Am großen Tisch im Gerlinger Sitzungssaal sind wieder 22 Sitze zu vergeben. Foto: factum/Simon Granville

Die Gerlinger Gemeinderatswahl weist einige Besonderheiten auf: Sieben Stadträte treten nicht mehr an. Die Grünen präsentieren mehr Kandidatinnen als Kandidaten. Und zwei Stadträte wollen eigentlich gar nicht mehr gewählt werden.

Gerlingen - Es gibt einige bemerkenswerte Konstellationen zur Gemeinderatswahl in Gerlingen. Von den bisher 22 Stadträtinnen und Stadträte scheiden sieben aus – mit insgesamt 123 Amtsjahren. Bei der CDU treten Rudolf Sickinger, Annette Lay und Gunther Stirner-Sinn nicht mehr an. Bei den Freien Wählern hört Horst Arzt auf, bei der SPD sind es Brigitte Fink und Frank Moll und bei den Jungen Gerlingern Robin Kruck. Das Signal, zwar Stimmen für die Gruppe zu sammeln, aber selbst nicht mehr gewählt werden zu wollen, senden Ewald Bischoff (Grüne, Listenplatz acht) und Nino Niechziol (Junge Gerlinger, Platz 22). Bemerkenswert ist die Liste der Grünen in einem weiteren Punkt: Dort kandidieren 14 Frauen und acht Männer.

Die Fraktion mit der höchsten mutmaßlichen Wechselquote ist die SPD. Zwei der drei bisherigen Mitglieder treten nicht mehr an. „Irgendwann muss Schluss sein“, meint Brigitte Fink zu ihrem Ausscheiden nach 30 Jahren. Natürlich hofft sie, dass ihre Fraktion wieder auf vier Sitze kommt, wie in der Amtsperiode 2009-2014. Als sie 1989 begonnen habe, erinnert sie sich, habe die Fraktion sogar fünf Mandate gehabt. Eines hat die SPD beim Aufstellen der Liste geschafft: Bis Platz 14 wechseln sich Frauen und Männer ab. Barbara Günther steht jetzt auf Platz Eins der Liste, gefolgt von Thomas Bleicher. Er war schon einmal im Gemeinderat, hatte 2014 ein Mandat knapp verpasst.

Bei den Grünen gab es Kampfabstimmungen

Umgekehrt ist es bei den Grünen: Da hat man das Abwechseln nicht durchgehalten. Es kandidieren mehr Frauen (14) als Männer (acht). Die bisherige dreiköpfige Fraktion Ulrike Stegmaier, Rolf Schneider und Ewald Bischoff tritt wieder an – wenn auch Bischoff gerne Platz machen würde. Es sei nicht schwierig gewesen, genug Kandidaten zu finden, heißt es aus der Fraktion. Es habe durchaus Kampfabstimmungen um einzelne Plätze bei den Grünen gegeben. Der Anteil der jungen Generation sei erfreulich – wenn auch nicht alle Parteimitglied seien.

Drei Mandatsträger mit treten bei der CDU nicht mehr an: darunter ist mit 30 Jahren im Amt Rudolf Sickinger. Die Partei versucht, ihre alte langjährige Stärke von acht Mandaten wieder zu erreichen. Bei der Wahl 2009 waren die Christdemokraten auf sechs Mandate abgerutscht, hatten dann 2014 wieder einen Sitz aufgeholt. Mit Sickinger werde viel Erfahrung die Fraktion verlassen, meint deren Vorsitzender Christian Haag. Nach ihm an der Spitze steht auf Platz Zwei der CDU-Liste mit Vera Lanz eine 30 Jahre alte Ingenieurin. Auch das soll ein Signal sein. Bis Platz Sieben folgen die bisherigen Fraktionsmitglieder Thomas Fauser, Gabriele Badenhausen und Irmgard Schopf. Und auf dem erfolgversprechenden fünften Platz tritt Jürgen Wöhler an, seit 2018 der Vorsitzende des Heimatpflegevereins.

Die FDP hofft auf einen zweiten Sitz

Bei den Freien Wählern stehen die bisherigen Fraktionsmitglieder Petra Bischoff, Martin Nufer, Martin Maisch und Gerhard Amos auf den ersten vier Plätzen der Liste. Auch die Truppe um die Stimmenkönigin Bischoff („ich weiß nicht, wie das immer passiert“) hofft, ihre bisherigen sechs Sitze zu halten. „Horst Arzt wird mir fehlen“, meint die Frau, die zur fünften Gemeinderatswahl antritt. Die Freien Wähler hätten „eine gute Mischung“ an Kandidaten – darunter seien durchaus Menschen, die man in Gerlingen kennt.

Auf einen zweiten Sitz für seine FDP, wie schon in der Amtsperiode 2009-2014, hofft der Stadtrat Peter Zydel. Er setzt auf Annette Höhn-Tyhe, die als Architektin und vom Bürgerverein Schillerhöhe her bekannt ist. Auch die Freien Demokraten treten mit einer vollen Bewerberliste mit 22 Kandidaten an – auf Platz 18 steht übrigens ein von früher bekannter Name: Wolfgang Weng, der Apotheker und einstige Bundestagsabgeordnete.

Die Jungen Gerlinger trauern um eine Kandidatin

Die Jungen Gerlinger haben, getreu ihrem Namen, eine junge Bewerbermannschaft. Darunter sind etliche frühere Jugendgemeinderäte. Ihr bisheriger Fraktionsvorsitzender Nino Niechziol (34) steht auf dem letzten Platz der Liste.

In diesem Alter noch für diese Gruppe anzutreten, sei „eigentlich nicht mehr das Signal“, meint er. „Wenn mich noch jemand haben will, bin ich da“, sagt er schmunzelnd. Die Hoffnung auf ein gutes Ergebnis ist vermischt mit Trauer: Auf Platz Elf steht Evi Wiedmann. Die 21-Jährige starb Mitte April bei einem tragischen Unfall. Stimmen für sie kommen der Liste zugute.