Foto: dpa

Angesichts knapper Kassen bei den Kommunen sollte die Kinderbetreuung laut Gemeindetag im Land langsamer ausgebaut werden.

Stuttgart - Angesichts des massiven Rückgangs kommunaler Einnahmen infolge der Wirtschaftskrise tritt der Gemeindetag Baden- Württemberg bei der Kinderbetreuung auf die Bremse. "Mir geht es nicht um Kürzungen sondern um das Tempo des Ausbaus. Hier muss über eine Drosselung nachgedacht werden", sagte der Präsident des Kommunalverbandes, Roger Kehle, am Mittwoch in Stuttgart. Städte und Gemeinden im Südwesten müssten im Endausbau für die Betreuung der unter Dreijährigen jährlich gut 300 Millionen Euro aufwenden. Sollte der Orientierungsplan zur besseren Vorbereitung der Kleinen auf die Schule landesweit verwirklicht werden, schlage dies in den kommunalen Kassen mit rund 600 Millionen Euro zu Buche.

Auch der Städtetag rechnet mit massiven Einschnitten für die Bürger. Voraussichtlich müssten notwendige Investitionen verschoben, Steuern, Gebühren und Beiträge angehoben und freiwillige Leistungen - etwa im Kulturbereich - gekürzt werden. "Ein harter und konsequenter Sparkurs ist aber unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die Städte handlungsfähig bleiben", sagte ein Sprecher des Städtetags.

Kehle sagte, die Gewerbesteuer-Einnahmen seien derzeit im freien Fall. Durchschnittlich werde mit einem Einbruch von bis zu 25 Prozent gerechnet. Nach dem Gemeindefinanzbericht 2009 des Kommunalverbandes müssen Städte und Gemeinden im laufenden Jahr ein Minus von 720 Millionen Euro verkraften. Im Vorjahr hatte die Differenz zwischen Ausgaben und Einnahmen noch ein Plus von knapp 1,7 Millionen Euro ergeben. Im Jahr 2010 befürchtet Kehle sogar einen negativen Saldo von 1,5 Milliarden bis 1,7 Milliarden Euro.

Der Chef des Gemeindetags betonte: "Der Orientierungsplan ist in sich eine sinnvolle Weiterentwicklung der Kindergärten, aber wir rufen die Finanzfrage auf." Er fügte hinzu: "Die Leistungen muss der übernehmen, der sie bestellt hat und das ist das Land."

Nach der vom Landtag im April 2008 verabschiedeten Änderung der Landeverfassung gehorchen die Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen stärker dem Grundsatz "Wer bestellt, bezahlt". Das Land soll gemäß dem sogenannten Konnexitätsprinzip künftig die Kosten übernehmen, wenn es neue Aufgaben an die Kommunen überträgt oder wenn bestehende Aufgaben verändert werden.

Nach Kehles Worten haben die Kommunen die Betreuung der Kinder im Alter unter drei Jahren kräftig vorangetrieben. Die Betreuungsquote sei von 3,8 Prozent im Jahr 2005 auf etwa 14,5 Prozent Ende vergangenen Jahres gestiegen. "Es ist die Frage, ob die Vorgaben des Bundes angesichts der immensen finanziellen Probleme der öffentlichen Kassen noch eingehalten werden können", mahnte Kehle. Bis zum Jahr 2014 sollen alle Kinder bis zum dritten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz haben.

Der Gemeindetag erwartet im Oktober harte Verhandlungen mit dem Land. Denn Ende kommenden Jahres läuft auch eine Finanzvereinbarung aus dem Jahr 2006 aus. Danach darf das Land jährlich 395 Millionen Euro aus dem Kommunalen Finanzausgleich entnehmen und verzichtet dafür auf eine weitere genaue Abrechnung der Leistungen des Landes für die kommunale Steuerkraft im Länderfinanzausgleich. Die Entnahme von knapp 400 Millionen Euro durch das Land könne bei den Gesprächen nicht zugrunde gelegt werden, meinte Kehle. "Für uns ist die Null die Ausgangsbasis, mit der wir in die Verhandlungen gehen."

http://www.gemeindetag-bw.de