissen eine Handlungsempfehlung erarbeitet, über die der Gemeinderat abstimmen kann. Dabei soll es nicht um zusätzliche Arbeit gehen, sondern darum, den Blick auf den Genderaspekt bei allen Verwaltungsvorgängen zu integrieren. „Das heißt, für alle Geschlechter den Blick zu öffnen“, erklärt Susanne Omran, es gehe nicht um Frauenförderung. Eine Projektlenkungsgruppe soll den Prozess begleiten, der Vorsitz ist bei Oberbürgermeister Christoph Traub, Susanne Omran ist dabei, ebenso wie Vertreter der Gemeinderatsfraktionen.