Im Gemeinschaftskunde-Abitur kam es zu einer Panne. (Symbolbild) Foto: dpa

Nach einer Panne im Gemeinschaftskunde-Abitur soll die Prüfung an 130 Gymnasien wiederholt werden. Nun zeigen sich die Lehrer empört.

Stuttgart - Nach den Diskussionen um eine Abitur-Aufgabe im Gemeinschaftsabitur zeigen sich die Pädagogen empört. Doro Moritz, die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), schimpft: „Offenbar versucht das Kultusministerium einmal wieder die Schuld für eigene Fehler den Lehrkräften zuzuschieben.“ Dagegen würden Lehrer übereinstimmend berichten: „Die Abi-Aufgabe war falsch formuliert und die Schulverwaltung war darüber schon vor Beginn der Prüfung am 6. Mai informiert worden.“ Moritz wirft dem Kultusministerium vor: „Die Schuldzuweisungen an die Lehrer/innen und die 24-Stunden-Frist für die Schüler/innen sind eine Frechheit.“

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Die GEW zitiert einen Gemeinschaftskundelehrer, der darlegt, der Begriff des Kategorienmodells sei in der fachwissenschaftlichen Terminologie nicht gebräuchlich, auch wenn er im Bildungsplan stehe. Der Begriff komme so auch in keinem Lehrwerk vor. Der Pädagoge ist der Auffassung, die Lehrer müssten nicht den Begriff lehren, „sondern, dass die Schüler die Struktur der Staatenwelt mit Hilfe eines Kategorienmodells beschreiben können.“ Das hätten „natürlich alle Kollegen übersetzt und fachlich zutreffend „Theorien der internationalen Beziehungen“, „Weltordnungsmodelle“ oder „Denkschulen“ unterrichtet. Dazu sage kein Mensch „Kategorienmodell“.

Das Kultusministerium hält die „Behauptungen der GEW“ für falsch und weist sie „„in aller Deutlichkeit zurück“. Das Ministerium bekräftigt: „Die betreffende Aufgabe war klar und eindeutig formuliert und entspricht eins zu eins den Vorgaben des Bildungsplans.“ Im Gegensatz zur GEW gehe es dem Ministerium nicht um Schuldzuweisungen, „sondern darum, den betroffenen Schülerinnen und Schülern nun ein möglichst faires Verfahren zu ermöglichen.

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Philologenverband wehrt sich gegen „Lehrerbashing“

Ralf Scholl, der Vorsitzende des Philologenverbands, der die Gymnasiallehrer vertritt, pflichtet Doro Moritz bei. Die Gemeinschaftskundelehrer hätten von Anfang an an dem Begriff „Kategorienmodell” Kritik geübt, „da er in diesem Zusammenhang unüblich und unklar beziehungsweise schlecht definiert ist“, sagte Scholl unserer Zeitung. Im Unterricht (und auch in den Lehrerfortbildungen zum Bildungsplan) sei der Begriff durch die genaueren Begriffe „Theorien”, „Deutungsmodelle” und „Deutungsansätze” ersetzt worden. „Statt also jetzt ein plattes Lehrerbashing zu betreiben, sollte eher die Frage gestellt werden, wie der Begriff „Kategorienmodell” in diesem Zusammenhang überhaupt in den Bildungsplan hineinkam und zum anderen jetzt (nach Jahren) in die gestellte Abituraufgabe“, argumentiert Scholl.

Es sei fair, dass die Schüler die Möglichkeit der Wiederholung bekämen, sie hätten die Probleme ja nicht zu verantworten. Nach ersten Anzeichen entscheiden sich Scholl zufolge weniger als ein Viertel der Betroffenen für eine Wiederholung. Dass sich die Schüler innerhalb von 24 Stunden entscheiden müssten, sei der „zeitlichen Enge“ geschuldet. Die Klausuren müssten erst-, zweit- und drittkorrigiert werden.