Der Gemüsebauer Christian Merz baut mittlerweile auf drei Hektar Ackerfläche zwischen Rommelshausen und Fellbach Getreide an. Foto: Eva Herschmann

Landwirt Christian Merz aus Rommelshausen beklagt den Untergang seiner Zunft Der 55-Jährige, der Gemüse anbaut, ärgert sich über die Politik und Supermärkte, die billige Ware aus dem Ausland anbieten.

Christian Merz ist eigentlich ein Kämpfertyp, der nicht so schnell aufgibt. Der Landwirt aus Rommelshausen ist – gemeinsam mit seinem Bruder Reiner – im vergangenen Sommer nach Berlin zu den großen Bauernprotesten geflogen. „Ich bin nicht zufrieden mit der Politik und den Verbänden, denn die machen alles nur für die Großbetriebe“, sagte der 55-jährige Inhaber von Gemüsebau Merz damals. Seitdem ist die Situation der Landwirtschaft nicht besser geworden. Im Gegenteil. Und so langsam hat Christian Merz keine Kraft und keine Lust mehr. „In den Supermärkten gibt es fast nur ausländisches Gemüse und Obst, und ich kann bei mir das Zeug wegwerfen.“

 

Die Produktionskosten sind gestiegen

Das Argument, dass Obst und Gemüse von einheimischen Erzeugern zu teuer für Otto Normalverbraucher sei, greift für Christian Merz nicht. Spargel und Erdbeeren seien in diesem Jahr billiger als im Vorjahr gewesen. Dabei seien die Produktionskosten gestiegen, darunter auch die Preise für Erde und Pflanzen. „Für beides muss ich pro Woche mittlerweile 500 Euro mehr hinlegen.“ Und der Preis von reinem Stickstoffdünger habe sich sogar fast vervierfacht. Einer der beiden großen Händler in Deutschland könne nicht liefern, da er seine Rohstoffe aus Russland bezieht und derzeit kein Material bekomme, sagt Christian Merz.

In Holland ist die Krise der Landwirtschaft schon angekommen. Seit einigen Wochen laufen dort Bauerndemonstrationen gegen die ihnen von der Politik auferlegten Gesetze und Vorgaben, die für viele einem Berufsverbot gleichkommen. Mit Treckern und Heuballen blockierten kürzlich hunderte Landwirte die Zufahrten zu Großlagern der Supermärkte. Auch deutsche Landwirte beteiligen sich an den Grenzübergängen an den Kundgebungen. Auf Instagram, Facebook und TikTok sammeln sich unter dem Hashtag #boerenprotest Bilder und Videos von Teilnehmern und Augenzeugen der Auseinandersetzungen.

Brennende Heuballen und klatschende Menschen

„Mittlerweile sind die Proteste nach Belgien hinübergeschwappt, und auch in Spanien gehen die Bauern auf die Straße“, sagt Christian Merz, der sich mit den Protesten solidarisiert. Der Landwirt aus dem Remstal hat von seinen Standeskollegen vor Ort Bilder und Videos geschickt bekommen. Sie zeigen brennende Heuballen und eine Menge von Menschen, die die Aktion beklatscht. „Wir sind auf dem besten Weg, dass bei uns die gleichen Zustände herrschen“, sagt der streitbare Bauer aus Rommelshausen. Auch hier gehe es bei vielen Landwirten um die nackte Existenz.

Die Energiekosten stiegen stetig, wobei er noch Glück habe, weil er Kaltkulturen ziehe, berichtet Merz. Seine Kollegen, die im Gewächshaus Tomaten, Feldsalat und Gurken anbauen, müssten noch viel tiefer in die Tasche greifen. Zudem habe sich das Kaufverhalten der Kunden geändert. Zwei Jahre lang – während der Hochzeit der Coronapandemie – habe er seine Ware gut verkaufen können. Die Leute hätten „saisonal und regional“, also bewusst eingekauft. Doch seitdem Inflation und Preissteigerung für die meisten spürbar geworden sind, griffen wieder immer mehr zur ausländischen Billigware im Supermarkt, die mit ganz anderen Pflanzenschutzmitteln produziert werde als die seine. „Mein Verkauf ist um bis zu 20 Prozent eingebrochen.“

Kummer bereitet die Erhöhung des Mindestlohns

Auch die Erhöhung des Mindestlohns bereitet ihm Kummer. „Wenn ich den Preis an meine Kunden nicht weitergebe, muss ich schauen, ob sich die Kulturen überhaupt noch lohnen.“ Schon in diesem Jahr hat Christian Merz seine Gemüseproduktion um 20 Prozent reduziert, stattdessen auf drei Hektar Weizen ausgesät. „Wenn die Lieferketten unterbrochen sind, ist es doch gut, wenn wir hier vor Ort auch Getreide anbauen“, sagt er und versteht nicht, warum der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir von den Grünen, den Getreideanbau auf Ökoflächen ablehnt. Vier Prozent Fläche von Betrieben, die Subventionen bekommen, müssten in jedem Jahr in Europa stillgelegt werden. Für dieses Jahr habe die EU wegen des Kriegs in der Ukraine die Regelung ausgesetzt und es jedem Mitgliedsland überlassen, was damit gemacht wird. „Die meisten Länder haben die Flächen für die Getreideproduktion freigegeben, auch Deutschland. Aber bei uns darf dort nicht gedüngt und gespritzt werden. Das macht keinen Sinn.“

Christian Merz wird wohl seine Produktion im nächsten Jahr erneut drosseln. Obwohl der Krieg in der Ukraine doch allen zeige, wie wichtig die Landwirtschaft im eigenen Land für die Versorgung sei, sagt er. „Aber irgendwann produzieren wir dann halt gar nichts mehr, und dann sind wir davon abhängig, dass wir nur noch Fleisch, Obst und Gemüse aus anderen Ländern teuer und klimaschädlich importieren müssen, und dafür werden dann auch noch Wälder und Urwälder abgeholzt. Und von Tierwohl ist in Argentinien auch keine Rede.“