Unterricht in einer Gemeinschaftsschule. Foto: dpa

Heftiger Streit um die grün-rote Gemeinschaftsschule. „Aus meiner Sicht müsste der Irrweg unverzüglich aufgegeben werden“, sagt der renommierte Kölner Bildungsforscher Matthias Burchardt.

Stuttgart - In der baden-württembergischen Schulpolitik zeichnet sich ein neuer heftiger Streit um die Gemeinschaftsschule ab. „Aus meiner Sicht müsste der Irrweg unverzüglich aufgegeben werden“, sagte der renommierte Kölner Bildungsforscher Matthias Burchardt am Mittwoch im Interview mit unserer Zeitung. Die grün-rote Landesregierung müsse „eingestehen, dass dieses System gescheitert ist“.

Burchardt reagiert damit auf ein Gutachten über die Arbeit einer Gemeinschaftsschule in Tübingen, das zuletzt bekannt geworden war. Die Untersuchung durch Wissenschaftler habe bewiesen, „dass bestimmte pädagogische Maßnahmen nicht so funktionieren, wie es der Öffentlichkeit versprochen wurde“. Das Gutachten zeige, „dass die Lehrer es nicht mal geschafft haben, die inhaltlichen Fehler in den Lernpaketen zu korrigieren. Der Schüler weiß also nicht, ob er es richtig oder falsch gemacht hat.“

Grün-Rot hat System der Gemeinschaftsschulen vorangetrieben

Grün-Rot hatte mit Beginn dieser Legislaturperiode das System der Gemeinschaftsschulen vorangetrieben. Ab dem neuen Schuljahr gibt es landesweit 271 Gemeinschaftsschulen. Aus Sicht von Burchardt wäre es fahrlässig, weitere Schulen zu genehmigen. Stattdessen müsse es einen Vergleich der Tübinger Gemeinschaftsschule mit Ergebnissen traditioneller Schulen geben. „So lange dies nicht geschehen ist, halte ich es für sehr gefährlich, eine ganze Generation von Schülern einem unausgegorenen System anzuvertrauen, in dem vieles darauf hindeutet, dass es scheitern muss.“ Die Folgen würden sich erst in einigen Jahren zeigen, „dann könnte es einen großen Verlust an Bildungsqualität, Ausbildungsfähigkeit und Studierfähigkeit“ geben.

Burchardt warnt deshalb: „Ich würde mir als Eltern zweimal überlegen, ob ich mein Kind einem solch kalten System anvertraue, das den Beleg für seine politischen Verheißungen bislang schuldig geblieben ist.“