In Vaihingen haben die Grünen ihre Kandidaten für die Gemeinderatswahl im kommenden Jahr gewählt. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Mit dem klaren Ziel, die Mehrheit im Stadtparlament zu erobern, hat das Bündnis 90/Die Grünen die Kandidatenliste für die Kommunalwahl bestimmt.

Stuttgart - Da schon mit Listenplatz sechs der Wettbewerb um möglichst aussichtsreiche Startplätze für die am 26. Mai kommenden Jahres stattfindende Kommunalwahl begann, dauerte am Samstag die Aufstellung der Kandidatenliste im Campus.Guest in Vaihingen bis in die Abendstunden. Früh stand allerdings fest, wer die Partei als Spitzen-Duo in den Wahlkampf führen wird: die Bildungs- und Sozialexpertin Gabriele Nuber-Schöllhammer, die mit 86,6 Prozent auf Platz 1 der Liste gewählt wurde, sowie der aktuelle Fraktionsvorsitzende Andreas G. Winter (95,6).

In Anwesenheit von Oberbürgermeister Fritz Kuhn nahm Winter in seiner Bewerbungsrede gleich den Fehdehandschuh auf, den Alexander Kotz vor Wochenfrist bei der Kandidatenkür der CDU hingeworfen hatte: „Wenn die Autoversteher-Partei sagt, wir könnten nicht Großstadt, dann geht das unter die Gürtellinie und grenzt an Diffamierung.“ Nuber-Schöllhammer nannte den Vorwurf „lächerlich und frei von jedem Realitätsgehalt“. Vor fünf Jahren erst per Kampfabstimmung auf die Liste gekommen, sah sie in der Vertrauensbekundung durch die Wahlversammlung „über die persönliche Anerkennung hinaus“ auch etwas Prinzipielles:„Wir kommen von der Ökologie, und wir stehen für Ökologie. Wir haben aber auch ein deutlich verstärktes soziales Profil.“ Innovation, Nachhaltigkeit, „bezahlbare Wohnquartiere in guter Durchmischung“, „qualitativ hochwertige Kitas und Ganztagsschulen“ sowie „das soziale Miteinander der Stadtgesellschaft“ waren so Merkpunkte ihrer Bewerbungsrede.

In einer Kampfabstimmung auf Platz 6 kam der drei Jahre jüngere Marcel Roth

Während Winter noch Erfolge skizzierte wie den „Zielbeschluss lebenswerte Innenstadt“ oder dass „wir die Grundstückspolitik gedreht haben, sodass die Stadt jetzt mehr an- als verkauft“ und „soviel wie möglich im Erbpachtrecht“ verwertet sehen will, kamen aus der nachdrängenden Grünen Jugend noch deutlichere Töne: „Der Markt ist blind für Gerechtigkeit und soziale Teilhabe“, befand Jitka Sklenarova. Deshalb müsse die Stadt „kompromisslos rangehen“ in Sachen kommunales Vorkaufs- und Erbbaurecht, denn „die junge Generation wird mit den Entscheidungen von heute am längsten leben müssen“, stellte sie fest. Auch deshalb müsse der Gemeinderat „jünger, weiblicher und internationaler werden“, meinte die 29-Jährige aus der Tschechischen Republik, die es auf Anhieb auf Platz 3 schaffte, „für Demokratie begeistern“ will und mehrfach Jubel auslöste.

In einer Kampfabstimmung auf Platz 6 kam der drei Jahre jüngere Marcel Roth. Nachdem vor ihm die Stadträtin Sylvia Fischer gefordert hatte, „die urbane Energiewende schneller voranzubringen“ und auf Platz 5 bestätigte wurde, bekräftigte Roth das Ziel der klimaneutralen Stadt bis zum Jahr 2050 unter einem speziellen Aspekt: „Damit meiner Generation nicht der Boden unter den Füßen weggezogen wird.“ So forderte er auch „eine am Gemeinwohl orientierte Ökonomie“.

Unter den neuen Köpfen ist auch die Kreisvorsitzende Raphaela Ciblis

Stiller Star im Hintergrund war der Stadtrat Björn Peterhoff, der Erfolge der ablaufenden Legislaturperiode skizzierte, etwa forderte, „beim Nahverkehr noch eine Schippe zuzulegen“ und auch hinsichtlich „Flächenfraß“ eine „klare grüne Haltung“ verlangte. Ein Raunen ging durch den Saal, als sein Wahlergebnis feststand: 98 Prozent.

Unter den neuen Köpfen, die die Hälfte der ersten 20, hälftig mit Frauen und Männern besetzten Listenplätze ausmachen, ist auch die Kreisvorsitzende Raphaela Ciblis (9). Oder Vittorio Lazaridis (8) und Marina Silverii (15). Lazaridis will sich „das liberale Klima in der Stadt nicht kaputtmachen lassen“ und betonte: „Wir sind die moderne Mitte von Stuttgart!“ Silverii, eben mit der Theodor-Heuss-Medaille für ihre Flüchtlingsarbeit ausgezeichnet, sagte, sie sei „italienische Staatsbürgerin mit einer spanischen Mutter, also Stuttgarterin“. Angesichts der Lebhaftigkeit der Versammlung resümierte die Spitzenkandidatin nach fünfeinhalb Stunden: „Wir ziehen mit einem erfahrenen und zugleich verjüngten Team sowie einem ganz breiten Spektrum an Kompetenzen in den Wahlkampf. Wir wollen die stärkste Fraktion werden, und mit diesem Team haben wir gute Chancen.“