Diesmal kommt nur ein Wahlbrief in die Wahlurne. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Im Alleingang wählt Tauberbischofsheim einen neuen Gemeinderat. Der Verwaltungsgerichtshof will es so. Doch das eigentliche Problem ist weiterhin ungelöst

Fragt man die Passanten auf dem Marktplatz von Tauberbischofsheim nach der Gemeinderatswahl am kommenden Sonntag, herrscht große Einigkeit. „Saublöd“ sei das Ganze. Dankbarkeit über den ungewöhnlichen Wahltermin herrscht nicht einmal in Impfingen. Dabei sind die dortigen Einwohner ja die eigentlichen Nutznießer der außerplanmäßigen Wiederholungswahl.

Dass der größte Teilort mit mehr als 1000 Einwohnern nach den Vorgaben des bisher geltenden Wahlsystems der unechten Teilortswahl genauso nur einen Vertreter im Gemeinderat besitzt wie der kleinste Teilort Dienstadt mit 315 Einwohnern war der Grund für die erfolgreiche Anfechtung der Gemeinderatswahl von 2019 gewesen. Künftig gilt weiterhin die unechte Teilortswahl, jedoch erhält Impfingen zwei Vertreter. Und doch finden viele: es hätte doch gereicht, wenn der Mannheimer Verwaltungsgerichtshof (VGH), der der Klage einer Frau aus dem Stadtteil stattgegeben hatte, die Korrektur bis zum nächsten normalen Wahltermin angeordnet hätte – ohne eine vorzeitige Neuwahl zu fordern.

Nur der Linken-Stadtrat verzichtet

Eigentlich werden in Baden-Württemberg alle fünf Jahre die Kommunalparlamente landesweit am selben Wahltermin neu bestimmt. Tauberbischofsheim muss nun vorzeitig im Alleingang wählen – und zwar nur für ein gutes Jahr. Denn im Mai 2024 sind schon die nächsten Kommunalwahlen angesetzt. Und auch in Tauberbischofsheim geht es am Sonntag nur um die Sitze im Gemeinderat. Die Kreis- und Ortschaftsräte bleiben im Amt.

Dass es allzu große Verschiebungen durch die Wahl geben wird, glauben die Sprecher der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen nicht. Er habe weitgehend die gleichen Namen auf seiner Liste wie vor vier Jahren, sagt der CDU-Fraktionschef Kurt Baumann. „Wir sind ein ziemlich alter Gemeinderat“, sagt Bernd Mayer von der Bürgerliste, einer vor allem von SPD und Grünen bestückten Vereinigung. Der große Generationswechsel werde aber erst 2024 stattfinden. „Dann trete auch ich nicht mehr an“, sagt der 78-Jährige. Nur der Linken-Stadtrat Rolf Grüning verzichtet diesmal auf eine Kandidatur. Er will aber 2024 wieder eingreifen.

Jetzt sind die nächsten Stadtteile unzufrieden

Die Frage ist, zu welchen Spielregeln dann gewählt wird. Der Interimsgemeinderat werde sich in jedem Fall noch einmal mit dem Wahlsystem befassen, sagt Mayer. Denn so lange die unechte Teilortswahl gilt, die für alle Stadtteile Garantiesitze vorsieht, werde es in Tauberbischofsheim keine rechtssichere Wahl geben. Denn nun fühlen sich Distelhausen und Dittigheim, die jeweils rund 900 Einwohner besitzen, benachteiligt.

Nach der Anzahl der Briefwahlanträge deutet sich eine geringe Wahlbeteiligung an. Beim Wahlkampf hielten sich die Fraktionen verabredungsgemäß zurück. Die Flyer mit den Gesichtern der Kandidaten wurden nicht flächendeckend verteilt. Teuer wird die Neuwahl aber für die Stadt. Die Vorbereitung habe 40 000 Euro verschlungen, heißt es aus dem Hauptamt. Für die Schulung und die Aufwandsentschädigungen der 150 Wahlhelfer fallen weitere 9000 Euro an. Demokratie kostet Geld – und der Rechtsstaat eben auch.

Die Fans der Klägerin kommen aus Fellbach

Soll doch die Klägerin die Kosten tragen, finden manche. Die Frau taucht übrigens auf keiner der drei Wahllisten – auch die „Unabhängigen Freien Wähler“ kandidieren – auf. Auch sonst trat sich nicht in Erscheinung. Dem Vernehmen nach soll sie schon wieder aus Tauberbischofsheim fortziehen. Doch es gibt durchaus Menschen, die ihr dankbar sind. Das sind vor allem die Mitarbeiter des Landesrechenzentrums in Fellbach. Sie können ihr EDV-Programm „Wahlmanager“, das bisher nur bei Landtags- und Bürgermeisterwahlen eingesetzt wurde, bei einer komplexen Gemeinderatswahl erproben. Geht alles gut, könnte schon gegen 21 oder 22 Uhr am Wahlabend das Endergebnis vorliegen. Normalerweise wird noch tagelang ausgezählt.