Wirbt für die neue Schulart: Kultusminister Andreas Stoch Foto: dpa

Das Interesse an den Gemeinschaftsschulen hält an. Zum Schuljahr 2015/16 genehmigt das Kultus- ministerium weitere 62 Schulen im Land. Damit erhöht sich die Gesamtzahl auf 271.

Stuttgart - Für Dieter Maucher ist die Gemeinschaftsschule der richtige Weg – weil die Schüler individuell gefördert werden und Lehrer enger zusammenarbeiten. „Unser Erfolg und die positiven Reaktionen der Eltern und Schüler zeigen, dass es sich lohnt“, sagte der Lehrer der Mali-Gemeinschaftsschule aus Biberach, der kürzlich mit zwei Kollegen den Deutschen Lehrerpreis erhielt, am Montag in Stuttgart.

Er ist nicht der einzige Befürworter. Nach den Sommerferien werden zu den 209 Gemeinschaftsschulen weitere 62 hinzukommen. Acht der neuen sind bisher Realschulen, die übrigen Haupt-/Werkrealschulen. Zwei weitere Realschulen gehen einen Schulverbund mit einer Gemeinschaftsschule ein, in Weissach im Tal beteiligt sich auch das Gymnasium an einem Verbund. An den Gemeinschaftschulen lernen die Schüler gemeinsam und unabhängig von ihrer Grundschulempfehlung. In jeder Klasse oder Lerngruppe werden alle Niveaus – Hauptschule, Realschule und Gymnasium – angeboten, welchen Abschluss die Schüler später machen, hängt von ihrer Leistung und Motivation ab.

Zu Gemeinschaftsschulen werden in der Region Stuttgart die Zeppelinschule und die Albert-Schweitzer-Schule in Fellbach, die Erich-Kästner-Schule in Weinstadt, die Bürgfeldschule in Welzheim, die Conrad-Weiser-Schule in Aspach, die Walterichschule in Murrhardt, die Heinrich-Steinhöwel-Schule in Weil der Stadt, die Goldbergschule in Sindelfingen, die Ludwig-Uhland-Schule Gärtringen, die Theodor-Heuss-Schule Brackenheim, die Schule auf dem Laiern in Kirchheim a. N., die Waldschule und die Schule im Sand in Bietigheim-Bissingen, die Blankensteinschule in Steinheim, die Raunerschule in Kirchheim u.Teck, die Realschule am Schillerpark und die Katharinenschule in Esslingen sowie die Realschule Weilimdorf und die Schickhardt-Realschule in Stuttgart.

Die Gemeinschaftschulen seien inzwischen zu einem „festen Bestandteil“ des baden-württembergischen Schulsystems geworden, sagte Kultusminister Andreas Stoch (SPD) am Montag. Das sei „insbesondere das Verdienst der vielen engagierten Lehrerinnen und Lehrer“. Von ursprünglich 76 Anträgen wurden acht zurückgezogen, sechs Anträge wurden abgelehnt, weil sie die Voraussetzungen nicht erfüllten. Voraussetzung ist ein gutes pädagogisches Konzept, das Ganztagsunterricht und Inklusion einschließt. Zudem muss die Eingangsstufe langfristig mindestens 40 Schüler haben.

„Es ist völlig abwegig zu glauben, dass die Kommunen von der Pädagogik der Gemeinschaftsschulen überzeugt wären“, konterte der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Georg Wacker. Die meisten Kommunen wollten ihren Standort retten, indem sie ihre Haupt-/Werkrealschulen in Gemeinschaftsschulen umwandelten.

CDU und FDP kritisieren seit langem, die Gemeinschaftsschulen seien viel besser ausgestattet als die übrigen Schulen, und fordern eine Gleichbehandlung aller Schularten. CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf will im Falle eines Wahlsiegs den weiteren Ausbau stoppen. Auch sollten die Gemeinschaftsschulen keine eigene gymnasiale Oberstufe erhalten. Nach derzeitigen Stand können Schulen mit mindestens drei Klassen je Jahrgang nach der zehnten Klasse eine Gymnasialstufe einrichten. Schüler kleinerer Gemeinschaftsschulen können nach der mittleren Reife an allgemeinbildende oder berufliche Gymnasien wechseln.

Das Kultusministerium wies die CDU-Berechnung als falsch zurück. Sie berücksichtigten nicht, dass die Gemeinschaftsschulen verbindliche Ganztagsschulen seien und vermische unzulässig Zahlen. Auch erhielten Gemeinschaftsschulen nur in den ersten drei Jahren Extrastunden als Starthilfe, um das neue Modell zu entwickeln.

Wolfs Distanz zu den Gemeinschaftsschulen sei nicht nachvollziehbar, sagte Doro Moritz, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). „Die deutliche Mehrheit der Bürgermeister, in denen Gemeinschaftsschulen gegründet wurden, sind CDU-Mitglied oder CDU-nah.“ Ein Beispiel ist Ludwigsburg – die Stadt mit CDU-nahem Oberbürgermeister gründet nach den Sommerferien ihre erste Gemeinschaftsschule. Lehrer aller Schularten haben sich zusammengetan, um gemeinsames Lernen zu ermöglichen, sie erwarten bis zu vier Eingangsklassen.