„Kann schon mal passieren“, sagt Innenminister Thomas Strobl (CDU) zu Omid Nouripours Vorschlag. CDU-Landeschef Manuel Hagel geht mit den Grünen härter ins Gericht. Foto: dpa

Alle Landtagswahlen an einem Termin, lautet ein Vorstoß des früheren Grünen-Chefs Omid Nouripour. Landespolitiker in Baden-Württemberg üben sich in ungewohnter Einigkeit.

Bräuchte es einen Werbeslogan für die anstehende Landtagswahl, so könnte der heißen: Wir liegen vorn. Denn im Super-Wahljahr 2026 hat Baden-Württemberg sich das früheste Datum von fünf Landtagswahlen gesichert. Schon am 8. März dürfen die Wahlberechtigten hierzulande – unbelastet von Wahlkampfgerassel in anderen Ländern – ihre Stimme abgeben. Ginge es nach Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour (Grüne) wäre diese Ruhe vor dem Sturm nicht mehr möglich. Er schlug Anfang der Woche vor, alle Landtagswahlen an einem Termin abzuhalten. Die Legislaturperiode des Bundestags will er auf fünf Jahre ausweiten und mit den Kommunalwahlen zusammenlegen. Damit gäbe es in Deutschland zwei große Wahltermine. Nouripour erhofft sich davon weniger „Atemlosigkeit“ in der Politik.

 

Klare Absage aus Baden-Württemberg

Ein guter Vorschlag? In Baden-Württemberg lautet die einhellige Meinung: Nein. Dabei fürchten die Landespolitiker im Südwesten nicht so sehr die Wahlkampf-Konkurrenz anderer Bundesländer. Denn würden die Landtagswahlen 2026 alle gleichzeitig stattfinden, könnten die Spitzenkandidaten von CDU, Manuel Hagel, und Grünen, Cem Özdemir, durchaus Konkurrenz in der öffentlichen Aufmerksamkeit bekommen. Wohl eher nicht aus dem Nachbarland Rheinland-Pfalz, aber etwa von Sachsen-Anhalt, wo die CDU 2026 sich einer starken Konkurrenz von der AfD ausgesetzt sieht.

Doch im Land hat man ganz andere Bedenken: „Sobald man die Landtagswahlen zusammenlegt, wird das eine kleine Bundestagswahl“, sagte Grünen-Co-Landeschef Pascal Haggenmüller unserer Zeitung. Das habe man schon bei der Europawahl im vergangenen Jahr gesehen. Hinzu kommt: „Landtagswahlen zur Mitte der Bundestagslegislaturperiode hätte den Charakter von Mid-Term-Elections in den USA, wo der Regierung noch einer mitgegeben wird.“ Das, so fürchtet Haggenmüller, könne auch dazu führen, dass der Bundesrat blockiert wird. „Es ist jetzt schon schwer, dort Mehrheiten zu organisieren.“ Ähnlich argumentiert SPD-Landeschef Andreas Stoch und fügt hinzu: „Gerade die unterschiedlichen Wahltermine zeigen, wie sich politische Stimmungen entwickeln – und das ist ein Gewinn für unsere Demokratie.“

FDP-Landeschef Hans-Ulrich Rülke führt ähnliche Argumente ins Feld und betont gleichzeitig, er sehe gar keine Chance, den Vorschlag umzusetzen. „Es müssten sechzehn Landesverfassungen geändert werden, wobei sechzehn Länderparlamente ihre Legislaturperioden zum Teil extrem verkürzen müssten.“ AfD-Landeschef Markus Frohnmaier wirft zudem die Frage auf, was passieren würde, wenn es nach einer Regierungskrise zu Neuwahlen käme. Würde dann die Synchronisation aufgegeben oder die Legislaturperiode verlängert oder verkürzt?

Strobl: „Kann schon mal passieren“

Innenminister Thomas Strobl (CDU), der im Land für die Organisation der Wahlen zuständig ist, wundert sich über den Vorschlag: „Normalerweise schätze ich den Omid Nouripour sehr“, sagt er und beurteilt den Vorstoß milde als „schnelle-Sommerloch-Schlagzeilen-Tour“. Versöhnlich fügt er hinzu: „Das kann schon mal passieren“. Ähnlich wie Grünen-Chef Haggenmüller kann Strobl zumindest einem Teil des Vorschlags etwas abgewinnen: „Wenn dem Bundestags-Vizepräsidenten zu viel Wahlkampf in der Republik ist, möchte er doch bitte eine Reform des Bundestagswahlrechts mit einer fünfjährigen Wahlperiode des Deutschen Bundestages in die Umsetzung bringen, die wir übrigens in den Ländern bereits haben.“ Das eigentliche Ziel Nouripours lasse sich mit der Synchronisierung nicht erreichen: „Das tagesaktuelle Schielen mancher Politiker auf Umfragen wie Konzern-Manager auf Aktienkurse lässt sich nicht mit einem einheitlichen Wahltermin wegadministrieren“, sagt Strobl. Jeder sei gefordert, sich nicht an kurzfristigen Stimmungsbarometern auszurichten und verlässliche Politik zu machen.

Ob Grün-Schwarz in Baden-Württemberg das allerdings im Endspurt seiner Legislaturperiode durchhalten kann? Schon vor der Sommerpause war viel Unsicherheit in der Koalition zu spüren, ob wichtige Vorhaben angesichts des dräuenden Wahlkampfs noch durchzusetzen sind. CDU-Landeschef Manuel Hagel lässt jedenfalls ahnen, in welche Richtung es gehen könnte, wenn er den Vorschlag ohne weitere Begründung ablehnt und ihn schon mal nutzt, um gegen den politischen Gegner nachzusetzen: „Die Grünen wären gut beraten, sich jetzt mal um die echten Probleme in unserem Land zu kümmern“, sagte Hagel. „Die Hütte brennt – darum müssen wir uns kümmern.“

Landtagswahlen 2026

Baden-Württemberg
Am 8. März wählt der Südwesten. Aktuell liegt die CDU mit Spitzenkandidat Manuel Hagel in Umfragen vorn. Die Grünen gehen mit Cem Özdemir ins Rennen um die Nachfolge von Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Sie rangen zuletzt mit der AfD zuletzt um den zweiten platz in Umfragen.

Rheinland-Pfalz
wählt am 22. März. Alexander Schweitzer (SPD) hat einen Amtsbonus als Nachfolger von Malu Dreyer. Sein Herausforderer von der CDU ist Landeschef Gordon Schnieder.

Sachsen-Anhalt
ist am 6. September in einer ähnlichen Situation wie Baden-Württemberg. Dort will Sven Schulze (CDU) Ministerpräsident Reiner Haseloff beerben, hat aber starke Konkurrenz von der AfD.

Berlin und Mecklenburg-Vorpommern
wählen am 20. September. Dort stellen sich mit Kai Wegener (CDU) und Manuela Schwesig (SPD) die beiden Amtsinhaber zur Wahl.