Über die Sitzverteilung im Leinfelden-Echterdinger Gemeinderat entscheiden die Wähler am nächsten Sonntag. Foto: Archiv Günter Bergmann

Acht Parteien und Gruppierungen wollen Sitze im Gemeinderat erobern. Überegreifend stehen die Themen Schulentwicklung und Verkehr im Blickpunkt.

Leinfelden-Echterdingen - Seit einigen Wochen bereits sind die Wochenmärkte belebter als üblich: Neben Wurst, Käse und Schnittblumen erweitern Parteien und Wählervereinigungen das Angebot. Die einkaufende Bevölkerung bekommt für die Kleinen den ein oder anderen Luftballon – und gratis Papier mit politischen Werbebotschaften.

Ohne Gedrucktes geht es nicht vor Wahlen, die sich am 25. Mai häufen: Europawahl, Regionalwahl, Kreistagswahl, Gemeinderatswahl. Die Zahl der bunten Faltblätter ist ebenso groß wie inhaltlich unterschiedlich. Wobei allerdings eines auffällt: Das klassische, seitenlange Wahlprogramm ist eindeutig auf dem Rückzug. In der Kürze liegt die Würze.

Auf dem Spartrip

Nach diesem Schema verfahren die Freien Wähler. Acht Themenkomplexe der örtlichen Kommunalpolitik werden im quadratischen Prospekt mit der Schlagzeile „Wir sagen Ja!“ angerissen. Die besonders wichtigen Bereiche öffentlicher Nahverkehr und Schulentwicklung (das Ja bezieht sich auf ein „differenziertes Schulsystem“) sind dabei noch einmal auf einer eigenen Seite besonders herausgestellt. Was sonst noch als Leitlinie gilt für die nächste Periode im Gemeinderat, formuliert der bald 88 Jahre alte Fraktionschef Hans Huber so: „Keine Kredite! Wir sind nach wie vor auf dem Spartrip.“

Noch minimalistischer geben sich die Christdemokraten. Nur zwei Kernaussagen sind im bunten Flyer zu finden: „Mehr Bildung, weniger Ideologie“, heißt es zur Schulentwicklung. Und die Verkehrspolitik wird mit dem Satz „Verkehr vermeiden, Mobilität sichern“ auf einen Nenner gebracht. „Die kommunalpolitischen Leitlinien der CDU sind deshalb aber nicht außer Kraft gesetzt“, beeilt sich die Spitzenkandidatin Ilona Koch zu sagen. Schule und Verkehr habe man als wichtigste Themen dieses Wahlkampfs identifiziert. Außerdem, sagt Koch, wolle man nach der Wahl der neuen Fraktion (drei altgediente Stadträte steigen aus) die Möglichkeit geben, zu verschiedenen Themen sich selbst eine Meinung zu bilden.

Lokale Energiewende

Wesentlich umfangreicher sind die Komplexe, zu denen sich die drittstärkste Gemeinderatsfraktion mit Wahlaussagen positioniert. So fordert die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ingrid Grischtschenko in Sachen Verkehr die Umsetzung des vor Jahren bereits für die Filderregion erarbeiteten Lkw-Lenkungskonzepts. „Nicht jeder Schokoladenlaster muss durch die Stadt fahren“, texten die Grünen. Im Bereich Ökologie fordern sie die Weiterführung der lokalen Energiewende, und bei der Kinderbetreuung ist ihnen wichtig, dass die „Betreuungsqualität stimmt“. Zum Thema Schulentwicklung bieten die Grünen der Ludwig-Uhland-Schule und der Immanuel-Kant-Realschule „Unterstützung auf dem Weg zur Gemeinschaftsschule“ an.

Die Sozialdemokraten haben ein klassisches Wahlprogramm aufgestellt – mit Anmerkungen zu praktisch jeder Facette der lokalen Politik. Die SPD will die Schulentwicklungsplanung „zügig vorantreiben“, das aber nicht als Ja zur Gemeinschaftsschule interpretiert wissen. Eine Entscheidung werde die Fraktion im Anschluss an den laufenden Diskussionsprozess treffen, sagt Fraktionschef Erich Klauser. Als einzige Fraktion fordert die SPD eine Gebührenentlastung in der Kinderbetreuung.

Für ein „durchlässiges Schulsystem“

Die FDP richtet ihren Fokus auf Verkehrs- und Wirtschaftsthemen. Sie fordert „bessere Rahmenbedingungen für Handel und Gewerbe sowie eine Erweiterung gewerblicher Bauflächen als Mittel gegen die „schleichende Abwanderung von Betrieben“. Neben zahlreichen anderen Themen setzen die Liberalen, wie ihr Fraktionsvorsitzender Wolfgang Haug betont, bei der Schulentwicklung auf ein „durchlässiges Schulsystem“ mit den Säulen Werkreal-, Realschule, Gymnasium und beruflichen Schulen „mit echter Wahlfreiheit“.

Die Liste Engagierte Bürger (LE-Bürger) betont bei ihrer inzwischen dritten Gemeinderatswahl ihre Kernthemen Kinderbetreuung, Bildung, Schule und Bürgerbeteiligung. Auf letzterem Gebiet habe sich zuletzt etwas verbessert. „Aber wir sehen uns noch nicht am Ende des Wegs“, sagt der Spitzenkandidat Jürgen Kemmner. In Sachen Gemeinschaftsschule will man nichts vorschreiben: „Es liegt nicht in unserem Interesse, die beteiligten Schulen zu Entscheidungen zu zwingen“, heißt es in einem Statement der LE-Bürger.

Gemeinderatssitzungen live im Internet?

Neu im Rennen um einen Sitz am Ratstisch sind die Freunde der Filderpiraten. Transparenz, Partizipation, zukunftsfähige und gerechte Verkehrspolitik sowie ein Bündel an sozialpolitischen Forderungen stehen im Wahlprogramm der Liste, die nur elf von 26 möglichen Bewerbern umfasst. Unter anderem fordern die Piraten Live-Übertragungen von Gemeinderatssitzungen im Internet. Drei Bewerber treten auf der achten Liste für die „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“ an. Sie wirbt mit einem satirisch gedachten Wahlprogramm und bildet etwa unter dem Slogan „Niemand hat die Absicht, Fluglärm zu verhindern. Außer uns!“ das Foto einer Flak-Kanone ab – worüber bei den Mitbewerbern niemand gelacht hat.